COP24: Afrikas Moment der Wahrheit
3. Dezember 2018Beim Klima sind Afrikas Perspektiven düster. "So traurig es ist: Die afrikanischen Länder tragen zum Klimawandel am wenigsten bei, werden aber am meisten darunter leiden", sagt Seyni Nafo, Sprecher der afrikanischen Delegation bei der Weltklimakonferenz, zur DW. Der Kontinent ächzt bereits jetzt. Dürren, Starkregen oder Überschwemmungen gehören vielerorts zum Alltag - mit schlimmen Folgen.
Die Schäden vernichten je nach Land zwischen fünf und zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Die Menschen auf der Straße haben nicht gespürt, dass die bisherigen Klimakonferenzen irgendwelche Auswirkungen auf ihr Leben gehabt hätten. Die Folgen des Klimawandels merken sie dagegen jeden Tag", klagt der nigerianische Umweltaktivist Nnimmo Bassey im DW-Interview.
"Die bisher wichtigste Klimakonferenz"
Dabei steht dem Kontinent das Schlimmste wohl noch bevor, warnen die Vereinten Nationen: 2020 könnten bis zu 250 Millionen Menschen wegen der steigenden Temperaturen unter schlimmen Wassermangel leiden. Liegt der Anstieg über zwei Grad Celsius, könnte die Hälfte aller Afrikaner von Mangelernährung betroffen sein. "Der Klimawandel hat das Potenzial, unsere Entwicklung zunichte zu machen", warnt Unterhändler Nafo.
Die Weltklimakonferenz COP24 soll die Wende bringen. Ab dem 2. Dezember treffen sich die Delegierten aus aller Welt in Polen. "Aus meiner Sicht ist es nach Paris 2015 die bisher wichtigste Klimakonferenz", sagt James Murombedzi, Klima-Experte bei der UN-Wirtschaftskommission für Afrika. Nun soll ein detailliertes Regelwerk beschlossen werden, um das wichtigste Ziel von Paris umzusetzen: Die Erderwärmung soll möglichst auf 1,5 Grad Celsius beschränkt werden. Das kann nur klappen, wenn ab 2050 überhaupt keine Treibhausgase mehr ausgestoßen werden - und vorher deutlich weniger. Dazu, so mahnen Experten, reichen die bisherigen Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft aber längst nicht aus. Sie fordern verbindliche Regeln.
Außerdem hat die afrikanische Delegation ein zweites Versprechen von Paris besonders im Blick. Damals sagten die Vertragsstaaten armen Ländern Hilfen bei der Anpassung an den Klimawandel zu. Ab 2020 sollen reiche Industriestaaten dafür 100 Milliarden US-Dollar jährlich zahlen. Auch hier gibt es noch keine konkreten Zusagen. "Wir werden sicherstellen, dass die zugesagten Mittel auch wirklich fließen", verspricht Verhandler Nafo.
Manche Experten glauben sogar, dass selbst 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr zu wenig sind. Denn Afrika lebt von der Landwirtschaft. Die muss mit viel Geld klimafest gemacht werden. Zum Beispiel: "Mehr Investitionen in Bewässerungssysteme sind nötig", sagt UN-Experte Murombedzi. Auch die Zivilgesellschaft will, dass sich etwas ändert. Aktivist Bassey:"Hier geht es nicht um Nächstenliebe, sondern um Gerechtigkeit."
"Der Planet brennt"
Lassen sich diese Ziele verwirklichen? Die USA ist schließlich bereits aus dem Klimavertrag ausgestiegen. "Der Klimawandel ist eine gemeinsame Herausforderung, die nur gemeinsam gelöst werden kann. Wir sehen großes Interesse bei vielen Ländern, den multilateralen Prozess zu retten", sagt ein hoffnungsfroher Nafo. Trotzdem wird COP24 kein Selbstläufer: "Den Klimawandel zu bekämpfen heißt: Die Funktionsweise der Wirtschaftssysteme umbauen, den Lebensstil ganzer Gesellschaften zu verändern, was ihren Konsum, ihre Mobilität betrifft. Vor allem in den hochentwickelten Ländern scheint es nicht genug politischen Willen zu geben, die nötigen Kosten zu tragen", warnt UN-Experte Murombedzi.
Auch Umweltaktivist Bassey bleibt skeptisch, ob COP24 die Wende bringen wird. "Ich hoffe, dass die Delegierten sich von ihren Herzen und nicht von irgendwelchen politischen Erwägungen leiten lassen werden. Wenn nicht, dann wird das wieder nur eine Klimakonferenz wie viele andere sein, die an einem Problem herumschraubt, während der Planet brennt."
Mitarbeit: Abu-Bakarr Jalloh