Google sagt Pekings Internetzensoren den Kampf an
14. Januar 2010Für den US-Internetgiganten Google war es der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: Hacker sollen Googles Gmail-Konten geknackt und ausspioniert haben. Mit seinem medienwirksamen Protest zielt Google auf den Umgang der Kommunistischen Partei Chinas mit dem Internet und dem freien Fluss der Informationen, die darin angeboten werden.
Die Große Firewall
Wie mehrere 100.000 ausländische Webseiten auch können im Reich der Mitte weder Googles YouTube- noch seine Blogger-Seite geöffnet werden. Zensiert durch das elektronische Bollwerk der "Großen Firewall", ohne dass ein Internetsuchender dies in China je wörtlich erfährt. Meist bleibt die gesuchte, aber blockierte Seite einfach weiß.
Das Internet, so befürchtet Chinas Führung, ist eine zu gefährliche Quelle unwillkommener Informationen - und eine Gefahr für das Informationsmonopol, über das Chinas KP eifersüchtig und mit den neuesten technischen Mitteln wacht. So führen Internetanfragen in China zum Beispiel zu den Stichworten "Tiananmen", "Redefreiheit" oder "politische Reform" Suchende regelmäßig ins Nichts. Als Reaktion auf die zunehmende Beliebtheit der Internetkommunikation unter chinesischen Bürgern macht sich die Regierung zunehmend Sorgen darüber, dass die Online-Meinungsfreiheit sich in Aktion, und zwar unkontrollierbare Aktion, verwandeln könnte. Eine Studie vom Dezember 2009 zeigte, dass auf bekannten Homepages hinterlegte Nachrichten in China binnen nur vier Stunden auf durchschnittlich weitere 500 Webseiten wandern. Das bietet neue Möglichkeiten der Bürgerkommunikation - und fordert Chinas Zensoren heraus.
Eine Frage der nationalen Sicherheit
Chinas KP hat daher die Kontrolle des Internets ganz oben angesiedelt: Sie hat sie zur Aufgabe der "nationalen Sicherheit" erklärt. Es gibt entsprechende Gesetze und eine auf mehrere zehntausend Mitarbeiter geschätzte Internetpolizei. Sie ist es, die unliebsame Blogs sperrt und kritische Texte auf Internetseiten löscht. Eine Besonderheit in China ist die "50-Cent-Partei": Das sind User, die gegen ein geringes Entgelt regierungsgenehme Meinungsbeiträge in Blogforen absetzen, um damit Stimmung zu machen oder zumindest zu lenken.
Seit seinem Markteintritt in China im Jahre 2006 musste sich Google Inc. dazu verpflichten, sich Chinas strengen Zensurvorschriften zu unterwerfen - und auch Selbstzensur zu betreiben. Kürzlich wurde bekannt, dass auch die Internetfirma Apple ihr Applikationenangebot für das in China begehrte iPhone "säubern" musste. Eine Dalai Lama-Applikation soll Apple daher freiwillig aus dem Sortiment genommen haben.
Wer wird von wem isoliert?
Chinesische Offizielle beschreiben dieses Gesamtkunstwerk, das an eine "Goldene Käseglocke" erinnert, euphemistisch als "content security". "Sicher" sei der Inhalt des "world wide web" durch die staatliche Patrouille, und es sei frei von kriminellen und pornografischen Inhalten. Noch mag dies eine Mehrheit der chinesischen User, die sich mit Emails und SMS begnügen, glauben. Doch ein technisch versierter Kommentator aus China, dem es trotz Blockade gelang auf die Twitter-Homepage durchzudringen, schrieb: "Nicht Google sperrt sich von China aus - sondern China isoliert sich vom Rest der Welt!"
Autorin: Adrienne Woltersdorf
Redaktion: Daphne Grathwohl/tko