Westerwelle unterstützt den "Maidan"
5. Dezember 2013Eine seit langem geplante Sitzung der Außenminister der OSZE ist der offizielle Grund für den Besuch Guido Westerwelles in Kiew. Doch die anhaltenden Demonstrationen für eine europäische Orientierung der Ukraine gaben dem Aufenthalt des deutschen Außenministers eine neue Wendung. Er besuchte am Mittwochabend (04.12.2013) die ukrainische Opposition auf dem zentralen "Maidan"-Platz in der Hauptstadt. Dort zeigte er sich sichtlich beeindruckt von den großen Protesten. "Hier schlägt das Herz europäisch. Hier merkt man europäische Leidenschaft", sagte Westerwelle.
Zuvor hatte der deutsche Außenamtschef mit dem Führer der Partei "Ukrainische Allianz für demokratische Reformen" (UDAR), Vitali Klitschko, und dem Vorsitzenden des politischen Rates der Partei "Vaterland", Arsenij Jazenjuk, gesprochen. Die Oppositionsparteien führen die landesweiten Demonstrationen an. Hunderttausende fordern dabei auch den Rücktritt der Regierung sowie vorgezogenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Ausgelöst wurden die Proteste von der Entscheidung der ukrainischen Regierung, den Kurs auf eine europäische Integration des Landes zu stoppen.
"Türen zur EU bleiben offen"
Das Interesse der ukrainischen, russischen und westlichen Journalisten an Westerwelles Treffen mit den Führern der ukrainischen Opposition war so groß, dass die Organisatoren die Reporter in Gruppen für das Pressebriefing aufteilen mussten. Westerwelle redete mit Klitschko und Jazenjuk 45 Minuten lang hinter verschlossenen Türen. Nach dem Gespräch wirkten die Politiker sehr angespannt und ernst.
Westerwelle unterstrich erneut, dass der Ukraine die Türen der Europäischen Union offen stünden. "Wir sind als Europäer zu Europäern gekommen", sagte Westerwelle. Deutschland stehe dem Schicksal der Ukraine nicht gleichgültig gegenüber. Das Angebot der EU an die Ukraine, ein Assoziierungsabkommen abzuschließen, sei weiterhin gültig. "Wir wollen die Ukraine an Bord Europas", betonte der deutsche Außenminister.
Klitschko sagte, die Ukrainer hätten mit den Demonstrationen ihren Willen bewiesen, im eigenen Land die europäischen Werte zu festigen und die politische Krise friedlich zu lösen. "Wir freuen uns zu hören, dass die Türen zur EU für die Ukraine offen sind", sagte Klitschko. Auch Jazenjuk zeigte sich zufrieden darüber, dass die Opposition "von den deutschen Freunden die Bestätigung erhalten hat, dass die EU die Türen für die Ukraine offenhält".
Rundgang über den "Maidan"
Nach dem Treffen in einem Hotel am Sophien-Platz machte Westerwelle gemeinsam mit den beiden Oppositionsführern einen Rundgang durch die Kiewer Innenstadt. Ihnen schloss sich Vitali Klitschkos Bruder Vladimir an, der sein Training im Ausland unterbrochen hatte und kurzfristig in die Ukraine gereist war.
Seinen Abschluss fand der Rundgang des deutschen Ministers auf dem Platz der Unabhängigkeit, wo Westerwelle mit Demonstranten sprach. Als von der Bühne auf dem Unabhängigkeitsplatz der Besuch des "Gastes aus dem Bruderland Deutschland" verkündet wurde, reagierten die Menschen mit lauten Rufen der Zustimmung.
Später sagte Jazenjuk zu den Demonstranten, Westerwelles Besuch auf dem "Maidan" zeige, dass die Aufmerksamkeit der Welt auf die Ukraine gerichtet sei. "Das Ausland beobachtet nicht nur unseren Kampf für Rechte, sondern unterstützt ihn auch", so Jazenjuk.
Premier sagt Treffen mit Westerwelle ab
Das endgültige Ziel des Rundgangs sollte, wie zuvor vor Journalisten angekündigt, das Gebäude der ukrainischen Regierung sein. Dort sollte ein Treffen des deutschen Außenministers mit dem ukrainischen Premierminister Mykola Asarow stattfinden. Doch dieser sagte das Treffen mit Westerwelle nach dessen Besuch auf dem "Maidan" kurzerhand ab.
Vladimir Klitschko, der Westerwelle bis zum Auto begleitet hatte, sagte vor Journalisten, er unterstütze alle friedlichen Formen des Protests. Er sei in die Ukraine gekommen, weil er über das gewaltsame Vorgehen der Staatsführung gegen friedliche Demonstranten empört sei. "Jegliches Blutvergießen, Aggressionen jeder Art - sind das Schlimmste, was passieren kann. Ich hoffe, dass die Regierung weise genug ist, damit dies nicht wieder vorkommt", sagte Vitali Klitschkos Bruder.