Weitere US-Abhör-Aktionen
13. Juli 2014Abhören, Ausspähen und kein Ende – nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" sind offenbar noch mehr Bundestagsabgeordnete abgehört worden als bisher bekannt. Wie das Magazin berichtet, war das Handy des Linken-Politikers Stefan Bockhahn betroffen, als dieser Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium war. Bockhahn ist als Kritiker des US-Geheimdienstes NSA bekannt. Dem Bericht zufolge fiel seiner engsten Mitarbeiterin auf, dass ihr Handy wie von Geisterhand gesteuert den SMS-Verkehr mit Bockhahn durchforstete und E-Mails mit Bezügen zum Geheimdienst-Kontrollgremium aufrief.
Weiteres Mitglied im NSA-U-ntersuchungsausschuss angezapft
Bockhahn erklärte, hochrangige Regierungsbeamte hätten ihm gesagt, er solle davon ausgehen, "dass es sich um eine Geheimdienst-Operation handelt", schreibt der "Spiegel". Das Bundeskriminalamt und das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern hätten bereits im August 2013 Ermittlungen wegen des Verdachts auf Computersabotage und das Auskundschaften von Staatsgeheimnissen aufgenommen. Betroffen war dem Bericht zufolge auch ein weiterer Parlamentarier: So sei das Mobiltelefon des CDU-CSU-Obmanns im NSA-Untersuchungsausschuss, Roderich Kiesewetter von Dritten angezapft worden.
Im Oktober vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass die NSA das Handy von Kanzlerin Angela Merkel ausspioniert hatte. Die Generalbundesanwaltschaft hat deswegen in diesem Jahr Ermittlungen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit aufgenommen.
Diverse US-Spione in deutschen Ministerien
Auch die Affäre um mutmaßliche US-Spione in Deutschland könnte deutlich umfangreicher sein, als bisher angenommen. Nach Informationen der "Bild am Sonntag" (BamS) führt der US-Geheimdienst mehr als ein Dutzend Mitarbeiter der deutschen Regierung als Quellen.
Im Visier der CIA sollen die Ministerien Verteidigung, Wirtschaft, Inneres und Entwicklungshilfe sein. Letzteres sei für die CIA von Interesse, weil über das Entwicklungshilfeministerium verdeckte Operationen des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Ausland liefen, schreibt die "BamS".
Viele der Spione arbeiten demnach schon jahrelang für den US-Dienst. Aufgrund der aktuellen Enthüllungen fänden momentan aber keine Treffen zwischen ihnen und der CIA in Deutschland statt, erklärt das Blatt weiter. Darüber hinaus prüfen die US-Dienste derzeit angeblich, ihre Agentenführer in die US-Botschaften nach Warschau und Prag zu verlegen und von dort aus operieren zu lassen.
BND beobachtet US-Diplomaten
Wie die Zeitung weiter herausgefunden haben will, haben auch die deutschen Nachrichtendienste inzwischen auf die Affäre reagiert: Der US-Geheimdienst habe registriert, dass mehrere Botschaftsmitarbeiter seit einigen Tagen von Spezialisten des Bundesamtes für Verfassungsschutz observiert würden, schreibt die "Bild am Sonntag" unter Verweis auf amerikanische Geheimdienstler.
Laut "BamS" haben sich erstmals auch US-Stellen gegenüber der Bundesregierung zu den Spionagevorwürfen gegen einen Mitarbeiter des Bundesverteidigungsministeriums geäußert. Es bestehe keine nachrichtendienstliche Verbindung zu dem Mann, soll es aus Washington geheißen haben.
Am Donnerstag hatte die Bundesregierung den obersten Geheimdienstler der Amerikaner in Berlin aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Begründet wurde der drastische Schritt mit den Ermittlungen gegen zwei mutmaßliche Spione der USA im Verteidigungsministerium und beim BND sowie den umfangreichen Spähaktionen des US-Dienstes NSA, die vor einem Jahr bekannt geworden waren. Washington hatte verstimmt auf die Ausreiseaufforderung reagiert.
Kerry und Steinmeier zeigen Zusammenhalt
Inmitten des beidseitigen deutsch-amerikanischen Unmuts haben sich die Außenminister beider Länder, Frank-Walter Steinmeier und John Kerry, in Wien getroffen. Beide nehmen dort an den Atomverhandlungen mit dem Iran teil. Bei einem gemeinsamen Auftritt versicherten beide Politiker, sie wollten sich dafür einsetzen, dass die Spionage-Affäre die Beziehungen beider Staaten nicht nachhaltig trübten.
Deutsch-amerikanische Kooperation sei notwendig, um die vielen weltweit drängenden Konflikte "einer Lösung wenigstens näher zu bringen", sagte Steinmeier. Und Kerry betonte: "Wir haben eine enorme politische Kooperation und wir sind enge Freunde."
cw/mak (dpa, afp, rtr)