Wirbel um Zypern-Hilfe
20. Dezember 2012Zypern ist eines der kleinsten EU-Länder. Trotzdem könnte sich die Rettung der Insel vor dem Staatsbankrott noch als kompliziert und politisch brisant erweisen. Dabei geht es einmal um die Höhe der Summen. Der zyprische Finanzminister Vassos Shiarly hat die benötigten Kredite auf gut 17 Milliarden Euro beziffert.
Absolut gesehen ist das sehr wenig, verglichen mit den Hilfen für Griechenland, Portugal und Irland. Gemessen an der zyprischen Wirtschaftsleistung dagegen sind 17 Milliarden eine enorme Summe: Genauso hoch ist das gesamte jährliche Sozialprodukt. Noch nie hätte die EU für einen so hohen Anteil geradegestanden. Aber es taucht ein vielleicht noch größeres Problem auf.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) verlangt, so ein Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ vom 20.12.2012, von den Europäern einen Schuldenschnitt privater Gläubiger. Sonst werde Zypern trotz aller Spar- und Reformbemühungen seine Schuldenlast nicht tragen können. Ohne Schuldenschnitt, so die "Süddeutsche Zeitung", werde sich der IWF nicht an einem Rettungspaket für Zypern beteiligen.
Der griechische Schuldenschnitt sollte ein Einzelfall sein
Einen Schuldenschnitt hat es bisher nur einmal, nämlich Anfang des Jahres bei Griechenland und dann auch nur nach sehr schwierigen und langen Verhandlungen mit den Banken gegeben. EU-Regierungen wurden damals nicht müde zu betonen, Griechenland sei ein besonders schwieriger Einzelfall. Deswegen werde es einen weiteren Schuldenschnitt nicht geben. Manche Politiker haben diesen Weg später auch als Fehler bezeichnet. Man hatte Angst, die Investoren zu verschrecken.
Würde das Versprechen nun gebrochen und Gläubiger müssten erneut verzichten, ginge viel von dem mühsam aufgebauten Vertrauen in die Währungsunion wieder verloren. Anleger müssten dann fürchten, vielleicht auch in anderen, viel größeren Ländern wie Spanien irgendwann verzichten zu müssen.
Eine Beteiligung des IWF ist für besonders stabilitätsorientierte Länder wie Deutschland und die Niederlande aber ungeheuer wichtig. Sie glauben, der IWF mit seinen strengen und weltweit angewandten Kriterien werde für mehr Disziplin sorgen, während die Europäer eher mal nicht so genau hinsehen, wenn es darum geht, sich untereinander zu helfen. Allein die Drohung eines IWF-Ausstiegs könnte in Zypern den Druck deutlich erhöhen, die Probleme zu lösen, die zu den Schwierigkeiten geführt haben.
Nicht jedes EU-Land ist auf Zypern gut zu sprechen
Wie nah Zypern vielleicht schon am Abgrund steht, zeigte die Warnung eines hohen Beamten im Finanzministerium. Christos Patsalides sagte vor einigen Tagen im Parlament in Nikosia, wenn das Land nicht "in den kommenden Tagen" 250 bis 300 Millionen Euro erhalte, werde es seinen Schuldendienst nicht mehr aufrechterhalten können. Das mag übertrieben und ein Druckmittel gegenüber den Geldgebern gewesen sein.
Jedenfalls wird es noch Wochen dauern, bis der erste Euro die Insel erreicht: Im Moment sondiert die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF die Lage auf Zypern. Ende Januar wollen die Finanzminister der Eurogruppe dann zu dem Hilfsantrag Stellung nehmen. Und dann ist noch keineswegs sicher, dass sie zustimmen. Als politische Schwierigkeit kommt für die "Rettungseuropäer" hinzu, dass Zypern einst mit sehr niedrigen Steuern einen riesigen Bankensektor aufgebaut hat, der dann im Zuge der Finanz- und Schuldenkrise in Schieflage geriet. Diese zyprische Geschäftsgrundlage war anderen Ländern mit höheren Steuern immer ein Dorn im Auge.
Außerdem gab es immer wieder Vorwürfe der Geldwäsche. Die zyprischen Banken zu retten, würde nun für die Kreditgeberländer bedeuten, mit Steuergeldern eine Konkurrenz aufrechtzuerhalten. Lassen sie die zyprischen Banken dagegen fallen, riskieren sie, dass die Insel ihre wichtigste wirtschaftliche Säule verliert. Hohe Arbeitslosigkeit und Rezession wären die Folge. Wie immer sich die EU entscheidet, leicht wird es auf keinen Fall.