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Wider den Verfall

30. Mai 2002

Handarbeit und Digitaltechnik sollen Werke der Filmgeschichte retten: In Roms Kinostadt Cinecittà werden jährlich 15 Filme restauriert.

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Neben-, über- und untereinander: FilmrollenBild: AP

Wenn Restaurator Carlo Cotta an die Hunderte von Filmen denkt, die weltweit vom Verfall bedroht sind, sieht er schwarz. In Roms Kinostadt Cinecittà versucht er mit einem Team von zwölf Mitarbeitern, so viel Filmgeschichte wie möglich zu retten.

Hohe Kosten

Während früher alles per Hand gemacht wurde, übertragen die modernen Restaurateure in den Gebäuden aus Mussolinis Zeiten die Fotogramme auf ein Digitalsystem. Zuvor werden sie aber noch immer manuell von Staub und Kleberesten gereinigt. In Cinecittà werden auf diese Weise jährlich 15 Filme gerettet. Zu achtzig Prozent finanziert der italienische Staat die Arbeiten: pro Film zwischen 50.000 und 150.000 Euro. Weitere vier Filme pro Jahr lässt der Zigarettenhersteller Philiph Morris restaurieren.

Die Spielfilme zuerst!

Während berühmte Filme wie etwa Roberto Rosselinis Roma, cittàaperta (Rom, die offene Stadt) schon mehrere Male restauriert wurden, seien bereits neunzig Prozent der Dokumentarfilme weltweit verdorben, beklagt Cotta, der die Restaurierungsarbeiten in Cinecittà seit Jahrzehnten betreut. Die Leidenschaft für das Kino und die Angst um viele tausend Kilometer Filmmaterial ließ ihn nicht in Rente gehen.

Handarbeit digital

In den fensterlosen Räumen seines Reichs zeigt Restaurator Cotta stolz alte und neue Maschinen, mit denen die Filmrollen zunächst abgerollt und in einer besonderen Flüssigkeit schonend gereinigt werden. Am Schneidetisch geht er jedes einzelne Fotogramm durch, um eine Liste der schadhaften Bilder zu erstellen. Wo Risse und Fehler nicht per Hand auszubessern sind, wird Digitaltechnik eingesetzt. Jedes Fotogramm wird in ein Digitalbild umgewandelt, bevor man es beliebig ausbessern kann. Dazu sind ungeheure Speichermengen nötig.

Haltbarkeit 500 Jahre - und dann?

In seinem Reich der dunklen Kammern öffnet der Restaurator jede Filmschachtel liebevoll, etwa um den säuerlichen Geruch vorzuführen, der von "verwesendem" Zelluloid ausgeht. Das sogenannte "vinegar syndrome" ist verantwortlich dafür, dass die wertvollen Bilder erst zu einer marmeladeartigen Masse, dann zu Staub werden und wegen ihres Säuregehalts sogar Löcher in die Metallschachteln fressen. Heute wird als Untergrund für die Fotogramme ein Nylonmaterial benutzt, dass 500 Jahre halten soll. Cotta glaubt aber nicht, dass die Menschen dann noch ins Kino gehen. (epd/arn)