Windenergie als Jobwunder und Jobkiller
11. März 2009Noch ist der Schiffsmotor von Sönke Thadens Fischkutter neben dem Möwengeschrei das einzige Geräusch, das über die weite Wasserfläche der Nordergründe in der Wesermündung hallt. Bald allerdings könnte der rotierenden Flügelschlag von Windkraftanlagen die Möwen übertönen. Denn hier möchte die Bremer Firma Energiekontor bis 2010 ihren Windpark Nordergründe errichten.
Umweltfreundlicher Strom contra Umweltschutz
Offshore-Windkraftwerke erzeugen zwar umweltfreundlichen Strom, liegen aber in den wichtigsten Fanggründen der niedersächsischen Krabbenfischer und die sorgen sich um ihre Existenz. Allein Sönke Thaden holt aus diesem Gebiet zwischen 25 und 45 Prozent seines Jahresfangs. Der Fischer aus Fedderwardersiel hat deswegen zusammen mit sieben weiteren Kollegen der Interessengemeinschaft Elbe-Weser-Fischer eine Sammelklage gegen den Windpark Nordergründe vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg eingereicht.
Es ist nicht das erste Mal, das Fanggründe verloren gingen. Fahrwasservertiefungen oder die Einrichtung von Naturschutzgebieten haben die Krabbenfischer schon verdrängt. Der 39jährige Thaden fischt seit 20 Jahren im Seegebiet der Nordergründe und er will sich diesmal nicht kampflos fügen: "Wir werden uns dagegen wehren." Die Krabbenfischerei sei der letzte intakte Zweig der Fischerei an der ganzen Küste, die man nicht kaputt machen solle.
Windenergie als Chance der Region
Zwar steht für die Krabbenfischer der Arbeitsplatz auf dem Spiel. Viele andere bekommen jedoch neue Jobperspektiven. Durch die Windenergie gibt es in der strukturschwachen Küstenregion einen bisher nie gekannten Wirtschaftsaufschwung: 1000 neue Arbeitsplätze entstehen allein in Cuxhaven direkt. In zwei neuen Werken werden Teile für Offshore-Windenergieanlagen produziert, die künftig den Windparks vor der deutschen Küste aufgestellt werden sollen. Auf diese industriellen Arbeitsplätze will Cuxhavens Oberbürgermeister Arno Stabbert auf keinen Fall verzichten. “Das ist eine Chance für Cuxhaven und das brauchen wir dringend in dieser Region.“
Auch in der weiteren Umgebung sorgen die mehr als 100 Meter hohen Windkraftanlagen für Arbeit. 5000 direkte und mehrere Tausend indirekte Arbeitsplätze in Niedersachsen und Bremen hängen von der Windenergie ab. Betriebe wie der Cuxhavener Komponentenhersteller CSC suchen händeringend weiteres Personal, so Personalchef Holger Hinz: „Die Cuxhaven Steel Construction baut am Standort Cuxhaven 600 Mitarbeiter auf, 600 Arbeitsplätze, die wir mit dieser Qualifikation hier nicht unbedingt finden.“ So veranstaltet die Arbeitsagentur bereits Jobmessen, auf denen Bewerber, vor den Informationsständen der neuen Firmen, Schlange stehen.
Die Hochschule Bremerhaven hat einen Lehrstuhl für Windenergietechnik eingerichtet, das Fraunhofer-Institut forscht in der Stadt und in Cuxhaven drehen sich über den Dächern der neuen Fabrikhallen bereits seit längerem mehrere Versuchsanlagen für die Offshore-Technik.
"Risiken überbetont"?
Wolfgang von Geldern, der Vorsitzende des Wirtschaftsverbandes Windkraftwerke weist bei allem Verständnis für die Kritik an den Auswirkungen der Windparks auf die grundsätzliche Bedeutung der erneuerbaren Energieerzeugung hin: „Man hat die Risiken in der Anfangszeit immer überbetont. Inzwischen hat man sich an das Landschaftsbild mit Windkraftanlagen weitgehend gewöhnt."Außerdem werde erkannt, dass Windenergie viele Arbeitsplätze schaffe und eben doch eine Alternative darstelle zu immer teurer werdenden anderen Energien wie Öl. Und die Menschen sähen, dass es im Sinne des Klimaschutzes notwendig sei, auf erneuerbare und emissionsfreie Energien umzusteigen. "Die Offshore-Entwicklung, die ja für Cuxhaven ganz besonders wichtig und arbeitsplatzintensiv sein wird, wird das fördern.“
Daher unterstützt das Bundesumweltministerium die Erforschung der Offshore-Windenergie im Test-Windpark Alpha Ventus. Nördlich von Borkum sollen sich nach mehreren Verzögerungen in diesem Frühjahr die ersten Windräder drehen.