Wer kommt nach Alan Greenspan?
20. Oktober 2005Die Debatte, wer Greenspan einmal als US-Notenbankchef beerben könnte, köchelt schon lange. Schließlich ist Greenspan 79 Jahre alt, und er bestimmt seit mittlerweile 18 Jahren die Geschicke er US- und Weltwirtschaft. Seitdem die US-Notenbank im September offiziell bestätigt hat, dass Greenspan seinen Posten räumt, haben die Spekulationen endlich einen realen Hintergrund bekommen.
Die Kandidatenliste für den Fed-Job ist lang und imposant. Zum erweiterten Kreis zählen unter anderem Glenn Hubbard, früherer wirtschaftlicher Chefberater von Präsident Bush und Befürworter der Steuerpolitik des Präsidenten und Lawrence Lindsey, Ex-Direktor des Nationalen Wirtschaftsrates.
Top-Favorit
Als heiße Anwärter auf den Posten werden jedoch immer wieder vier Namen genannt. Derzeitiger Favorit ist Ben Bernanke, den Bush im Juni zu seinem obersten Wirtschaftsberater machte. Bernankes Vorteil ist nicht nur seine Nähe zum Präsidenten, er vefügt über Fed-Erfahrung und hat an der Universität Princeton auch wissenschaftlich gearbeitet.
"Ben Bernanke ist sicherlich der Top-Favorit", sagt Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Barclays Capital. "Er genießt an den internationalen Finanzmärkten sehr hohes Ansehen und ist für die Greenspan-Nachfolge sehr gut geeignet. Er hat sich mit seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen über Geldpolitik in den USA aber auch weltweit einen Namen gemacht. Er wird genauso wie Greenspan eine Politik der stabilen Preise vorantreiben, sodass ich glaube, dass der Übergang sehr glatt sein wird."
Weitere Kandidaten
Ebenfalls für die Greenspan-Nachfolge werden Roger Ferguson, Martin Feldstein und Donald Kohn gehandelt. Ferguson, die Nummer 2 der Fed, gewann durch sein Management der Finanzmärkte nach den Anschlägen des 11. September 2001 internationales Ansehen. Gegen Ferguson könnte seine Zugehörigkeit zur Demokratischen Partei sowie seine Berufung durch Präsident Bill Clinton sprechen. Das muss jedoch kein Ausschlusskriterium sein, schließlich wird auch Alan Greenspan dem Lager der Demokraten zugerechnet.
Donald Kohn ist ebenfalls ein Kandidat aus dem eigenen Haus. Er gehört dem Gouverneusrat der Fed seit 2002 an und gilt wie Ferguson als Protegee Greenspans. Kohn hat seine gesamte Berufslaufbahn bei der US-Notenbank verbracht, weshalb er als derjenige Kandidat gilt, der den Kurs Greenspans am wenigsten verändern würde. Für Kohn hat sich genau deswegen auch das einflussreiche britische Wirtschaftsmagazin "Economist" ausgesprochen.
Ende des Greenspan-Modells
Von der Hochschule Harvard an die Spitze der Notenbank würde Martin Feldstein wechseln. Der Wirtschaftsprofessor war wirtschaftlicher Chefberater unter Präsident Ronald Reagan und hat Kandidat Bush bei seinem ersten Präsidentschaftswahlkampf als Berater unterstützt. "Auch die Kandidaten, Feldstein, Ferguson und Kohn sind als Fed-Chef sehr gut geeignet", sagt Polleit und ergänzt, dass Bush sicher nicht einfach einen ihm wohl gesonnenen Kandidaten an die Spitze der Notenbank berufen wird. Der Greenspan-Nachfolger müsse schließlich mit der internationalen Finanzwelt und nicht mit der Republikanischen Partei zu Recht kommen.
"Das Greenspan-Modell ist zu Ende, der Rat als Gremium wird künftig an Gewicht gewinnen", fasst Polleit den Hauptunterschied von Rolle und Wahrnehmung des Greenspan-Nachfolgers zusammen. "Die Fed ist im Gegensatz zu den anderen Notenbanken wie Bank of England, EZB und Bank of Japan eine One-Man-Show. Aber es wird sicher so sein, dass der neue Fed-Chef genauer unter die Lupe genommen werden wird als dies Greenspan bisher wurde", glaubt auch Stefan Schneider von Deutsche Bank Research und wünscht sich ein klarere Ausrichtung der weltweit wichtigsten Notenbank: "Natürlich haben alle über die Jahre gelernt, die Orakelsprüche von Herrn Greenspan zu interpretieren. Aber es wäre beispielsweise schon hilfreich zu wissen, welches Inflationsziel die US-Notenbank verfolgt."