Wer vermittelt in Venezuela?
30. Januar 2019Sebastian Sperling sieht die sich zuspitzende Krise in Venezuela mit Sorge. Für ihn hat die Polarisierung im Machtkampf in Caracas ein gefährliches Niveau erreicht. "Das überflüssigste in der gegenwärtigen Situation ist, dass sich einzelne Länder entweder hinter den einen oder hinter den anderen Präsidenten Venezuelas stellen", sagt der Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Montevideo. "Uruguay ist eines der wenigen Länder, das in dieser komplizierten Situation die Rolle eines Mediators übernehmen kann", so Sperling, der dabei auf das jüngste Vermittlungsangebot des Landes anspielt.
Auch Mexiko könnte eine wichtige Rolle bei der Suche nach einem geordneten Ausweg aus dem Machtkampf in Venezuela spielen. Jedoch hat der mexikanische Präsident López Obrador bekräftigt, dass "Mexiko seiner Überzeugung der Nichteinmischung und der Selbstbestimmung der Völker treu bleibt, weshalb es weiterhin die Präsidentschaft von Nicolas Maduro anerkennt".
Taktische Spiele in Caracas
Für Geoff Ramsey vom Washington Office on Latin America (WOLA), einer kirchennahen US-amerikanischen NGO, ist diese Position "absolut nachvollziehbar". Jedoch habe "die Regierung Maduros in der Vergangenheit gezeigt, dass sie Verhandlungen mit der Opposition immer wieder, um Zeit zu gewinnen, verzögert und absichtlich ins Leere laufen lässt". Der Unterschied diesmal sei aber, so der Venezuela-Experte, das "weder Mexiko noch der Rest der internationalen Gemeinschaft zulassen könne, dass die Regierung in Caracas den Übergang zur Demokratie blockiert".
Mexiko verfüge auch, so Ramsey, über die nötige Vermittlungserfahrung in Lateinamerika. Dank mexikanischer Diplomatie seien in der Region ein "Abkommen gegen den Einsatz von Atomwaffen und Friedensverträge in mehreren mittelamerikanischen Ländern unterzeichnet" worden.
Sebastian Sperling von der FES hält eine rein lateinamerikanische Vermittlung aber für nicht ausreichend: "Angesichts der Tatsache, dass Mexiko und Uruguay bis jetzt alleine mit ihrem Angebot stehen, muss die Europäische Union einspringen und sie unterstützen. Gerade weil die sogenannte Lima-Gruppe, die aus mehreren südamerikanischen Staaten und Kanada besteht, sowie die Vereinigten Staaten auf Seiten des Herausforderers Juan Guaidó stehen, während Russland und China Staatschef Maduro unterstützen".
Gute Erfahrungen mit multilateralen Vermittlungen
Tatsächlich gibt es schon einen Gesprächsfaden zwischen Brüssel und Montevideo. Am 28. Januar sprach die Außenvertreterin der EU, Federica Mogherini, mit dem uruguayischen Präsidenten Tabaré Vazquez über die Situation in Venezuela und räumte danach ein, dass es wahrscheinlich keinen Konsens geben werde, Juan Guaidó als legitimen Präsidenten Venezuelas anzuerkennen. Der Präsident Uruguays wiederum bot Montevideo als Ort für Vermittlungsgespräche an.
Kann die EU überhaupt noch vermitteln, nachdem sie Maduro bereits ein Ultimatum gesetzt hat, um Wahlen auszurufen? Oder Uruguays Präsident, dem von der eigenen Opposition im Land vorgeworfen wird, auf Maduros taktische Spielchen hereinzufallen?
"Mit Druck allein wird man diese Krise nicht beenden können, sondern eher verschärfen", meint Geoff Ramsey. Nach seiner Überzeugung kann eine "demokratische Lösung gefunden werden, wenn Uruguay und Mexiko Teil einer von der EU vorgeschlagenen Kontaktgruppe sind".
Als positives Beispiel erinnert Ramsey an den Erfolg der Contadora-Gruppe, einer Initiative der Außenminister von Kolumbien, Mexiko, Venezuela und Panama, um den militärischen Konflikt in El Salvador, Nicaragua und Guatemala in den 1980er Jahren beizulegen.
Mexiko und Uruguay könnten möglicherweise auch jetzt bei der Suche nach einer Lösung für eine Krisensituation in der Region eine wichtige Rolle spielen. "Wichtiger als ein möglicher Ort für Vermittlungsgespräche zu sein ist die Tatsache, dass Uruguay sich für einen friedlichen Übergang einsetzt, der die Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela garantiert", so Sperling. Dabei solle das Land, so Sperling, unbedingt international unterstützt werden.