1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Web Summit 2018: Der übliche Erfolg

Jochen Faget Lissabon
8. November 2018

EU-Wettbewerbskommissarin Vestager als Web-Summit-Star, jede Menge Startups, debattierende Roboter und Handy-Kauftipps für Weihnachten: Auf dem Web-Summit in Lissabon war für jeden etwas dabei.

https://p.dw.com/p/37tgc
Auftritt der EU-Kommissarin Margrethe Vestager beim Web Summit in Lissabon 2018 (picture-alliance/ P.  Fiúza)
Bild: picture-alliance/NurPhoto/P. Franca

Kaum zu glauben, aber wahr: Ausgerechnet Margrethe Vestager (Artikelbild) , die EU-Konkurrenz-Kommissarin, ist ein Geek-Superstar und wurde beim Web-Summit besonders gefeiert! Ihr Vortrag darüber, wie eine fairere digitale Wirtschaft aufgebaut werden soll, wurde am zweiten Tag der Internetkonferenz in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon besonders laut von besonders vielen Zuschauern beklatscht. Roboter diskutierten über künstliche Intelligenz. Und - wen wundert's - die meisten Startups, die sich präsentieren, sind vom Web Summit 2018 begeistert.

Die Dänin Vestager, die bereits zum zweiten Mal als Rednerin auf der Hauptbühne dabei war, entwickelt sich zu einer Web-Summit-Ikone. Die Kommissarin, die bereits Google, Apple und andere Internet-Giganten in ihre Schranken verwiesen hat, erklärte, die EU werde auch weiterhin im Digitalbereich für offenen, gerechten Wettbewerb sorgen. "Wenn wenige Unternehmen zu viele Daten kontrollieren, ist das schlecht für die Konkurrenz", betonte Vestager. Sie könne daher nicht tatenlos zusehen, wenn Unternehmen wie Google ihre Konkurrenten ausschlössen. Eine innovative Welt brauche offene Märkte und verantwortungsvollen Umgang mit sensiblen Daten.

Regeln gelten auch im Digitalbereich

"Die Demokratie digitalisiert sich", stellte die streitbare Kommissarin fest, das bringe viel Macht und viele Gefahren mit sich. Gerade in der jüngsten Vergangenheit hätten Internetkonzerne durch ihren leichtfertigen und bedenklichen Umgang mit den Daten ihrer Kunden viel Vertrauen verloren. Die EU werde alles tun, diese Gefahren unter Kontrolle zu bringen. "Wir müssen unsere Grundwerte und die Privatsphäre der Bürger schützen", legte Vestager dar und versprach, die Kommission werde alles tun, um die bevorstehenden Europawahlen vor Beeinflussung zu schützen: "Die Technologie muss uns dienen und darf uns nicht ausnutzen."

Zwei Teilnehmer des Web Summits
Vasile Tamas und Lucian Cramba aus RumänienBild: DW/J. Faget

Weniger klare Worte waren von vielen am Web Summit teilnehmenden Startups zu hören: "Wir sind uns noch nicht sicher, ob es sich wirklich lohnt, hier zu sein", findet Vasile Tamas von Beez aus Rumänien. Mit seinem Kollegen Lucian Cramba hat er eine Art digitales Sparschein entwickelt, das die beiden an ihrem Stand an den Mann und an die Frau bringen wollen: Beim Internetshopping über ihre App gibt es Rabatte, die auf einem Konto gutgeschrieben werden. Gleichzeitig kann der Nutzer monatlich vorher bestimmte Beträge von seiner Kreditkarte auf dieses Konto überweisen und so Geld für geplante größere Anschaffungen ansparen. Die beiden wollen so schnell wie möglich auf den Weltmarkt, suchen Partner und Investoren. Zwar hätten sie schon mit vielen Leuten gesprochen, Konkretes jedoch habe sich noch nicht ergeben. Trotzdem sei es gut, vertreten zu sein, meint Tamas: "Viele Gespräche, viele Ideen, toll."

Zwei Teilnehmerinnen des Web Summits
Salomé Azevedo und Rita Torrão aus Portugal beim Web SummitBild: DW/J. Faget

Durchwachsene bis positive Reaktionen

"Es lohnt sich, ich habe viele potentielle Kunden kennengelernt", freut sich Serkan Uz von Datapare aus der Türkei. Seine Startup ist eine Art Datenspion, der Informationen auf Konkurrenzwebseiten sucht und den Kunden zur Verfügung stellt. Allerdings seien die 1000 Euro, die er zahlen musste, um dabei zu sein, viel Geld für türkische Verhältnisse. "Wir müssen erst sehen, was am Ende herauskommt", sagt auch Salomé Azevedo aus Portugal. Mit ihrer Kollegin Rita Torrão vertritt sie Patient Innovation, ein Unternehmen, das versucht, eine Art nicht auf Gewinn ausgerichtetes Facebook mit Tipps und Heilmethoden sowie Medikamenten für Patienten aufzubauen: "Immerhin haben wir mit vielen Leuten gesprochen, die sich für das Projekt interessieren."

Teilnehmer des Web Summits
Serkan Uz aus der TürkeiBild: DW/J. Faget

Auf der Hauptbühne gab es derweil und wie üblich ein bisschen für jeden Geschmack: Handykritiker diskutierten über neue Smartphones, Tony Blair, der britische Ex-Premier, sinnierte über die amerikanischen Midterm-Wahlen; Ben Goertzel von Hanson Robotics trieb Small Talk mit seinen Robotern Sophia und Han und kündigte für kommendes Jahr ein KI-Netzwerk an, ganz nach dem Motto 'Roboter und künstliche Intelligenzen aller Länder, vereinigt euch'; diverse Direktoren diverser Internetunternehmen plauderten aus, wo sie 2019 vielleicht ihr Geld anlegen werden.

Der Web Summit, zu dem rund 70.000 Besucher kamen, endet an diesem Donnerstag und wird auch die nächsten zehn Jahre in Lissabon stattfinden. Die Hauptstadt und das Land Portugal werden für den deshalb nötigen Ausbau des Ausstellungsgeländes und zur Verbesserung von Infrastrukturen rund 100 Millionen Euro ausgeben. Im Gegenzug hat Paddy Cosgrave, der Gründer und Chef der Internetkonferenz bereits versprochen, 2019 die Hunderttausend-Besucher-Marke zu durchbrechen.