Katalanischen Bürgermeistern droht Gefängnis
13. September 2017Generalstaatsanwalt José Manuel Maza hatte bereits Strafanzeigen gegen katalanische Regionalpolitiker und Abgeordnete wegen Amtsmissbrauchs und Missachtung gerichtlicher Anordnungen angekündigt. Die Zentralregierung unter dem konservativen Premier Mariano Rajoy stemmt sich mit aller Macht gegen den für den 1. Oktober geplanten Volksentscheid über eine Abspaltung Kataloniens von Spanien. Nun wird versucht, die Organisation des Referendums an der Basis durch Druck auf die Bürgermeister lahmzulegen.
Drakonische Maßnahmen
Die Generalstaatsanwaltschaft in Madrid drohte den katalanischen Bürgermeistern, die sich an der Durchführung des Referendums beteiligen wollen, mit Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft ordnete entsprechende Ermittlungen an, wie aus einem Behördendokument hervorgeht, aus dem die Nachrichtenagentur AFP zitiert. Die verdächtigten Bürgermeister sollen demnach vorgeladen - und bei Nichterscheinen festgenommen werden.
Paramilitärische Zivilgarde und auch die katalanische Polizei waren bereits angewiesen worden, die vom Verfassungsgericht untersagte Volksbefragung zu verhindern. Die Beamten sollen am 1. Oktober notfalls auch Urnen und Wahlmaterial beschlagnahmen.
Mehr als 700 Vorladungen?
Die proseparatistische Regierung Kataloniens hatte die 948 Bürgermeister der Region und lokale Politiker aufgerufen, die Volksabstimmung durch Wahlbüros und andere Mittel zu unterstützen. Mehr als 710 Gemeinden haben eine Teilnahme an dem Referendum signalisiert.
Der Madrider Justizminister Rafael Catalá räumte ein, am 1. Oktober könne es zu "Auseinandersetzungen" auf den Straßen kommen. "Einige sind daran interessiert, ein Kriegsklima zu schaffen und Konflikt und Aggressivität zu schüren", sagte er.
Rajoys Zentralregierung läuft Sturm gegen die Abstimmung und beruft sich dabei auf die Verfassung von 1978. Vergangene Woche hatte das Verfassungsgericht das in Barcelona beschlossene Referendumsgesetz zunächst für ungültig erklärt. Es wurde für einen Zeitraum von fünf Monaten ausgesetzt; währenddessen wollen die obersten Richter ein endgültiges Urteil fällen.
Bereits 2014 hatte das spanische Verfassungsgericht ein rechtlich bindendes Referendum über Kataloniens Unabhängigkeit untersagt. Dennoch wollen die Regionalregierung und das Regionalparlament an dem geplanten Volksentscheid festhalten. Hunderttausende zeigten am Wochenbeginn auf den Straßen ihre Unterstützung für die Loslösung.
Wie verhält sich die lokale Polizei?
Die Separatisten um den katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont waren nach eigenen Angaben am Dienstag über die Einleitung von Verfahren wegen Amtsmissbrauchs, Ungehorsams und Veruntreuung öffentlicher Gelder informiert worden. Das Referendum werde aber ungeachtet aller negativen Justizentscheidungen stattfinden, bekräftigte Regierungssprecher Jordi Turull. Man werde "dem katalanischen Parlament gehorchen", nicht den Gerichten. In den Chef der Regionalpolizei, Josep Lluís Trapero, habe man dabei "volles Vertrauen".
SC/uh (afp, APE, rtre)