Südafrika in der Energiekrise
21. Dezember 2014Thando Bavuma ist ab jetzt besser vorbereitet. Sollte Südafrikas Energieversorger Eskom wieder den Strom abstellen, kann der Restaurantmanager aus Kapstadt seine neueste Errungenschaft zum Einsatz bringen: einen Generator. Seit Anfang November 2014 ein Kohle-Silo auf dem Gelände des Majuba-Kraftwerkes eingestürzt ist, ist Südafrikas Netz akut überlastet. Das zweitgrößte Kraftwerk des Landes lieferte mit 3600 Megawatt am Tag gut zehn Prozent der gesamten Elektrizität Südafrikas. Nach dem Kollaps reduzierte sich die Produktion zunächst auf 600, dann auf 1200 Megawatt pro Tag - also auf ein Drittel der normalen Produktion.
Seit diesem Zwischenfall hat Eskom den Südafrikanern das sogenannte "load shedding" verordnet. Konkret heißt das, dass der Strom in bestimmten Stadtteilen für bis zu fünf Stunden pro Tag abgestellt wird. Die Maßnahme soll einem Zusammenbruch des gesamten Stromnetzes vorbeugen. Für Thando Bavuma ist das ein klarer Nachteil: "Unsere Gäste mussten woanders hin gehen und Leute, die ins Restaurant kamen, konnten nicht bleiben. Wir konnten den Betrieb nicht richtig führen."
Wann in welchem Gebiet Stromausfall ist, wird den Einwohnern zwar im Vorfeld mitgeteilt - das macht es jedoch nicht angenehmer, erzählt die Kapstädterin Sarah Raymond: "Der Stromausfall ist geplant, aber wenn er abends zwischen 18 und 20 Uhr stattfindet, was in meinem Viertel recht häufig der Fall war, dann wird es schwierig, Essen für meine kleine Tochter zuzubereiten. Es ist schon etwas aufreibend, wenn man nach einem langen Arbeitstag weiß, dass man in ein stockdunkles Haus kommt - das ist nicht ideal."
Die Gründe liegen in der Vergangenheit
Ideal läuft wenig beim Stromversorger Eskom. Und das nicht erst seit dem Kollaps des Majuba Kohle-Silos: Seit Jahren kämpft der einzige landesweit operierende Stromanbieter damit, das Netz zu stabilisieren. Und seit Jahren setzt Eskom auf geplante Stromausfälle als Krisen-Management. Zuletzt verordnete Eskom im März 2014 "load shedding". Verstärkte Regenfälle im Norden des Landes hatten damals Kohlereserven durchnässt.
Die eigentliche Ursache für die ungenügende Leistung des Netzes liegen weit in der Vergangenheit, wie Harald Winkler, Leiter des Energieforschungsinstituts an der Universität Kapstadt, weiß: "Tatsächlich gab es in den 70er und 80er-Jahren einen Stromüberschuss, und zwar in dem Maße, dass funktionierende Kraftwerke eingemottet wurden. Damals hat die Regierung zu Eskom gesagt, das Unternehmen solle keine weiteren Kraftwerke bauen, da der Markt für private Erzeuger geöffnet werden könnte." Eine klare Strategie habe es jedoch nicht gegeben.
Erneuerbare Energien als Lösung?
Zwar haben das Energie-Ministerium und Eskom bereits 1998 in einem Weißpapier auf eine drohende Unterversorgung hingewiesen. Die Regierungen der folgenden Jahre ignorierten die Warnungen jedoch. Um das Netz zu entlasten, begann 2007 schließlich der Bau der Kohlekraftwerke Medupi und Kusile. Schlechtes Bau-Management und streikende Arbeiter verzögern die Fertigstellung der Werke jedoch bis heute. Organisationen wie Greenpeace Südafrika kritisieren zudem, dass das Land weiter auf Kohlekraftwerke setze, statt auf saubere Energiequellen wie Sonne und Wind. Auch Restaurantmanager Thando Bavuma glaubt, dass erneuerbare Energien gegen die Stromausfälle helfen könnten: "Eskom muss mit einer Lösung aufwarten, damit dieses Problem nicht noch einmal auftritt - vielleicht, indem sie einige Sonnenkollektoren anschaffen."
Zumindest auf dem Papier hat sich die Regierung das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 mehr als 40 Prozent seiner Elektrizität aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Energie-Experte Harald Winkler sieht momentan jedoch noch Hindernisse: "Wir haben zumindest bis dato noch keine Speichermöglichkeiten entwickelt, die Elektrizität muss also in dem Moment produziert werden, in dem sie gebraucht wird." In dem Bereich gebe bereits es viele technische Fortschritte, aber: "Wir brauchen Zeit, um komplett auf erneuerbare Energien umzustellen."
Die Auswirkungen der Stromausfälle auf die Wirtschaftsleistung des Landes seien momentan nach wissenschaftlichen Standards nicht messbar, so Harald Winkler. Es sei jedoch ein offenes Geheimnis, dass Eskom in Krisenzeiten an große Unternehmen appelliere, ihren Stromverbrauch und somit ihre Produktion zu drosseln. Mit einer Entlastung des Stromnetzes in naher Zukunft ist nicht zu rechnen.
Eskom hat die Südafrikaner bereits auf weitere geplante Stromausfälle in den kommenden Monaten vorbereitet. Zumindest zum Weihnachtsfest, so der Stromkonzern, sollen die Lichter jedoch uneingeschränkt brennen - falls keine weitere Panne dazwischenkommt.