Ohne Knall ins Neue Jahr
18. Dezember 2020Es ist fast schon eine Tradition: die jährliche Diskussion um das Silvesterfeuerwerk. Während die einen an einer liebgewonnenen Tradition festhalten wollen, verweisen andere auf die Folgen des Feuerwerks für Mensch und Umwelt. Nicht ohne Erfolg. Immer wieder sprachen einzelne Gemeinden und Städte in den vergangenen Jahren Feuerwerksverbote aus.
Doch durch die immer weiter steigenden Infektionszahlen infolge der Corona-Pandemie wurde nun von der Politik für dieses Jahr tatsächlich ein bundesweites Feuerwerksverbot ausgesprochen. "Das öffentliche Feuerwerk zum Jahreswechsel fällt aus, der Verkauf von Knallkörpern ist verboten", heißt es konkret von der Ministerpräsidentenrunde mit der Bundeskanzlerin. Obwohl es erst im November hieß, ein Verbot werde es in der Form nicht geben. Damals wurde nur zum Verzicht auf die Knallerei aufgerufen, konkret verboten werden sollte sie allerdings nicht.
Begründet wird das Verbot mit dem mit Feuerwerk einhergehenden Verletzungsrisiko. Weitere Verletzte würden die Kapazitäten der Krankenhäuser unnötig be- und gegebenenfalls gar überlasten.
Thomas Schreiber ist Geschäftsführer von Weco, Marktführer für Pyrotechnik in Deutschland, sowie Vorsitzender des Verbands der pyrotechnischen Industrie. Dem Verbot sieht er mit Sorge entgegen, denn es trifft das Unternehmen und die gesamte Branche hart. Die Feuerwerksproduzenten plädieren schon seit Jahren gegen ein Verbot. Für sie würde durch den Wegfall des Silvesterfeuerwerks auch ein Großteil ihres Jahresumsatzes wegbrechen.
Das ganze Geschäft am Jahresende
Mehr als 90 Prozent des Jahresumsatzes erwirtschaften die Unternehmen der Branche normalerweise in den letzten Dezembertagen. Laut Angaben des Verbands rund 130 Millionen Euro. Bisherige Hilfen von Seiten des Bundes treffen auf die Branche aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zu und auf Gesprächsangebote der Branche in Richtung Politik zu möglichen Hilfen wurde laut Verband der pyrotechnischen Industrie bisher nicht eingegangen.
Schreiber ist deshalb überzeugt: "Im Zweifel droht nun die Insolvenz eines gesamten Wirtschaftszweiges." Deutlich spricht Schreiber aus, dass es auch sein Unternehmen im kommenden Jahr vielleicht nicht mehr geben könnte. Nur finanzielle Hilfen in mehrstelliger Millionenhöhe könnten, so Schreiber, den Fortbestand des Unternehmens und der gesamten Branche sichern. Daher hofft die Branche stark auf Unterstützung durch die Regierung, um die Unternehmen in der Branche zu retten.
Keine Erlöse, nur Kosten
Schon vor einigen Wochen hatte Marktführer Weco bekanntgegeben, dass sein Werksverkauf, der normalerweise Tausende auf das Fabrikgelände der in Eitorf (Nordrhein-Westfalen) Firma lockt, wegen der Pandemie in diesem Jahr nicht stattfinden wird. Die Einhaltung von Hygienemaßnahmen wäre schlicht nicht möglich gewesen.
Die Auslieferung an Baumärkte und Supermärkte wurde aber, nachdem es noch im November hieß, ein generelles Feuerwerksverbot werde es nicht geben, bereits begonnen. Da der stationäre Verkauf ein Kommissionsgeschäft ist, bleibt der wirtschaftliche Schaden allein bei den Feuerwerksproduzenten.
Rund 130.000 Paletten hatte allein Weco bereits produziert, denn wegen der Saisonabhängigkeit wird in der Industrie mit zwölf bis 14 Monaten Vorlauf produziert. Dabei sind die hergestellten Waren auch bereits vorfinanziert. Die Erlöse aus diesem Jahr werden fehlen. Hinzu kommen nun die Kosten für die Rückholung der bereits ausgelieferten Waren, die nun organisiert werden muss.
Mehrheit für Verbot
Die Pyrotechnikbranche ist also hart getroffen. Auf viel Rückhalt und Solidarität in der Bevölkerung kann sie jedoch wahrscheinlich nicht hoffen. Denn laut einer Yougov-Umfrage sprechen sich tatsächlich rund 64 Prozent der Deutschen für ein Feuerwerksverbot aus.
Immerhin ist die Silvesternacht für rund 4200 Tonnen Feinstaub verantwortlich, der für Menschen nachweisbar gesundheitsschädlich ist. Und nicht nur der Mensch leidet unter einem Feuerwerk: Auch Tiere, durch Lärm, Lichtblitze und Pulverdampf schon verängstigt, leiden wegen ihres oft sehr empfindlichen Gehörs besonders.
Hoffnungsschimmer an der Küste?
An der durch das Verbot prekären Lage der Branche ändert das jedoch nichts. Es braucht neue Wege, damit die betroffenen Unternehmen überleben können. "Wir holen unseren Umsatz nicht einfach Ende Januar wieder nach, wie es unser Bundesfinanzminister Olaf Scholz jüngst mit Bezug auf den Handel geäußert hat. Silvester ist nur einmal im Jahr", fasst Thomas Schreiber die Lage zusammen. Werde keine Lösung gefunden, sind laut den Verantwortlichen mehrere tausend Arbeitsplätze in Gefahr.
Erste Bundesländer denken allerdings anscheinend bereits darüber nach, das Verbot zu kippen und Feuerwerke doch zu erlauben. In Niedersachsen beispielsweise wurde nicht nur ein Verkaufsverbot, sondern auch ein generelles Verbot für Feuerwerk beschlossen. Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat dieses nun gekippt. Zumindest das Abbrennen von Feuerwerk ist dort wieder erlaubt.