Wie entsteht ein Unterwasservulkan?
18. Januar 2022Normalerweise sind es die sichtbaren Vulkane, die unsere Aufmerksamkeit erregen. Doch ein heftiger Unterwasservulkanausbruch auf der Pazifikinsel Tonga Mitte Januar lenkt die Aufmerksamkeit jetzt auf die Vulkane unter der Meeresoberfläche.
"Zwei Drittel aller vulkanischen Aktivitäten finden in der Tiefsee statt", sagt Christoph Helo, Vulkanologe an der Universität Mainz.
Der Unterwasserausbruch in Tonga verursachte einen Tsunami, der Teile der Hauptstadt des Landes überflutete. Aber im Allgemeinen verlaufen solche Unterwasserexplosionen ohne großes Aufsehen.
"Die meisten Vulkane auf unserem Planeten sind tatsächlich Unterwasservulkane - das ist nichts Besonderes. Sie brechen nur sehr leise aus (nicht explosionsartig), sodass niemand davon Notiz nimmt", so Helo gegenüber DW.
Die genaue Zahl der aktiven Unterwasservulkane ist nicht bekannt, aber die Schätzungen reichen von Hunderten bis Tausenden, sagt Tamsin Mather, Vulkanologin und Professorin für Geowissenschaften an der Universität Oxford.
Wie entstehen Unterwasservulkane?
"Es gibt keinen besonderen Unterschied zwischen submarinen (unter Wasser) und subaerialen (an Land) Vulkanen", so Helo gegenüber DW.
Grundsätzlich entstehen Vulkane, wenn geschmolzenes Gestein in der zweiten Schicht des Erdinneren - dem meist festen oberen Erdmantel - gebildet wird und sich seinen Weg durch die Kruste bahnt.
"Der meiste unterseeische Vulkanismus steht im Zusammenhang mit dem kontinuierlich aktiven Vulkanismus entlang mittelozeanischer Rücken, wo sich zwei tektonische Platten auseinanderziehen", so Mather.
Auch der Zusammenstoß von zwei tektonischen Platten kann einen Vulkan auslösen. Wenn sich beide Platten unter dem Meer befinden, entsteht ein Vulkan eben unter Wasser, so Helo. Und mit der Zeit können diese Unterwasservulkane zu vulkanischen Inseln anwachsen, so Mather.
Vulkanische Aktivität innerhalb einer einzigen tektonischen Platte kann ebenfalls zur Bildung eines Vulkans führen. Dies kann der Fall sein, wenn sich ein Hotspot unter einer ozeanischen Platte befindet und eine Kette von Vulkaninseln wie Hawaii entsteht.
Was passiert beim Ausbruch eines Unterwasservulkans?
Die Auswirkungen eines Unterwasservulkans hängen von seiner Nähe zur Wasseroberfläche ab.
"Wenn die Eruption in sehr großer Tiefe stattfindet, wirkt das Gewicht des darüber liegenden Wassers wie eine Druckkappe", sagt David Pyle, Vulkanologe und Professor für Geowissenschaften an der Universität von Oxford.
Dringt etwas von dem geschmolzenen Gestein in zwei Kilometern Tiefe ins Meer ein, kommt es mit kaltem Meerwasser in Berührung und kühlt sehr schnell ab. Das Wasser wird sehr heiß, aber es wird sich nicht in Dampf verwandeln.
Wenn das Wasser jedoch flach genug ist, erhitzt das Magma das Wasser, welches dann in Dampf umgewandelt wird. Dies führt zu einer großen Volumenänderung. "Dampfexplosionen sind sehr zerstörerisch, weil sich ein kleines Wasservolumen in ein riesiges Dampfvolumen verwandelt", so Pyle gegenüber DW.
Abgesehen von der Gefahr eines Tsunamis können die Unmengen an Asche, die beim Ausbruch eines Unterwasservulkans in seichtem Wasser in die Luft geschleudert werden, ernsthafte Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben.
Die herabfallende Asche und die ausgestoßenen Gase verschmutzen nicht nur die Luft, sondern können auch den Zugang zur Strom- und Wasserversorgung beeinträchtigen, so Pyle.
Mangelnder Zugang, fehlende Daten
Naturgemäß ist es im Vergleich schwieriger, unterseeische Vulkane zu erforschen. "Aufgrund ihrer Unzugänglichkeit wurden bisher nur wenige aktive Standorte im Detail untersucht", so Mather gegenüber der DW.
Wenn Wissenschaftler oberirdische Vulkane untersuchen, können sie vergleichsweise einfach anhand des offensichtlichen Vulkans Daten zu dessen Entstehungsgeschichte zusammentragen. Dies erfolgt etwa durch die Analyse von Felsformationen, durch gezielte Bohrungen oder durch das Einsammeln von vulkanischen Materialien.
Bei Unterwasservulkanen müssen sich die Wissenschaftler dagegen in der Regel auf Meeresvermessungen und Kartierungstechnologien wie Sonar-Ortung verlassen.
"Es ist wie ein wirklich komplizierter Schichtkuchen", sagt Pyle. "Jemand wird diesen ziemlich komplizierten Kuchen backen und dann darauf herumhämmern und ein Loch hineinschneiden. Wenn er über Wasser ist, kann man einfach einen Blick hinein werfen. Wenn er aber in einer Badewanne ist, dann sitzt man in der Klemme."
Der Artikel ist ursprünglich auf Englisch erschienen