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Welle der Solidarität

Verica Spasovska 19. August 2002

Seit Tagen hält die Hochwasserkatastrophe Mitteleuropa in Atem. Die Bereitschaft, den Flutopfern zu helfen, ist groß - sowohl in den betroffenen Ländern als auch auf europäischer Ebene. Verica Spasovska kommentiert.

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Bundespräsident Johannes Rau fand in seiner bewegenden Fernsehansprache die richtigen Worte: Die Flutkatastrophe in Deutschland sei eine nationale Aufgabe. Denn auch eine Woche nach Beginn der Flutwelle ist kein Ende abzusehen. Die Wassermassen rollen weiter die Elbe abwärts nach Norden, lassen Dämme brechen, zwingen Zehntausende zur Flucht aus ihren Häusern.

Die Flutwelle löste gleichzeitig einen in der Geschichte Deutschlands einzigartigen Großeinsatz von Rettungskräften und Freiwilligen aus. Und das Wasser bringt an den Tag, was offenbar lange im Verborgenen lag: Eine immense Solidarität zwischen den Menschen in Ost- und Westdeutschland, eine große Welle der Hilfsbereitschaft und echtes Mitgefühl für die Flutopfer. Das lässt sich nicht nur an den zahllosen spontanen Hilfsangeboten zehntausender freiwilliger Helfer ablesen. Auch die Spendenbereitschaft ist größer als bei jeder anderen Katastrophe in Deutschland.

Wie hatte sich in den vergangenen zwölf Jahren im vereinigten Deutschland im Westen der Republik Verstimmung und Gleichgültigkeit aufgestaut, weil die "Aufbauhilfe Ost" enorme Gelder verschlang. Nun sehen die Menschen im Westen Deutschlands mit einer Mischung aus Entsetzen, Faszination und Fassungslosigkeit, wie viele dieser mühselig aufgebauten Existenzen wieder zerstört werden. In der Stunde der Not rücken die Menschen in Deutschland zusammen. Das ist zweifellos die gute Nachricht in diesen Tagen.

Es gibt noch eine weitere: Der Krisengipfel, zu dem Bundeskanzler Gerhard Schröder in Berlin eingeladen hatte, machte nicht an deutschen und auch nicht an den Grenzen der Europäischen Union halt. Eingeladen waren die Regierungschefs aus Österreich, Tschechien und der Slowakei. Angekündigt wurden umfangreichen Hilfen von der EU.

Dies ist somit auch die Stunde der Europäischen Union, die zeigen kann, dass die Sintflut eine europäische Dimensionen hat. Und dass die Europäische Union eine Gemeinschaft ist, die nicht nach einem kalten Regelwerk funktioniert, sondern Prag und Bratislava genauso hilft, wie Berlin und Wien.

Doch wie hoch muss die Hilfe ausfallen, damit den Menschen in der Not wieder eine Perspektive aufgezeigt werden kann? Genau an dieser Frage entzündet sich im Vorfeld der Bundestagswahlen ein heftiger und zur Stunde kaum nachzuvollziehender Parteienstreit. Noch hat man keinen genauen Überblick über die Schäden. Aber schon jetzt ist klar, dass Finanzspritzen in Millionenhöhe nicht reichen werden, sondern in die Milliarden gehen müssen, um die zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen.

Im vergleichsweise wohlhabenden Deutschland besteht gleichwohl kein Zweifel, dass die Hilfe fließen kann und wird. Deshalb ist gerade jetzt Solidarität mit den europäischen Nachbarn gefordert. Mit Ländern wie Russland, Tschechien, der Slowakei und all jenen, denen in den nächsten Tagen die Sintflut noch bevorsteht.