Westafrikas größtes Industriegebiet im Wandel
Suame Magazine in Ghana gilt als das größte informelle Industriegebiet in Subsahara-Afrika. In kleinen Werkstätten werden Autos repariert und umgebaut - alles von Hand. Aber moderne Technologie bedroht die Arbeitsplätze.
Aus Alt macht Neu
Am Stadtrand von Kumasi in Ghana erstreckt sich das größte informelle Industriegebiet in Subsahara-Afrika. In über 12.000 kleinen Werkstätten reparieren Mechaniker Autos und Maschinen mit alten Ersatzteilen. Das Gebiet ist so überfüllt, dass die Organisation des Suame Magazines plant, Flächen dazuzukaufen und diese in ein offizielles Industriegelände zu verwandeln.
Favorit Mercedes
Die besonders belastungsfähigen Motoren von europäischen Herstellern wie Mercedes, DAF und MAN sind äußerst beliebt, weil sie billig im Import, einfach einzubauen und langlebig sind, erzählen die LKW-Spezialisten vom Suame Magazine. Amerikanische Lastwagen hätten zu viele elektronische Einzelteile, LKWs aus China eine zu schlechte Qualität. Auf dem Vormarsch: Fahrzeuge aus Indien und Südkorea.
Eine hohe Produktivität
Eric Gyebi, Kwame Acheampong und Osei Kofi Isaac reparieren Kraftstoffpumpen für LKWs und Busse. Eine Studie der Weltbank geht davon aus, dass die Werkstätten in Suame Magazine viel produktiver sind als die meisten kleinen Betriebe in Ghana. Grund hierfür sei ihre Spezialisierung auf Einzelteile wie Pumpen oder Schaufelbagger.
Handgefertigt
Alles in Suame Magazine ist von Hand gefertigt. Vom den kleinsten Komponenten bis hin zu großen Maschinenteilen. Ein großer Teil der formellen Industrie Ghanas brach während einer Wirtschaftskrise in den 1970er Jahren zusammen. Seitdem dümpeln im ganzen Land verlassene Fabrikgebäude vor sich hin, während die kleinen Werkstätten kontinuierlich wachsen.
Seltene Karrierechancen
Ein junger Arbeiter schweißt Füße an einen Brotbackofen: Der Besitzer dieser Fabrik startete seine Karriere als Lehrling im Jahr 1997. Seitdem hat er sich hochgearbeitet. Suame Magazine ist einer der wenigen Orte in Ghana, an dem Ausbildungen und Jobs an junge Leute vergeben werden. Anderswo haben sie kaum die Möglichkeit, Karriere zu machen.
Wachstumsmotor der Nation
Der Mechaniker Narouk Woniah testet einen Motor, den er umgebaut hat. Über 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Ghana stammen aus informellen Betrieben wie diese Werkstatt, die nur drei Mitarbeiter hat. In Suame Magazine arbeiten insgesamt 200.000 Menschen.
Learning by Doing
Awudu Alase stellt am Tag rund 15 Kohleöfen her. Darauf werden lokale Speisen wie der Maisbrei Banku zubereitet. Alase verkauft sie auf dem Markt für umgerechnet drei Euro das Stück. Einige Menschen in Suame Magazine arbeiten hier seit 50 Jahren, ohne jemals eine richtige Ausbildung absolviert zu haben. Sie fangen als Lehrlinge an und entwickeln über die Jahre ihre eigenen Methoden.
Gefährliche Arbeitsbedingungen
Die Fabriken in Suame Magazine haben nur wenige bis gar keine Sicherheitsstandards. Wegen der schlechten Arbeitsverhältnisse und alten Maschinen passieren fast täglich Unfälle. Viele der Arbeiter sind außerdem giftigen Gasen und einer hohen UV-Belastung ausgesetzt, was schwerwiegende gesundheitliche Konsequenzen haben kann.
Werkzeuge aus lokaler Produktion
Nana Opoku Agyemang hat sich in seiner Werkstatt auf Bagger spezialisiert. Wie seine Mitarbeiter benutzt er beim Schweißen ein Schutzschild, das ebenfalls in Suame Magazine hergestellt wird. Weil die Fabriken hier informell organisiert sind, haben verletzte Arbeiter kein Anrecht auf Kompensationen.
Von Vorbildern lernen
Hier baut ein Arbeiter neue Lichter an ein Opel-Taxi an. Diese Werkstatt repariert ausschließlich deutsche Autos. Aber die Mechaniker von Suame Magazine haben auch schon eigenes Modell gebaut: Das "SMATI Turtle 1" ist in wenigen Monaten entstanden. Der Prototyp fährt auch, hat aber einige Sicherheitstests nicht bestanden.
Die elektronische Gefahr
Seit Jahren schon verkauft Joyce Darko Buchsen und Bolzen für Autos, LKWs und Schwerfahrzeuge. Aber sie fürchtet um ihr Geschäft. "Die Autos haben jetzt immer mehr Computertechnik, das können wir hier nicht instand setzen", sagt auch Stevenson Apomasu, der Vorsitzender der Entwicklungsorganisation von Suame Magazine. In ein paar Jahren schon könnten viele Mechaniker ihre Jobs verlieren.
Mit dem Fortschritt mithalten
Kofi Boache baut schon seit 20 Jahren Tankwagen für Benzin, Wasser oder Abwasser. Einen Monat dauert es, einen Tankwagen zu bauen. Wie viele andere Mechaniker versucht er, mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten. Dafür wurde nun auch ein Trainingsprogramm aufgesetzt. "Wenn wir nicht aufpassen, wird Suame Magazine zugrunde gehen", sagt Organisationschef Stevenson Apomasu.