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Von Bingen nach Essen

Frederike Müller20. Juli 2012

Ganz im Westen Deutschlands führt uns unsere vierte Route entlang der UNESCO-Welterbestätten von Bingen nach Essen: 390 Kilometer, ein Flusstal, ein Industrie-Denkmal und das erste deutsche Welterbe überhaupt!

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Oberes Mittelrheintal: Der Rhein fließt vorbei an der Stadt Bingen, im Bildvordergrund erstrecken sich terrassierte Weinhänge.
Oberes MittelrheintalBild: Fotolia/LianeM

Der Aachener Dom war 1978 das erste Kulturdenkmal Deutschlands, das in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde. Auch einem weiteren bedeutenden religiösen Bauwerk werden wir auf dieser Route begegnen: dem Kölner Dom.

Unsere Reise beginnt aber in Bingen, einem Städtchen in einer besonderen Landschaft, dem Oberen Mittelrheintal. Das rund 65 Kilometer lange Flusstal von Bingen bis Koblenz gehört seit 2002 zum Welterbe. Das Obere Mittelrheintal erkundet man am besten vom Schiff aus – oder über Wanderwege wie den Rheinburgenweg oder den Rheinsteig. Die Schönheit der Natur, die fruchtbaren Weinhänge dieses Flusstals und die Dichte an Burgen und Schlössern führten bereits im 18. Jahrhundert zu einem Tourismus-Boom: Der Rhein wurde zum romantischen Sehnsuchtsziel. Als Symbol für diese Rheinromantik steht auch der steil aufragende Loreley-Felsen, an dem der Legende nach viele Schiffe zerschellten, weil auf ihm eine schöne Nixe saß. Fürchten muss das heute aber niemand – und so kann man bei einer Schifffahrt durch das Obere Mittelrheintal den Anblick der vielen Burgen, der gewundenen Talschleifen und der kleinen Weindörfer am Flussufer einfach genießen.

Zwei Schlösser, ein europäisches Projekt

In Koblenz endet das Obere Mittelrheintal am Deutschen Eck, wo die Mosel in den Rhein mündet. Am schönsten ist diese markante Stelle von der Seilbahn Koblenz zu betrachten. Obwohl diese Rheinseilbahn nicht zum Welterbe zählt, sollte man das Schweben in der gläsernen Kabine über den Rhein hinauf zur Festung Ehrenbreitstein nicht verpassen.

Zwei Schlösser sind unser nächstes Ziel 100 Kilometer rheinabwärts: die Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl. Sie wurden als früheste Beispiele des Rokoko-Schlossbaus in Deutschland 1984 Welterbe. Die Rokoko-Idee, eine Spielart des Barockstils, importierte Kurfürst und Erzbischof Clemens August 1725 aus Frankreich nach Deutschland. An seinem Schloss Augustusburg arbeiteten französische, italienische und deutsche Architekten, Maler, Bildhauer und Stuckateure Hand in Hand. Ein wahrhaft europäisches Projekt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Schloss Augustusburg lange als Repräsentationsort der deutschen Bundespräsidenten genutzt.

Schloss Augustusburg in Brühl, einst Sitz der deutschen Bundespräsidenten
Schloss Augustusburg in BrühlBild: MN

Kirchenbauten und Krönungsorte

Unsere nächste Station ist nur einen Katzensprung entfernt: der Dom zu Köln, Welterbe seit 1996. Jede größere Kirchenarchitektur weltweit hat sich nach seiner Fertigstellung an ihm gemessen. Denn der Kölner Dom ist reich an Superlativen. Er ist mit genau 632 Jahren Bauzeit Deutschlands längstes Bauprojekt. Und bei seiner Vollendung im Jahr 1880 war er mit seinen 157 Meter hohen Türmen sogar das höchste Gebäude der Welt.

Ein ähnlich großes Vorbild religiöser Architektur in Nordeuropa erwartet uns in Aachen, nur eine Stunde westlich von Köln. Der Aachener Dom wurde 1978 Deutschlands erstes Welterbe. Kaiser Karl der Große träumte Ende des 8. Jahrhunderts von einem neuen Rom und ließ durch die Verquickung von oströmisch-byzantinischer und weströmisch-antiker Formensprache ein Wunder der Baukunst entstehen. Über 30 Könige wurden im Aachener Dom gekrönt, und bis heute fasziniert der gewaltige achteckige Kuppelbau, der den Kern des Doms bildet. Dabei bitte nicht vergessen: auch dem Domschatz im Gebäude gegenüber einen Besuch abstatten!

Die schönste Zeche der Welt

Ein moderner Kontrapunkt ist die 125 Kilometer weiter nordöstlich gelegene Zeche Zollverein in Essen. Das ehemalige Steinkohlebergwerk ist seit 2001 Welterbe und unser letztes Ziel auf dieser Route. Wenig bescheiden nennt man sich selbst die „schönste Zeche der Welt“. Nicht ganz zu Unrecht, denn von 1927 bis 1932 schufen die Bauhaus-Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer auf dem Gelände prägende Bauten. In der Zeche Zollverein wurde 135 Jahre lang Kohle gefördert und verarbeitet. Der Name Zollverein spielte auf eine 1834 geschaffene Freihandelszone zwischen 14 deutschen Staaten an, die wirtschaftlichen Aufschwung bringen sollte. Für die Zeche Zollverein und für die ganze Region Ruhrgebiet bedeutete die Steinkohleförderung tatsächlich jahrelangen Wohlstand. Die stillgelegte Zeche ist heute als Industriedenkmal Symbol dieser Zeit und wird für Kunst- und Kulturveranstaltungen genutzt.

Zeche Zollverein Essen
Früher Kohlewerk, heute Industriedenkmal: die Zeche Zollverein in EssenBild: Fotolia