Westbalkan: Reisen ohne Visa
16. Juli 2009Nach der Entscheidung der EU-Kommission vom 15. Juli können Bürger Serbiens, Mazedoniens und Montenegros Anfang 2010 ohne Visa in den Schengen–Raum einreisen. Zwar übten einzelne deutsche Politiker deutliche Kritik an der Entscheidung und mahnten, dass dadurch zwei Klassen von Bürgern in Südosteuropa geschaffen würden. Dennoch zeigte sich die albanische Regierung erfreut über die Visafreiheit für Serbien, Mazedonien und Montenegro, auch wenn Albanien zunächst davon nicht profitiert.
Der ehemalige UN-Sonderbeauftragte für Bosnien und Herzegowina, Christian Schwarz-Schilling (CDU), sowie die Grünen-Politikerin Marieluise Beck hatten in Berlin einen Aufruf unterzeichnet. Darin warnten sie, dass viele in Bosnien-Herzegowina oder Kosovo lebende Serben, die mit Wohnort in Serbien gemeldet sind, sowie Kroaten mit serbischen oder kroatischen Pässen den Visazwang umgehen könnten. Die muslimischen Bosnier oder Kosovo-Albaner bleiben aber vorerst von den Reiseerleichterungen ausgeschlossen. Der Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit (Grüne) sprach sogar von einer „Verhöhnung der Kriegsopfer" der 90er Jahre.
„Positive Entwicklung für die ganze Region“
Albaniens Premierminister erklärte jedoch in einem Interview der Deutschen Welle, er befürchte nicht, dass sein Land dadurch benachteiligt werde: „Albanien wurde dadurch nicht diskriminiert. Albanien hat keine biometrischen Pässe. Diese Länder haben bereits seit Jahren ein besseres Identifizierungssystem als Albanien.“ Albanien entwickle erst jetzt dieses System, sagte Berisha und fügte hinzu: „Wir hatten auch nicht erwartet, in der ersten Gruppe der Länder zu sein, ohne biometrische Pässe eingeführt zu haben. Deshalb sehen wir diese Entscheidung als positiv und wichtig an. Es ist wichtig, nicht nur für Albanien, sondern auch für Europa, dass dies auf Grundlage der höchsten Sicherheitsstandards geschieht.“
Berisha zeigte sich zuversichtlich, dass bereits im Laufe des Jahres 2010 auch Albanien die von der EU vorgegebenen Rahmenbedingungen erfüllen kann. Erstmals wurden vor den Wahlen Anfang Juli biometrische Personalausweise an Albaniens Bürger ausgegeben. Daher seien die Visa-Erleichterungen für die Nachbarstaaten ein weiterer Anreiz, die Ausgabe der neuen Pässe auf Grundlage des neuentwickelten zentralen Bevölkerungsregisters voranzutreiben: „Das ist eine sehr positive Entwicklung, nicht nur für die Bürger dieser drei Staaten, sondern für die gesamte Region, die in ihrer europäischen Perspektive geeint ist.“
Neue Chance Mitte 2010
Berishas Zuversicht wurde gestützt durch EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn, der verkündete, dass „die Europäische Kommission ihre Verpflichtung wahren wird, die Visa-Liberalisierung auch für die Bürger von Albanien und Bosnien-Herzegowina anzustreben - Staaten, die jetzt noch nicht die Bedingungen erfüllen.“ Rehn erklärte, dass die EU-Kommission einen entsprechenden Vorschlag Mitte des kommenden Jahres unterbreiten werde, soweit die beiden Staaten die gesetzten Vorgaben erfüllen. Neben der Einführung fälschungssicherer biometrischer Pässe gehört dazu auch die Verstärkung der Grenzkontrollen sowie der Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität. Dem Plan der Visa-Freiheit muss noch der EU-Ministerrat zustimmen.
Kosovo noch ausgeschlossen
Auch nach einer zweiten Runde im kommenden Jahr wird das Kosovo voraussichtlich weiter unter Visa-Pflicht stehen. Das gilt sowohl für die dortigen Serben wie Albaner. Hintergrund ist eine Übereinkunft zwischen Serbien und der EU, wonach die Visa-Freiheit auch in Zukunft nicht für Bürger Serbiens gilt, deren Wohnort im Kosovo liegt. Der stellvertretende serbische Premierminister Bozidar Djelic wies indes Vorwürfe zurück, dass damit Serbien indirekt die Staatlichkeit des Kosovo anerkenne. Dem Sender B92 TV erklärte er, dass Serbien bislang keine Bürger des Kosovo mit biometrischen Pässen ausgestattet habe, da Serbien dort keine Polizeibehörden unterhalte. Allerdings fügte er hinzu, dass sich Serbien um eine Einigung mit der EU bemühe, und dass auch Serben des Kosovo von der Visa-Freiheit profitieren könnten. Die EU-Kommission verlangt hingegen, dass Serben des Kosovo keine neuen Pässe aus Belgrad erhalten. Diese müssten dann die Pässe der Behörden des Kosovo beantragen.
Autor: Fabian Schmidt
Redaktion: Birgit Görtz