Westerwelle fordert Regierungsbildung in Haiti
17. Juli 2011Haiti, eines der ärmsten Länder der westlichen Hemisphäre, kommt trotz zugesagter Milliardenhilfe der internationalen Gemeinschaft nicht auf die Beine. Als Folge des Erdbebens vom Januar 2010 mit mehr als 220.000 Todesopfern sind immer noch mehr als eine Million Menschen obdachlos. Hunderttausende harren in Notunterkünften aus. Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz oder die Johanniter-Unfallhilfe bemühen sich seit dem Beben sehr aktiv um Unterstützung. Wirkliche Fortschritte sehen sie allerdings nicht.
Westerwelle ermahnt politische Führung
Und so nahm auch Außenminister Guido Westerwelle zum Auftakt seines Kurzbesuchs am Sonntag (17.07.2011) in der Hauptstadt Port-au-Prince zunächst die politische Führung in die Pflicht. Das Land müsse aber auch "selbst die Aufgaben erledigen, die es zu erledigen hat". Gleichzeitig bekräftigte er, dass Deutschland Haiti nicht vergessen werde.
Das Auswärtige Amt stellte zur Bewältigung der Katastrophe 5,3 Millionen Euro an Soforthilfe zur Verfügung und für die Aufbauhilfe 40 Millionen Euro. Hinzu kamen private Spenden in Höhe von 30 Millionen Euro.
Keine Regierung - keine Hilfsprojekte
Der Mitte Mai als neues Staatsoberhaupt vereidigte Michel Martelly hatte einen echten Wandel versprochen, bei der Regierungsbildung kam er bis heute nicht voran. Der 50-Jährige war vor seiner Wahl in seiner Heimat vor allem unter seinem Künstlernamen "Sweet Micky" als Musiker bekannt. Das von der Opposition dominierte Parlament lehnte bisher sämtliche von ihm vorgestellte Kandidaten für das Amt des Regierungschefs ab.
Ohne neue Regierung liegen viele Wiederaufbauprojekte auf Eis. Westerwelle forderte deshalb Haitis Parteien eindringlich auf, die Blockade schnell zu beenden. Nach einem Gespräch mit Martelly sagte der FDP-Politiker: "Ich teile die Auffassung des Präsidenten, dass der politische Stillstand schnellstmöglich überwunden werden muss." Es gehe beim Wiederaufbau zu langsam voran.
Martelly seinerseits warb um deutsche Investitionen. Den Vorwurf, die internationale Hilfe versickere in dunkle Kanäle, wies er beim Treffen mit Westerwelle zurück. Allerdings werde das Geld "bislang nicht nach der besten Methode" verwendet.
Cholera nicht eingedämmt
Seit Oktober wütet in dem Karibikstaat zudem die Cholera, an der bereits mehr als 5600 Menschen starben. Es gelang bisher nicht, die Seuche in den Griff zu bekommen. Jeden Tag kommen mehr als 800 Neuinfektionen hinzu.
Neben Krankheit und Armut herrscht in vielen Landesteilen blanke Gewalt. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen beklagen, Plünderungen und Straßenschlachten prägten vielerorts das Bild.
Autorin: Susanne Eickenfonder (mit dapd, dpa)
Redaktion: Stephan Stickelmann/Ursula Kissel