Chaos-Claus oder Held?
19. Mai 2015Claus Weselsky ist der berühmteste Lokführer Deutschlands. Zumindest war er mal einer. Heute ist er Funktionär. Gewerkschaftsfunktionär. Und er ist berühmt. Er führt Autogrammkarten bei sich und dem Fakeaccount bei Facebook folgen knapp dreitausend User: Fans wie Kritiker. Unter dem Twitter #hdGDL sind die besten Anekdoten zu den Streiks der GDL und ihrem Chef Weselsky zu lesen.
Claus Weselsky, die One-Man-Show
Weselsky ist ein Star. Und er weiß das. "Weselsky lebt sein Ego", das sagt sein Vorgänger im Amt bei der GDL, Manfred Schell, über seinen ehemaligen Protegé. Inzwischen liegen die beiden über Kreuz. Schell fürchtet, dass Weselskys Verhalten der 1867 gegründeten GDL schadet.
Weselsky lässt das kalt. Er polarisiert gerne. "Ich bin keiner, der ständig im Team arbeiten muss", sagt er über sich selbst und sucht die Provokation. Seine Gegner aber auch. "Schienen-Honecker", "Chaos-Claus" oder auch "der Grössen-Bahnsinnige", nennen sie ihn. Die verbalen Verunglimpfungen über ihn sind populär. Vor allem der Honecker-Titel ist jedoch alles andere als treffend. Weselsky, obwohl in der DDR groß geworden, war nicht nur nie Mitglied der SED. Ganz im Gegensatz zur landläufigen Meinung über die politische Zugehörigkeit von Gewerkschaftsmitgliedern verfügt er, man höre und staune, über ein CDU-Parteibuch.
Harte Kritik an seiner Person
An Kritik ihm gegenüber wird nicht gespart. Dabei geht es hart zur Sache. Für viele zählt er inzwischen zu den meistgehassten Deutschen. Ein Boulevardblatt veröffentlichte im Laufe der Streiks seine Telefonnummer und eine Nachrichten-Website zeigte sein Wohnhaus in der Nähe von Leipzig. Über sein Privatleben ist ansonsten wenig bekannt. Geschieden, wieder neu liiert, ein Sohn, die Zweitwohnung in Frankfurt - in der Nähe des Firmensitzes der GDL. Mehr weiß man nicht.
GDL auf den Schirm gebracht
Eines hat der Mann, der seit nun 23 Jahren Vollzeitgewerkschafter ist, geschafft. Alle kennen ihn, sein Anliegen und vor allem die GDL. Das ist beachtenswert, wenn man bedenkt, dass der GDL nur etwa 34.000 Mitglieder angehören. Die Zustimmung aus den eigenen Reihen ist das, was ihn antreibt. Und nicht nur unter seinen eigenen Leuten erfährt er breite Unterstützung.
Die Hälfte der Bevölkerung stand zuletzt hinter der GDL und ihrem Vorsitzenden. Und trotz Schnauzer und biederem Auftreten darf man ihm ruhig eine gewisse Coolness bescheinigen. Als ihn bei einer Kundgebung Anfang Mai ein einzelner Buh-Rufer nervte, unterbrach er kurzerhand seine vorbereite Rede und entlarvte den Nörgler als eingekaufte Marionette eines privaten TV-Senders. "So geht also Meinungsmache in Deutschland" skandierte er vom Podium. Von seinen Anhängern wurde er dafür bejubelt.