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Wie funktioniert ein Weltgipfel?

Rolf Wenkel4. Juni 2004

Angefangen haben die Weltgipfeltreffen 1975 als unverbindliche Plauderstündchen am Kamin. Inzwischen sind sie zu einem gigantischen (Medien-)Ereignis ausgewachsen. Ein Blick auf Themen, Thesen und Temperamente.

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Alles ist vortrefflich angerichtetBild: AP

Das weltweite Wechselkurssystems von Bretton Woods war seinerzeit zusammengebrochen und die Organisation der Erdöl produzierenden Staaten OPEC hatte der Welt den ersten Ölpreisschock versetzt. Die sechs Regierungschefs suchten 1975 ein Forum, auf dem die führenden Industrienationen der Welt Fragen zur internationalen Finanz- und Wechselkurspolitik diskutieren konnten.

Von der Wirtschaft zur Politik

Diese Treffen, an denen heute auch Kanada und Russland teilnehmen, sind längst keine reinen Wirtschaftsgipfel mehr, sie sind politischer geworden, enger orientiert am globalen krisenhaften Tagesgeschehen. Immer neue Themenfelder wurden an die acht Staats- und Regierungschefs herangetragen, von der Entwicklungspolitik über Schuldeninitiativen, Umwelt und Weltklima, Terrorismus und internationale Kriminalität bis hin zu regionalen Wirtschaftskrisen und Konfliktherden.

Lange Vorbereitungszeit

Jeder Gipfel muss arbeitsteilig vorbereitet werden. So treffen sich neben den Staats- und Regierungschefs heutzutage auch regelmäßig die Außen- und Finanzminister, aber auch die Innen-, Umwelt- und Entwicklungsminister. Während sich die Finanzminister und Notenbankchefs der G7 viermal im Jahr treffen, und das auch schon seit den ersten Gipfeltreffen, haben sich die Außenministertreffen erst nach Denver 1997 verselbständigt, ausgelöst durch die neue Vollmitgliedschaft Russlands.

Die politischen Beamten unter der Ebene der Minister stehen im Prinzip das ganze Jahr über miteinander in Kontakt, ebenso wie die Staats- und Regierungschefs indirekt durch ihre Persönlichen Beauftragten zur Vorbereitung der Gipfel, den so genannten Sherpas, miteinander in Kontakt stehen. So wie der nepalesische Sherpa mit seiner Ortskenntnis den Bergsteigern auf den Gipfel im Himalaja hilft, treffen sich die politischen Sherpas regelmäßig, um Tagesordnung, Themen und Entscheidungen des Gipfels vorzubereiten.

Das kann mitunter sehr schnell gehen: So wurde zum Beispiel auf dem Gipfel in Genua 2001 ein mit 1,9 Milliarden Dollar ausgestatteter Globaler Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria beschlossen - die Abstimmung zwischen den Regierungen hatten die Sherpas zuvor in wenigen Wochen bewältigt.

Interessenvertreter an einem Tisch

Gipfeltreffen sind das Ergebnis eines regelmäßigen politischen Austausches zwischen den Gipfeln. In diesen Prozess werden seit einigen Jahren immer stärker auch die so genannten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) beteiligt, die auch Anregungen zu neuen Themenfeldern geben, wie zum Beispiel Bildung, Seuchenbekämpfung, Trinkwasserversorgung in den Entwicklungsländern, oder auf Gefahren aufmerksam machen, zum Beispiel die digitale Kluft zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern.

Staatschefs lieben Abgeschiedenheit

Der Vorsitz der Gruppe der Acht wechselt jedes Jahr. Gastgeber Kanada hatte 2002 den Gipfel in den abgelegenen Bergort Kananaskis in den Rocky Mountains verlegt, um die Gipfelteilnehmer vor allzu viel Rummel, Presse und Demonstranten zu schützen. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac wählte im vergangenen Jahr den kleinen Nobelkurort Evian-les-Bains am Ufer des Genfer Sees als Tagungsort aus. Während der Ort weiträumig abgesperrt war, mussten sich am anderen Ufer des Sees die schweizerischen Behörden mit teilweise gewalttätigen Demonstranten in Genf und Lausanne herumplagen.

US-Präsident George Bush hat für das diesjährige Treffen die kleine Insel Sea Island vor der Küste des Bundesstaates Georgia ausgesucht. Dort werden die Gipfelteilnehmer vermutlich nichts von den Krawallen mitbekommen, die in der nahe gelegenen Hafenstadt Savannah erwartet werden. Im nächsten Jahr wird Großbritannien den Gipfel ausrichten, und im Jahr 2006 wird erstmals Russland Gastgeber sein.