Wie der Verkauf deutscher Pkw auf der Krim weitergeht
4. Mai 2017Beim Unternehmen Krim-Autoholding in Simferopol, der Hauptstadt der Krim, kann man Fahrzeuge der Marke Volkswagen direkt kaufen oder bestellen. Manche Modelle kommen aus den russischen Fabriken der Volkswagen Group Rus in Kaluga und Nischni Nowgorod, manche aus Deutschland. Gleich nebenan ist ein Audi-Zentrum und am anderen Ende der Stadt ein Skoda-Händler. Auch diese Marken gehören zu VW, dem größten deutschen Autobauer.
Verstößt VW damit gegen die Sanktionen, die nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland im Frühjahr 2014 von der EU verhängt wurden? Nein, meint Natalia Kostjukowitsch, Kommunikationschefin der Volkswagen Group Rus. Ihr Unternehmen halte sich strikt an die von der EU auferlegten Restriktionen, sagte sie der Deutschen Welle.
Lieferung von Pkw erlaubt
Entgegen der landläufigen Meinung hat die EU nicht verboten, Autos auf die Krim zu liefern. Dies bestätigte gegenüber der DW das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). "Die Sanktionen verbieten aufgrund der unrechtmäßigen Eingliederung der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol gemäß Art. 2b der Verordnung (EU) Nr. 692/2014 die Ausfuhr der Güter, die in Anhang II dieser Verordnung genannt sind. Anhang II umfasst Güter, die für eine Verwendung in den Schlüsselbereichen Verkehr, Telekommunikation, Energie, Prospektion, Exploration und Förderung von Öl-, Gas- und Mineralressourcen geeignet sind", so das Amt in einem Schreiben an die DW.
Nach Angaben der Behörde fallen unter die Sanktionen auch Kraftfahrzeuge, die zum Befördern von zehn oder mehr Personen bestimmt sind, oder Kraftfahrzeuge zu besonderen Zwecken, wie Abschleppwagen und Kranwagen. Zivile Pkw würden jedoch nicht unter Anhang II fallen. Somit sei deren Lieferung auf die Krim nicht verboten.
Per Schiff über die Meerenge von Kertsch
Mit den EU-Sanktionen sollen physische und juristische Personen bestraft werden, die unmittelbar für die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine verantwortlich sind. Sie sollen aber nicht die breite Bevölkerung Russlands oder der Krim treffen. Daher ist der individuelle zivile Automobilverkehr von den Strafmaßnahmen ausgenommen. Beispielsweise verhängte die EU auch keine Lieferbeschränkungen für Lebensmittel und Medikamente nach Russland.
Wie das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle schreibt, ist "der Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe sowie die Ausfuhr von zivilen Pkw über Russland nicht verboten". Somit stelle auch die Weitergabe an auf der Krim ansässige Händler keinen Verstoß gegen die EU Sanktionen dar. Folglich ist es völlig legal, neue Volkswagen- und Skoda-Autos vom russischen Festland per Schiff über die Meerenge von Kertsch auf die Krim zu bringen.
"Derzeit können ukrainische Importeure keine Autos auf die Krim liefern. Wenn sich die Situation ändert, werden wir über mögliche Lieferwege nachdenken", sagte Natalia Kostjukowitsch von Volkswagen Group Rus. Aus Sicht der ukrainischen Behörden ist allerdings die Lieferung von Waren auf ukrainisches Territorium, zu dem auch die Krim gehört, ohne ukrainische Zollkontrolle grundsätzlich illegal.
Was gibt der Automarkt auf der Krim her?
Die Volkswagen Group Rus gibt keine Verkaufszahlen zu den einzelnen Regionen Russlands bekannt. Auch die offiziellen Händler auf der Krim, einschließlich der Vertreter südkoreanischer Unternehmen, legen keine Umsatzzahlen offen. Anhaltspunkte bieten aber Zahlen aus dem Jahr 2015, die vom russischen Portal AutoBusinessReview veröffentlicht wurden. Damals wurden insgesamt 5800 neue Pkw auf der Krim verkauft. Marktführer war der russische Hersteller AvtoVAZ, der 1960 Lada-Autos verkaufte. An zweiter Stelle lag Volkswagen mit 1225 verkaufen VW-Modellen und 377 Skoda-Wagen.
In persönlichen Gesprächen berichten die Autohändler in Simferopol, dass sie im Jahr 2016 im Vergleich zu 2015 weniger Neuwagen verkauft haben. Grund dafür seien sinkende Einkommen und zunehmende Lieferungen von Gebrauchtwagen.
Dieser Pkw-Verkauf ist strafbar
Offenbar ist vielen europäischen Herstellern der Automobilmarkt auf der Krim zu klein, um sich dort zu engagieren. Auch Marken des deutschen Premium-Segments wie BMW und Daimler sind nicht vor Ort vertreten. Aber das ist nicht der einzige Grund für deren Zurückhaltung. Sie hängt dennoch mit den EU-Sanktionen zusammen. Die Bafa betont, "sanktionierten Personen oder Organisationen dürfen keine wirtschaftlichen Ressourcen bereitgestellt werden, demnach keine Pkw verkauft werden".
Zu diesem Kreis gehören zum Beispiel der Republik-Chef der Krim, Sergej Aksjonow, und der Parlamentsvorsitzende Wladimir Konstantinow. Wer solchen Personen oder Organisationen und Unternehmen, die auf der Sanktionsliste stehen, ein Auto verkauft, gegen den könne in der EU eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden, so das Bafa.