Wasser für Aceh
10. November 2006Sarwati, Mutter eines kleinen Jungen und im achten Monat schwanger, ist nur eine von vielen im Dorf Lamkunyet, die das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF, vor allem mit Wasser und Toiletten verbinden. Lamkunyet ist ein winzig kleines Dorf, nur etwa 20 Minuten Autofahrt von Banda Aceh entfernt, doch die beiden Orte sind extrem unterschiedlich.
Lamkunyet war jahrelang von der GAM besetzt, Acehs Nationaler Befreiungsfront, und 20 Jahre lang bekam das Dorf nichts von der Außenwelt mit. Mittags ist dort kaum ein Mann zu sehen, sie sind alle im Reisfeld und arbeiten als Bauern wie 90 Prozent der 650 Dorfbewohner. Die Frauen bleiben zu Hause, kochen und passen auf die Kinder auf. Die Straßen sind nicht asphaltiert, die Hühner laufen frei im Dorf herum, und auch die Häuser würde man eher als Hütten bezeichnen. Sauberes Wasser gibt es ebenso wenig wie Toiletten, wie Agam Harahap von UNICEF erzählt: "Es ist wirklich kaum zu glauben. Aber in diesem Dorf gibt es wirklich keinerlei sanitäre Einrichtungen."
Was ist Hygiene?
Agam Harahap ist zuständig für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung bei UNICEF. In diesem Projekt arbeitet Harahap mit "International Relief and Development" zusammen. Am Anfang war es nicht einfach, die Menschen zu überzeugen, dass Hygiene wichtig ist. Viel Überzeugungskraft und Geduld waren notwendig. Es fing mit der Untersuchung der Wasserqualität und Hygiene sowie einer Gesundheitsuntersuchung an. Die Ergebnisse zeigten, dass die Dorfbewohner nur wenig Kenntnis über Gesundheit und Hygiene hatten. So wussten zum Beispiel nur wenige, dass man erst richtig sauber beim Duschen oder Händewaschen wird, wenn man Seife benutzt. Auch sanitäre Anlagen waren für die Dorfbewohner neu. UNICEF musste erstmal das 'Know-How' der Toilettenbenutzung integrieren, bevor sie mit dem Toilettenbau anfangen konnten."Die Bewohner haben die Toiletten selber zusammengebaut", sagt Agam. "Wir haben nur die Baumaterialen besorgt. Die Bewohner haben schnell gelernt, wie man sie benutzt und pflegt."
Die Bauarbeiten wurden von UNICEF begleitet. Geholfen wurde, wenn es notwendig war. Doch die Grundidee war, dass die Bewohner selbst die Anlagen bauen mussten, damit sie sich auch nachher mit dem Projekt identifizieren. Doch nicht alle Bewohnern wollten mithelfen - und mittlerweile hat die Frage das Dorf fast gespalten, wie Sarwati erzählt: "Nur die Leute die mithelfen, bekommen einen Schlüssel für die Toilette. Die, die nicht mitgeholfen haben, trauen sich nicht, die Toilette zu benutzen. Wir hatten eine Abmachung, dass man nur die Toillette benutzen darf, wenn man beim Toilettenbau mitgeholfen hat."
Eine Toilette in jedem 25. Haushalt
Deshalb gibt es in Lamkunyet immer noch Leute, die ihre Notdurft auf herkömmlichem Wege verrichten, obwohl jetzt Toiletten vorhanden sind. Nicht in jedem Haus: Rein rechnerisch gibt es eine Toilette für jeden 25. Haushalt. Also müssen sich die insgesamt 125 Haushalte in Lamkunyet fünf Toiletten mit jeweils zwei Kammern teilen.
Müll in der Wasseranlage
Auch die Wasserversorung gehört zum UNICEF-Projekt in Lamkunyet. Mittlerweile sind schon 120 Wasserhähne verlegt, zwar mit Hilfe von UNICEF; doch auch hier in Zusammenarbeit mit den Dorfbewohnern. Das Wasser kommt von einer Wasseranlage in Mata Ie. Die Effizienz der Anlage wurde verbessert - heute arbeitet sie im Gegensatz zu früher mit Desinfektionsmitteln. Mata Ie ist die erste Wasseranlage von insgesamt elf, die UNICEF in Aceh wiederhergestellt hat. Sie ist von einem hohen Zaun umringt. Agam Harahap erklärt, warum: "Sie liegt in einem Erholungsgebiet. Viele Leute wollten hier schwimmen und schmeißen sogar ihren Müll hier rein. Das macht dann unsere Arbeit viel schwieriger."
Die Mata Ie Wasseranlage versorgt auch andere Dörfer in Aceh Besar. Das Wasser kostet 1000 Rupiah pro Kubikmeter, umgerechnet ungefähr acht Cent. Insgesamt sind 60.000 Menschen an die Anlage angeschlossen, ein Fünftel von ihnen sind Kinder. Die Zahlen hören sich beeindruckend an, doch insgesamt leben in Aceh Besar 1,8 Millionen Menschen, die meisten von ihnen sind ohne sauberes Wasser.
"Weiter Weg zur Toilette"
Die Bewohner in Lamkunyet haben die Vorteile der neuen Sanitär- und Wasseranlagen längst eingesehen. "Wir hoffen, dass UNICEF eine eigene Toilette für jede Familie baut", sagt Sarwati. "Es ist ein weiter Weg von unserem Haus zur Toilette. Wenn man gerade krank ist, ist es schwierig." Das ist ein Luxus, den auch UNICEF nicht finanzieren kann. Der Bau einer Toilette kostet um die 1000 Euro, und die Dorfbewohner müssen sich erst einmal die gemeinsamen Toilettenanlagen teilen. Schließlich, so Agam Harahap, gibt es noch andere Dörfer, die genau so schlecht gestellt sind, wie es Lamkunyet war.