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Welthandel boomt auch ohne WTO

Zhang Danhong
14. Dezember 2017

Die elfte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation in Buenos Aires ist ergebnislos zu Ende gegangen. Das wundert nicht, wird die WTO doch von ihrem wichtigsten Mitglied blockiert. Der Welthandel wächst aber kräftig.

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WTO Sitz Schweiz Genf
Bild: AP

Der Weltwirtschaft geht es gerade prächtig. "Zum ersten Mal seit Jahren befinden sich fast alle wichtigen Volkswirtschaften in einem Aufschwung", heißt es im "Economic Outlook" des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Die Experten erwarten für 2017 ein Plus der Weltwirtschaft von 3,7 Prozent. Für das kommende Jahr sagen sie ein höheres Wachstum von 3,8 Prozent voraus.

Wächst die Weltwirtschaft, werden auch mehr Waren im globalen Handel ausgetauscht. Für 2018 prognostiziert das IfW einen Anstieg des Welthandelsvolumens um vier Prozent nach einem ähnlichen Zuwachs in diesem Jahr.

Deutschland Professor Rolf J. Langhammer
Prof. Rolf LanghammerBild: picture-alliance/ dpa

Er könnte noch besser laufen, findet Rolf Langhammer, ehemaliger Vizepräsident des Instituts für Weltwirtschaft. "Eine Handelsliberalisierung würde einen Schub für den Welthandel bedeuten, vor allem im Agrarbereich und bei den Dienstleistungen." Doch dazu wäre die Welthandelsorganisation nicht in der Lage. Der Grund hat einen Namen: Donald Trump. "Für ihn sind multilaterale Verträge absolut Gift. Er lehnt sie ab, weil er meint, dass dadurch die USA in eine schlechtere Position kommen", sagt Langhammer.

Das wichtigste Mitglied macht nicht mehr mit

Das gilt auch für die WTO. Schon auf dem G20-Gipfel in Hamburg hat Trump durchgesetzt, dass die "WTO als eine tragende Säule des freien Handels" aus dem Abschlusskommuniqué gestrichen wurde. Die USA haben es nicht nur versäumt, ihre zwei permanenten Repräsentanten zu nominieren, sie blockieren auch die Neubesetzung vakant gewordener Stellen am WTO-Schiedsgericht. Mit anderen Worten: Die Welthandelsorganisation wird gerade von ihrem wichtigsten Mitglied boykottiert. Sie ist bis auf weiteres handlungsunfähig. Das erklärt auch, warum sich die Ministerkonferenz weder auf Abbau der Subventionen für illegale Fischerei noch auf Aufnahme von Gesprächen über Regelungen des elektronischen Handels einigen konnte.

Braucht es noch die WTO?

Der Bedeutungsverlust der WTO habe sich aber bereits vor Donald Trump abgezeichnet, meint Rolf Langhammer. So wurde die 2001 gestartete Doha-Runde, die die Entwicklungsländer besser in das System des Welthandels einbinden sollte, 2015 für gescheitert erklärt. Zudem leide die WTO seit Jahren unter einer "zunehmenden Unklarheit bei den Zielsetzungen", so der Kiefer Ökonom. "Sie hat sich dem Zeitgeist folgend einem Zielkonflikt untergeordnet", dem Konflikt zwischen der Handelsliberalisierung auf der einen Seite und Umwelt- und Sozialstandards auf der anderen Seite. So habe sich die Welthandelsorganisation mehr und mehr zu einer technischen Beratungsinstanz entwickelt.

Mehr eine juristische denn ökonomische Frage

Oder eine Instanz für juristische Haarspalterei. So muss die WTO entscheiden, ob China nach 15 Jahren Mitgliedschaft der Status der Marktwirtschaft automatisch zuerkannt wird. Peking besteht darauf und hat die EU verklagt. Zumindest in diesem Punkt existiert eine transatlantische Einigkeit. Sowohl die USA als auch die EU haben sich bisher geweigert, die chinesische Volkswirtschaft als eine Marktwirtschaft anzuerkennen. Denn das würde die Anti-Dumping-Verfahren schwieriger machen. In einer gemeinsamen Erklärung am Rande der Ministerkonferenz wandten sich die USA, EU und Japan gegen unfairen Wettbewerb unter anderem durch Subventionen für Staatskonzerne und erzwungen Technologietransfer. Zwar steht "China" nicht direkt am Pranger, doch jeder weiß, wer gemeint ist.

In China sieht der US-Präsident den Hauptgegner im Welthandel. Der WTO warf er im Wahlkampf vor, dem chinesischen Merkantilismus eine Legitimation zu verleihen. Er drohte, den Import aus China mit 45 Prozent Zölle zu belegen und sich aus der WTO sowie dem NAFTA (North American Free Trade Agreement) zurückzuziehen.

So weit ist Trump (noch) nicht gegangen. Den Chinesen gegenüber benimmt er sich widersprüchlich. Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen wird gerade mit Kanada und Mexiko neu verhandelt. Eine Wiedereinführung von Zöllen und Handelshemmnissen würde einer Studie des Münchner Ifo-Instituts zufolge das Pro-Kopf-Jahreseinkommen um 125 Dollar senken. Eine breit angelegte protektionistische US-Politik und die Reaktionen der Handelspartner würden den Amerikanern noch viel höhere Einkommensverluste bescheren.

In diesem Fall müssten die Prognosen für den Welthandel und die Weltwirtschaft nach unten korrigiert werden. Das wäre das Ende des aktuellen Booms.