Westen fordert rasche Aufklärung
28. Februar 2015Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich "bestürzt" über die "hinterlistige Ermordung" des russischen Oppositionspolitikers Boris Nemzow (Artikelbild) geäußert. Zugleich würdigte sie den Mut des 55-jährigen früheren Vize-Ministerpräsidenten, "der seine Kritik an der Regierungspolitik immer wieder auch öffentlich geäußert hat", wie Merkels Sprecher Steffen Seibert in Berlin erklärte. Die Kanzlerin forderte Russlands Präsidenten Wladimir Putin nachdrücklich auf, "zu gewährleisten, dass der Mord aufgeklärt und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden". Die Botschafter mehrerer EU-Staaten begaben sich zu mit Blumen übersäeten Schauplatz des Attentats (Artikelbild).
Obama: Täter zur Verantwortung ziehen
Ähnlich äußerte sich US-Präsident Barack Obama. Er forderte die russische Führung zu einer raschen, unvoreingenommenen und transparenten Untersuchung des Mordes auf. Moskau müsse sicherstellen, "dass jene, die für diese bösartige Tat verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden", hieß es in einer Erklärung Obamas. Der Präsident würdigte den ermordeten Putin-Kritiker als unermüdlichen Fürsprecher seines Landes. "Ich habe es bewundert, wie mutig sich Nemzow dem Kampf gegen Korruption in Russland gestellt hat", betonte Obama.
Großbritanniens Premierminister David Cameron erklärte, Nemzow sei tot, aber die Werte, für die er eingestanden sei, würden niemals sterben. Nemzow habe es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das Wort für das russische Volk zu ergreifen. "Das hat er ohne Angst getan und Einschüchterung nie nachgegeben." Der französische Präsident Francois Hollande verurteilte den Mord als niederträchtig. Der frühere Vize-Ministerpräsident Nemzow sei ein mutiger und unermüdlicher Verteidiger der Demokratie und ein erbitterter Kämpfer gegen die Korruption gewesen, so der Élysée-Palast.
Gauck: Unermeßlicher Verlust
Bundespräsident Joachim Gauck bekundete seinen tiefen Respekt für den Oppositionspolitiker. Nemzow habe sich couragiert für Freiheit, Demokratie und Frieden eingesetzt und dabei auch Kritik an der Moskauer Regierung nicht gescheut. "Für die gesellschaftliche Debatte in Russland ist sein Tod ein unermesslicher Verlust. Gerade jetzt wird seine Stimme fehlen", ließ der Bundespräsident über seine Sprecherin erklären. Gauck erwarte von allen Verantwortlichen in Russland, dass sie sich für eine vollständige Aufklärung des Mordes einsetzten.
Vorwürfe gegen Putin
Auch Vertreter russischen Opposition zeigten sich schockiert den Mordanschlag und machten die politischen Verhältnisse in Russland für das Verbrechen verantwortlich. Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow warf Putin über Twitter vor, "ein Klima des Hasses und der Gewalt" im In- und Ausland geschaffen zu haben. "Blutvergießen ist die Voraussetzung, um Loyalität zu beweisen", erklärte er weiter. "Dann gehört man dazu." Kreml-Kritiker Michail Kasjanow sagte Reportern, es könne nur eine Deutung der Tat geben: Nemzow wurde erschossen, weil er die Wahrheit gesagt habe.
Dagegen warnte der ehemalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow davor, voreilige Schlüsse zu ziehen. "Gewisse Kräfte werden die Tötung zu ihrem eigenen Vorteil nutzen", erklärte er. "Sie überlegen, wie sie Putin loswerden können." Der Mord ziele darauf ab, "in einer Zeit zunehmender Konfrontation mit dem Westen die Lage im Land zu destabilisieren", sagte Gorbatschow.
wl/SC (dpa, afp,rtr)