"Winterpaket" im Gasstreit auf dem Tisch
26. September 2014Mehrere Stunden verhandelten die russischen und ukrainischen Energieminister Alexander Nowak und Juri Prodan in Berlin unter Vermittlung des EU-Energiekommissars Günther Oettinger über eine Lösung im Gasstreit beider Länder. Denn es gab etlichen Gesprächsstoff: Russland hatte im Juni seine Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt. Seitdem streiten die Verhandlungspartner über offene Rechnungen, die Kiew noch begleichen muss. Uneinigkeit herrscht unter anderem über den genauen Preis, den die Ukraine für bereits geliefertes Gas zahlen muss.
Nach mehreren erfolglosen Verhandlungsrunden zogen beide Parteien schließlich vor ein internationales Schiedsgericht in Stockholm. Die Ukraine besteht auf einem marktgerechten Gaspreis, nach Angaben von Oettinger etwa 3,1 Milliarden Dollar für die ausstehenden Rechnungen. Sollte Russland Recht erhalten, müsste die Ukraine etwas mehr als 5 Milliarden Dollar zahlen. Oettinger sagte, als er zwei Stunden später als angesetzt vor die Presse trat, er erwarte eine Entscheidung des Schiedsgerichts nicht vor dem Frühjahr 2015.
Unterschrift in der nächsten Woche?
Doch da die Ukraine ein wichtiges Transitland für russisches Gas nach Europa ist, möchte die EU nicht auf den Beschluss warten und versucht zwischen den Partnern zu vermitteln. Eine mögliche Interimslösung sieht nun vor, dass die Ukraine bis Ende Oktober zwei Milliarden Dollar an Russland überweist. Darüber hinaus verpflichtet sich das Land bis Jahresende weitere 1,1 Milliarden Dollar zu zahlen. Insgesamt also die 3,1 Milliarden Dollar, die die Ukraine bereit ist für ihre offenen Rechnungen zu begleichen. Sobald die erste Tranche eingegangen sei, so EU-Energiekommissar Oettinger, werde Russland im Gegenzug bis März nächsten Jahres fünf Milliarden Kubikmeter Gas gegen Vorkasse an die Ukraine liefern. Bei Bedarf sei Russland bereit, das Gasvolumen auf bis zu zwölf Milliarden Kubikmeter zu erhöhen. Der Preis für diese Lieferungen werde 385 Dollar betragen.
Ob die 3,1 Milliarden Dollar für bereits geliefertes Gas die Schulden vollständig tilgen, werde erst im Frühjahr vom Schiedsgericht entschieden. Möglicherweise werde die Ukraine noch eine weitere Summe überweisen müssen.
Es sei im Interesse von allen eine mögliche Gasknappheit in diesem Winter zu vermeiden, sagte Oettinger. Denn diese führe zu kalten Wohnungen sowohl in der Ukraine als auch in Europa. Die Verhandlungspartner hätten aber in einem "intensiven" Gespräch einen tragfähigen Entwurf erarbeitet. Er sei zuversichtlich, dass das "Winterpaket" die Zustimmung aller Beteiligten findet. Die Chance auf eine Unterschrift aller noch vor Ende nächster Woche sei sehr groß.
Ukraine hält sich bedeckt
Der russische Minister Nowak sprach von "einigen offenen Fragen" und "unterschiedlichen Sichtweisen". Insgesamt aber seien die Gespräche gut vorangeschritten, das Winterpaket "zufriedenstellend". Sobald die letzten Detailfragen geklärt seien, werde er seiner Regierung empfehlen, das Paket anzunehmen. Bis Ende nächster Woche werden die Verhandlungspartner nach Angaben von Oettinger wieder in Berlin zusammentreffen, bis dahin haben die Regierungen in Moskau und Kiew Zeit, um dem Paket zuzustimmen.
Der ukrainische Minister Prodan hielt sich bedeckt: Er habe andere Modalitäten vorgeschlagen, die aber abgelehnt worden seien. Die ukrainische Regierung sei aber, so Prodan, kompromissbereit. Die Ukraine sei bereit die 3,1 Milliarden Dollar zu zahlen. Die Zahlung müsse aber "unbedingt an die Gasversorgung geknüpft sein". Prodan betonte, dass die Transitlieferverträge für die Zeit nach März 2015 neu aufgelegt werden müssten, um eine stabile Gasversorgung für Europa und die Ukraine zu ermöglichen. Die Bedingung dafür sei ein marktgerechter Preis für die Ukraine.