Wilde Plastikberge auf dem Balkan
Die Westbalkan-Länder leiden unter massiven Umweltproblemen: Kohlekraftwerke, Abholzung und Plastikwahn. Unzählige wilde Mülldeponien verunstalten die Landschaft. Vielerorts fehlt es an Geld - und an Umweltbewusstsein.
Illegale Deponien an jeder Ecke
Der Berg Raduša in Zentralbosnien könnte schön sein - wären da nicht diese Plastik-Müllberge. Schätzungsweise gibt es rund 10.000 größere und kleinere wilde Deponien - und nur fünf legale, die alle Umweltstandards erfüllen. In Bosnien werden nur drei Prozent des Mülls recycelt. Ähnlich ist es auch in der ganzen Balkan-Region.
Eine Stadt im Rauch
Im letzten Sommer brannte es auf der Mülldeponie in Vinča an der Donau einen Monat lang. Der giftige Rauch aus brennendem Plastik, Reifen und Elektromüll breitete sich in der serbischen Metropole Belgrad aus, die in der Nähe liegt. Hier werden täglich 2.700 Tonnen Abfall einfach ausgeladen. In der Tiefe der Müllberge wird leicht entflammbares Methangas freigesetzt - ein Albtraum für die Feuerwehr.
Rudern durch Plastik
Unzählige Plastikflaschen verunreinigen die Flüsse, wie hier in der südlichen Morava in Serbien. Auch Industrieanlagen und Kanalisation verunreinigen die Gewässer - nur acht Prozent der Abwässer werden geklärt. Um die Umweltprobleme in den Griff zu bekommen, soll Serbien auf seinem Weg in die EU rund zehn Milliarden Euro investieren - mehr als der jährliche Staatshaushalt.
Fundstelle für Müllsammler
Die Müllkippe neben der Stadt Gostivar im mazedonischen Nordwesten sieht wie eine illegale Deponie aus: fast alles wird dort weggeworfen, von Ordnung keine Spur. Die Lokalregierung verspricht, ab Juni fünf Millionen Euro von den internationalen Kreditgebern in diese Deponie zu investieren. Eine Recyclinganlage ist nicht geplant - also bleibt es bei einer "Schatzkammer" für einzelne Müllsammler.
Pfand nur auf Glasflaschen
Die Antwort auf die Frage, warum so viel Plastikmüll entsteht, kann man schon im Supermarkt suchen - wie hier in der mazedonischen Hauptstadt Skopje. Besucher aus Westeuropa sind oft überrascht, dass es keinerlei Pfand auf Plastikflaschen und Dosen gibt. Auch in den Nachbarländern Mazedoniens gibt es nur auf Bierflaschen aus Glas Pfand.
Kampf gegen Tüten
Auf dem Weg in die EU werden die zuständigen Ministerien ihre Bürger auf einen kleinen Kulturschock vorbereiten müssen: den Kampf gegen Plastiktüten, die heute noch allgegenwärtig sind und meistens kostenlos an der Kasse verteilt werden. In Albanien werden sie ab dem 1. Juli ganz verboten. Dann wird hoffentlich weniger Plastik an der Küste zu sehen sein, wie hier in Himara am Ionischen Meer.
Adria bringt Müll von den Nachbarn
Aus Albanien soll 80 Prozent dieses Mülls stammen, der im vergangenen Dezember an die kroatische Küste gespült wurde. So sah die Altstadt Dubrovniks - die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört - weniger prachtvoll aus. Die Plastikhaufen wurden schnell entsorgt - zusammen mit einer 800 Kilo schweren Seemine, die unter den Flaschen gefunden wurde.
Ein Fest für die Möwen
Neben der Touristenstadt Split befindet sich die einzige legale Müllhalde in Dalmatien. Laut Eurostat produziert das EU-Mitglied Kroatien 403 Kilo Müll pro Einwohner und liegt damit unter dem EU-Durchschnitt von 480 Kilo. Außer Montenegro (533 Kilo) liegen die EU-Anwärter vom Westbalkan ebenfalls unter dem Durchschnitt (Albanien 396, Bosnien 311, Serbien 268). Es gibt aber fast keine Mülltrennung.
Eine Insel als Vorreiter
Bunte Müllcontainer wirken auf dem Balkan eher exotisch. Ab und zu sieht man Behälter für Kunststoff, zum Beispiel in Belgrad oder Skopje, doch die Mülltrennung bleibt beliebig. Der Vorreiter in der Region ist die kroatische Insel Krk (im Bild), wo 60 Prozent des Abfalls recycelt werden. Krk will bis 2030 die einzige energieautonome Insel Europas werden.