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Welche Währung für Schottland?

Nicole Goebel9. September 2014

Am 18. September entscheiden die schottischen Wähler ob ihr Land unabhängig wird oder nicht. Was sie nicht entscheiden können, ist welche Währung sie letztlich im Geldbeutel haben. Ein Blick auf die Optionen.

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Bildergalerie Schottland Unabhängigkeit
Bild: Getty Images/J. J Mitchell

Vorbild Schottland? - Europäische Separatisten und das liebe Geld

Anleger meiden Unsicherheit wie Vampire das Tageslicht. Denn die Ungewissheit laugt sie aus und jagt sie in die Flucht. Beispiel Schottland: Es ist eventuell bald unabhängig, aber niemand weiß, welche Währung es in absehbarer Zeit haben wird - und in welcher Form. Das mögen Investoren und die Wirtschaft gar nicht.

Die Währungsfrage wurde sowohl von der "Yes"-Kampagne um den Vorsitzenden der Schottischen Nationalpartei (SNP) Alex Salmond als auch von der Anti-Unabhängigkeitskampagne "Better Together"("Besser zusammen") um Alistair Darling, ebenfalls ein Schotte, heiß diskutiert. Viel dabei herum gekommen ist nicht.

"Die meisten Argumente sind vage. Es gab ja noch keine Verhandlungen und die Qualität der Informationen, die dem schottischen Wählern zur Verfügung stehen, sind extrem durchwachsen", sagt Ewen Cameron Watt vom BlackRock Investment Institute im Gespräch mit der Deutschen Welle. BlackRock ist der weltgrößte Vermögensverwalter.

Vorbild Schottland? - Europäische Separatisten und das liebe Geld

Der Markt reagierte zunächst geradezu gleichgültig auf die Debatte um die Unabhängigkeit, da die Befürworter lange in der Minderheit waren. Bis eine Umfrage Anfang September erstmals einen deutlichen Anstieg für die "Yes"-Kampagne zeigte, und eine Woche später die Befürworter gar die Oberhand gewannen mit 51 Prozent. Prompt fiel das Pfund auf ein Zehn-Monatstief, auch der britische Leitindex FTSE 100 buchte Verluste.

"Ein Gewinn der "Yes"-Kampagne wird sich ganz klar auf das Pfund auswirken, aber die Bank of England [britische Zentralbank, Anm. d. Red.] hat uns versichert, das finanzielle Stabilität gewährleistet sein werde, egal wie das Votum ausfällt", so Watt.

Analysten von Morgan Stanley glauben gar, dass das britische Pfund im Fall eines Unabhängigkeitsvotums zwischen 7 und 8 Prozent einbüßen könnte. Eine schwächere Währung ist zwar gut für den Export, aber schlecht für das Investitionsklima. Großbritannien hatte laut OECD-Statistik 2013 die zweithöchsten ausländischen Direktinvestitionen aller europäischen Länder.

Lange Verhandlungen befürchtet

Was Investoren und Unternehmer im Falle eines "Ja" zur Unabhängigkeit am meisten umtreibt, sind die vermutlich langwierigen Verhandlungen, die Schottland mit der Regierung in London führen müsste.

Laut Alex Salmond könnten die Verhandlungen schon bald nach den Parlamentswahlen nächsten Mai abgeschlossen sein. Watt ist skeptisch. "Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die 307-Jahre währende Union [mit England, Anm. d. Red.] innerhalb von 18 Monaten vollständig aufgelöst werden kann, gerade weil ja auch noch Wahlen anstehen."

Ein Riesenthema im Falle einer Loslösung Schottlands von Großbritannien werden die Staatsschulden sein und die Frage, wie viel der Schulden Schottland übernimmt. "Da es nicht möglich ist, Schottlands Anteil einfach zu transferieren, müsste Restgroßbritannien zunächst einmal weiterhin für die Schulden haften, und Schottland müsste dann seinen Anteil in den nächsten 10 bis 20 Jahren abstottern", so Monique Ebell vom britischen National Institute of Economic and Social Research (NIESR) im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Ein anderes großes Thema wird die Frage sein, ob Schottland das Pfund behält, eine eigene Währung einführt und eventuell inoffiziell an das Pfund knüpft oder dem Euro beitritt.

Das Pfund behalten…ganz offiziell?

Salmond und seine Mitstreiter favorisieren eine Währungsunion mit Restgroßbritannien. Doch sowohl die "Better Together"-Kampagne als auch das britische Unterhaus lehnen diese Option kategorisch ab. "Die schottische Regierung glaubt, diese Situation sei nicht so schwer zu lösen, weil eine Währungsunion im Interesse der gesamtbritischen Wirtschaft sei…aber gerade weil er [Salmond, Anm. d. Red.] so eine starke politische Position vertritt, scheint mir das eine eher optimistische Einschätzung der schottischen Regierung zu sein", so Watt gegenüber der Deutschen Welle.

Salmond und seine Pro-Unabhängigkeitsbewegung betonen immer wieder, dass eine Währungsunion auch der Wirtschaft zugute kommt, da die Transaktionskosten niedrig gehalten würden. Immerhin wäre Restgroßbritannien Schottlands wichtigster Handelspartner.

"Ja, die Währungsunion bietet schon Vorteile, aber wir denken, dass die Risiken hier überwiegen, denn die Währungsunion könnte leicht zerbrechen", glaubt Ebell. Sie erinnert an die gescheiterte Währungsunion zwischen der Slowakei und Tschechien in den 1990er Jahren, als Kapital en masse aus der Slowakei abgezogen und nach Tschechien gebracht wurde, was eine finanzielle Krise nach sich zog.

Bildergalerie über Schottland
Schottland hat jetzt schon eigene GeldscheineBild: Jeff J Mitchell/Getty Images

Auch für Investoren "wäre eine Sterling-Union der am wenigsten glückliche Ausgang…da sie viele der Nachteile, die auch ein Beitritt zum Euro hätte, mit sich zöge - also eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Souveränität", so Watt.

... oder das Pfund inoffiziell behalten?

Obwohl die Gegner der Unabhängigkeit immer wieder beteuern, dass ein unabhängiges Schottland das Pfund als Währung nicht behalten könnte, könnte Schottland es sehr wohl als inoffizielle Währung einführen. Gegen die sogenannte informelle Verwendung von Sterling, oder "sterlingization", kann die Regierung in Westminister herzlich wenig tun.

Schottland hätte allerdings in dem Fall keine eigene Zentralbank und könnte kein eigenes, zusätzliches Geld drucken, um Banken in Krisenzeiten mit Liquidität zu versorgen. Da Finanzdienstleistungen Schottlands zweitgrößter Wirtschaftszweig nach Öl und Gas sind, muss es sich das gut überlegen.

Panama hat ein solches Arrangement, es hat keine eigene Währung, der US-Dollar wird dort informell benutzt. Auch Hong Kong hat eine festen Wechselkurs zum US-Dollar, aber im Gegensatz zu Schottland hat es den Vorteil, dass es auch hohe Reserven an ausländischen Devisen hat, die der Regierung im Krisenfall als Puffer dienen.

Dennoch sieht Watt von BlackRock "sterlingization" als die Option an, die "kurzfristig am wahrscheinlichsten ist" und daher auch die "wahrscheinlich beste Lösung."

…oder doch dem Euro beitreten?

Die EU sieht vor, dass sich alle angehenden und neuen Mitgliedstaaten verpflichten, den Euro irgendwann einzuführen. Beitragskandidaten müssen ihre Währung zunächst einmal an den Euro koppeln, bevor sie ihn dann formell einführen. Die EU-Regeln verlangen außerdem, dass die Gesamtschulden der Beitragsländer 60 Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten.

Salmond hat sich zwar für eine EU-Mitgliedschaft Schottlands ausgesprochen, aber gegen den Euro. "Man kann niemanden zwingen, dem Euro beizutreten", so Salmond in Belgien Ende August. "Es ist eine freiwillige Angelegenheit. Weil England unser größter Markt ist, sollten wir das Pfund beibehalten", so Salmond weiter.

…und wie steht es mit einer eigenen Währung?

Schottland druckt jetzt schon seine eigenen schottischen Sterling-Banknoten, die allerdings fest an das Pfund gekoppelt sind. Damit ist aber eine Hürde auf dem Weg zu einer eigenen Währung bereits genommen.

Der Vorteil einer eigenen Währung wäre, dass Schottland diese abwerten kann und die Zinsen beeinflussen kann. "Da Schottland sein unabhängiges Leben mit sehr hohen Schulden beginnen würde - wir projizieren mit rund 86 Prozent des BIPs - wäre hingegen eine Währungsunion wie eine Zwangsjacke", so Monique Ebell gegenüber der Deutschen Welle. Denn Schottland hätte nur begrenzten Handlungsspielraum. Ohne die Möglichkeit seine Währung abzuwerten und die Zinsen zu beeinflussen, könne Schottland auch eventuelle Haushaltslöcher schlecht stopfen, glaubt Ebell. Das wäre sowohl bei einer Sterling-Währungsunion der Fall, als auch bei einer Euro-Mitgliedschaft.

Egal was kommt…zuverlässig sein!

Die "Yes"-Kampagne behauptet, dass sie im Fall der Unabhängigkeit Schottlands Anteil an den Vermögenswerten und Verbindlichkeiten Gesamtgroßbritanniens haben wird. Trotzdem hat Salmond jüngst gedroht, keine Schulden zu übernehmen, sollte Westminister sich bei der formellen Währungsunion querstellen.

Und da ist sie dann wieder, die Angst vor der Unsicherheit, die Investoren immer umtreibt.

Die Drohung Salmonds wäre "sicherlich das falsche Signal", so Ebell, da Schottland höchstwahrscheinlich Geld von den Kapitalmärkten brauchen wird. Und wer dafür bekannt ist, dass er seine Schulden nicht zurückzahlt, ist bei Investoren unten durch.

"Der Wert einer Währung ist ihr Ruf…ein unabhängiges Land muss seine Kreditwürdigkeit erst einmal unter Beweis stellen, es muss einen Ruf genießen für sorgfältiges Haushalten."