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Politik

Wie reagiert Pakistan auf Taliban-Terror?

Haroon Janjua Islamabad
31. Januar 2023

Es war der verheerendste Terroranschlag in Pakistan seit Jahren: In einer Moschee in Peschawar hat ein Selbstmordattentäter etwa 100 Menschen getötet, die meisten von ihnen Polizisten. Lässt sich die Gewalt eindämmen?

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Pakistan Peshawar Explosion der Polizeilinie
Sicherheitskräfte am 31. Januar 2023 in PeschawarBild: Faridullah Khan/DW

Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 in Afghanistan warnen die Behörden im benachbarten Pakistan vor einer Stärkung der Terrororganisation Tehrik-i-Taliban Pakistan (TTP). Die TTP teilt zwar den Namen mit der afghanischen Terrororganisation und hat Verbindungen zu ihr, agiert jedoch unabhängig. 2022 hat die islamistische Gewalt in Pakistan zugenommen. Im November kündigte die TTP einen brüchigen Waffenstillstand mit der Regierung in Islamabad auf und befahl ihren Kämpfern, Anschläge "wo immer ihr könnt im ganzen Land" zu verüben.

Laut "Pakistan Security Report 2022", der Anfang Januar vom Pakistan Institute of Peace Studies (PIPS) veröffentlicht wurde, haben terroristische Attacken in Pakistan 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent zugenommen. Von den insgesamt 262 Anschlägen im vergangenen Jahr wurden laut Bericht 86 von der TTP verübt.

Der jüngste Anschlag ereignete sich am Montag in einer Moschee in Peschawar. Es handelt sich um einen der blutigsten Anschläge in Pakistan seit Jahren. Die bisher brutalste Attacke der TTP richtete sich 2014 gegen eine Schule in Peschawar: 149 Menschen, darunter 132 Kinder, wurden dabei getötet.

Bei dem jüngsten
 Selbstmordattentat in der Moschee in Peschawar kamen etwa 100 Menschen ums Leben. Mehr als 300 Gläubige sollen sich zum Zeitpunkt der Explosion in der Moschee aufgehalten haben. Die meisten von ihnen waren Polizisten, die sich dort zum Abendgebet versammelt hatten, denn die Moschee befindet sich in einer Hochsicherheitszone. 

Wer sind die pakistanischen Taliban (TTP)?

Ein lokaler Taliban-Kommandeur, der zur Splittergruppe Jamat-ul-Ahrar (JuA) der TTP gehört, reklamierte den Anschlag für sich. Der Angriff sei die Rache für den Tod des TTP-Gründungsmitglieds Omar Khalid Khorasani gewesen, der im Sommer 2022 im Nachbarland Afghanistan getötet worden sei, hieß es.

Ein TTP-Sprecher bestritt jedoch später, dass die Gruppe dafür verantwortlich sei, und behauptete, dass "jede Aktion in Moscheen" gegen ihre "Gesetze" verstoße. Der TTP-Kern versucht also, sich von dem Anschlag zu distanzieren.

Aber Jamat-ul-Ahrar ist eine große und mächtige Splittergruppe der TTP, die an zahlreichen Anschlägen gegen pakistanische Streitkräfte und religiöse Minderheiten beteiligt war. Eine der Hauptforderungen der TTP ist, dass die pakistanische Regierung und das Militär ihre Präsenz im Nordwesten des Landes verringern sollen. Die TTP verübt häufig Anschläge in der Region, die von der Regierung bereits jetzt nur lückenhaft kontrolliert wird.

Pakistan Peschawar | Selbstmordanschlag in Moschee
Bei dem Selbstmordanschlag in der Moschee in Peschawar wurden über 100 Menschen getötetBild: Abdul Majeed/AFP/Getty Images

Die TTP setzt sich aus mehreren militanten sunnitischen Gruppierungen zusammen, die seit 2007 einen mörderischen Feldzug gegen den pakistanischen Staat führen. Obwohl die Islamisten nicht direkt mit den afghanischen Taliban verbunden sind, bekennen sie sich zu ihren Zielen.

Die pakistanische Regierung hat die für zahlreiche Anschläge im ganzen Land verantwortliche Organisation bereits im Jahr 2008 verboten. Auch die Vereinten Nationen und die USA haben die TTP zu einer terroristischen Organisation erklärt. 

Gescheiterte Beschwichtigungspolitik?

Selbst während des angeblichen Waffenstillstands, der im Juni 2022 erklärt und im November aufgehoben worden war, verübte die TTP weiterhin Anschläge. Experten machen die nachgiebige Politik der Regierung in Islamabad gegenüber der TTP und die Einladung zu Friedensgesprächen mitverantwortlich für die zunehmende Gewalt der Extremisten. 

"Wir brauchen eine umfassende Operation, um die Militanz in Pakistan einzudämmen, anstatt eine weiche Politik zu verfolgen", sagte ein ehemaliger Abgeordneter in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa der DW. Die Regierung solle nicht mit Terroristen verhandeln. Auch der pakistanische Außenminister Bilawal Bhutto Zardari verurteilte kürzlich im arabischen Sender Al Jazeera die Beschwichtigungspolitik der vorherigen Regierung unter Premierminister Imran Khan gegenüber extremistischen Gruppen.

Pakistan Polizeistation im Nordwesten attackiert Symbolbild
Bestattungszeremonie für die Opfer des Moschee-Anschlags vom 30. Januar 2023Bild: Str./AFP/Getty Images

"Die Bedrohung Pakistans durch die TTP ist beträchtlich, und sie wächst", ist Madiha Afzal, Wissenschaftlerin des Brookings Institute mit Schwerpunkt Pakistan, überzeugt. "Pakistan hat im Laufe der Jahre viele Versuche unternommen, mit der Gruppe zu verhandeln. Aber die Verhandlungen scheiterten stets daran, dass die Gruppe den pakistanischen Staat und seine Verfassung ablehnt", fügt sie hinzu.

"Die einzige Option des Staates", so Afzal im DW-Interview, sei "eine umfassende Militäroperation wie 2014 durchzuführen". Dies sei aber zurzeit schwierig, weil die TTP die Grenze zum von den Taliban beherrschten Afghanistan überschreiten könnten.

Unterschlupf in Afghanistan

Der Großteil der TTP-Führung operiert von Afghanistan aus, das eine durchlässige, 2600 Kilometer lange Grenze mit Pakistan hat. Nach dem Abzug des US-Militärs aus Afghanistan im August 2021 haben die Extremisten bei den Taliban-Verbündeten in Kabul Unterschlupf gefunden.

Die angespannte Sicherheitslage in Pakistan wird durch eine lang anhaltende Wirtschaftskrise verschärft. "Dieser Anschlag kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Wirtschaft am Abgrund steht“, sagt Maleeha Lodhi, die von 2015 bis 2019 Ständige Vertreterin Pakistans bei den Vereinten Nationen war. 

Adaption aus dem Englischen: Ines Eisele