DW: Einige Forscher suchen nicht nach besseren Klärmethoden, sie wollen sich darum kümmern, dass das Wasser gar nicht erst so stark belastet wird. Ist das der richtige Weg?
Dietrich Borchardt: Dieser Weg ist grundsätzlich richtig und auch innovativ. Er wird gebraucht, um mit Gewässerbelastungen, zum Beispiel durch Arzneimittel oder Hormone, umzugehen.
Warum sind Wissenschaftler nicht schon früher darauf gekommen, gefährliche Substanzen gleich so zu entwickeln, dass sie im Wasser biologisch abbaubar sind?
In der Vergangenheit hat man erst lernen müssen, dass Stoffe in sehr geringen Mengen in der Umwelt giftig und nachteilig sind und dass beispielsweise Abbauprodukte von Stoffen giftiger sind als der Ausgangsstoff. Man hat als Reaktion darauf versucht, die Mengen von Stoffen, die eingesetzt werden, zu vermindern. Erst vor kurzem wurde festgestellt, dass diese Stoffe in sehr kleinen Konzentrationen in Gewässern vorkommen, aber eben auch in den Abläufen der Kläranlagen. Das hat uns wiederum gezeigt, dass die Abbauvorgänge in den Kläranlagen nicht vollständig sind.
Wissenschaftler haben ein Krebsmedikament entwickelt, dass im Wasser biologisch abbaubar ist. Lässt sich das einfach so auf andere Medikamente oder auf andere gefährliche Substanzen übertragen?
Das Prinzip lässt sich auf andere Substanzen übertragen. Man spricht auch von Chemikalien-Design. Aber wir stehen erst am Anfang. Die Forschung versucht das jetzt auf Stoffe anzuwenden, die in großen Mengen verwendet werden.
…zum Beispiel?
Da geht es zum Beispiel um Pflanzenschutzmittel, Pestizide im weitesten Sinne, aber auch um andere Chemikalien. Das ist der Ausgangspunkt. Es sind große Mengen von Stoffen, die eingesetzt werden, und sie haben ein schlechtes Abbauverhalten in der Umwelt.
Reicht es aus, auf biologisch abbaubare Medikamente zu setzen, damit das Wasser ausreichend sauber ist? Oder sind auch Politik und Wissenschaft gefordert, um bei der Landwirtschaft anzusetzen?
Wir müssen in den Dimensionen des Wasserkreislaufs denken. Wasser, das sind die Oberflächengewässer und das Grundwasser, nicht nur der Abwasserpfad. Wir trinken das Wasser und scheiden dadurch Stoffe aus. Damit landen sie im Abwasser. Wir haben auch große Mengen dieser Stoffe, die in der Landwirtschaft oder in der Tierproduktion eingesetzt werden und dann in die Gülle gelangen. Die Gülle wiederum wird flächendeckend auf die Felder gebracht, teilweise ausgewaschen und landet wieder im Grundwasser. So gelangen diese Stoffe auch über diesen Weg in die Umwelt. Wie gravierend dieses Problem sein kann, mussten wir beim Nitrat lernen.
Interview: Maria Grunwald