Microsoft hofft auf Windows 10
29. Juli 2015Microsoft-Chef Satya Nadella steht unter Druck. Wie sehr, das haben die letzten Quartalszahlen des Konzerns gezeigt: 3,2 Milliarden Dollar Verlust - soviel Minus hat Microsoft in seiner Geschichte noch nie gemacht. Vor allem die Übernahme des finnischen Handy-Pioniers Nokia hat sich als Fehlkauf erwiesen. Jetzt soll das Betriebssystem Windows als bisheriger Umsatzgarant wieder ran - das neue Windows 10 soll für Microsoft der Schlüssel zur Zukunft werden. Und die heißt: Windows überall und immer mit dem Internet verbunden.
Smartphone, Tablet, Spielekonsole - Windows 10 soll überall sein
Wer jetzt bei der Veröffentlichung nur auf das PC-System schaut und auf die Unterschiede, die es zu den Vorgängerversionen Windows 7 und Windows 8 gibt, der tut Microsoft Unrecht. Hinter Windows 10 steckt eine Vision - sagt zumindest der Konzern und begründet damit auch, warum man die Versionsnummer 9 gleich komplett übersprungen hat. Mit Windows 10 will Microsoft ein System etablieren, dass nicht nur auf dem PC läuft, sondern ebenso auf Smartphones, Tablets oder Spielekonsolen. Motto: Alle Geräte lassen sich einheitlich bedienen - und alle wichtigen Daten des Nutzers sind schon da; sie werden per Internet über die Cloud automatisch zwischen den Geräten ausgetauscht.
Windows - kein Produkt mehr, sondern ein Service
Gleichzeitig heißt das: Microsoft stellt sein komplettes Geschäftsmodell auf den Kopf. Bisher hat man gut davon gelebt, immer neue Softwareversionen herauszubringen und diese zu verkaufen. Windows 10 dagegen soll das für das lange Zeit letzte Windows sein und es soll zudem an viele Nutzer kostenlos abgegeben werden. Geld verdienen will Microsoft natürlich weiterhin - jetzt allerdings mit Produkten und dem Service rund um Windows. Neue Funktionen und Programme, mehr Cloud-Speicherplatz für die eigenen Daten - all das wird man künftig über den in Windows 10 eingebauten Softwareshop von Microsoft kaufen können. Das erklärt auch, warum Microsoft sich jetzt so scheinbar spendabel zeigt: Nutzer von Windows 7 und Windows 8 können innerhalb des kommenden Jahres kostenlos auf Windows 10 umsteigen. Eine Art Lockangebot, denn Microsoft hat ein großes Interesse daran, dass sich Windows 10 möglichst schnell verbreitet - ohne die entsprechende Basis wird es keine Nachfrage nach weiteren Programmen und Dienstleitungen für Windows 10 geben.
Microsoft nimmt sich Apple als Vorbild
Ob die Rechnung aufgeht, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen - etwa ein bis zwei Jahre dürfte es dauern, bis Windows 10 für eine wirklich breite Palette an Geräten wie Smartphones oder Tablet-Computern zu Verfügung steht. Und erst dann wird das Betriebssystem seine Vorzüge voll ausspielen können. Wie es geht, das hat vor allem Konkurrent Apple vorgemacht. Daten lassen sich dort schnell und unkompliziert zwischen iPhone, iPad und den Mac-Computern für den Schreibtisch austauschen. Zudem hat Apple auf allen Geräten einen Softwareladen etabliert, in dem Drittanbieter ihre Programme einstellen können - bei jedem Kauf verdient Apple mit.
Vor allem Unternehmenskunden muss Microsoft überzeugen
Die große Stärke von Microsoft liegt nach wie vor im Bereich der klassischen Arbeitscomputer, wie sie vor allem in Unternehmen nach wie vor eingesetzt werden. Weltweit laufen etwa 90 Prozent der Computer mit Windows. Im Bereich der mobilen Geräte - vor allem Smartphones und Tablet-Computer - hat Microsoft den Anschluss dagegen verschlafen: Die Geräte mit Windows Phone kommen bisher nur auf einen verschwindend geringen Marktanteil, hier beherrschen Googles Android-System und Apples iOS den Markt. Ob Microsoft mit Windows 10 der Ausbruch aus der Welt der Arbeits- und Bürocomputer gelingt, wird damit nicht nur die kommenden Quartalszahlen bestimmen. Es wird auch zeigen, ob Microsoft-Chef Satya Nadella mit seiner Vision von der Zukunft des Konzerns richtig liegt.