Wird Israel vom Fußball-Weltverband FIFA suspendiert?
1. Oktober 2024Wie lauten die Vorwürfe gegen Israels Fußballverband?
Der palästinensische Fußballverband (PFA) beruft sich auf Artikel 4 der FIFA-Statuten. Darin steht, dass "jegliche Diskriminierung gegen ein Land oder eine Gruppe von Menschen" vom Fußball-Weltverband mit "Suspendierung oder Ausschluss" bestraft werden kann. Die PFA wirft dem Staat Israel "Menschenrechtsverletzungen" vor, dem israelischen Fußball-Verband (IFA) wird dabei "eine Mittäterschaft" unterstellt.
Konkret bezeichnet die PFA die Maßnahmen der israelischen Regierung im Gazastreifen, die auf den Angriff der militanten, islamistischen Gruppe Hamas am 7. Oktober 2023 folgten, als "Völkermord". Es seien Fußballspieler und Schiedsrichter getötet und Sportstätten zerstört worden. Zudem lasse Israels Verband Rassismus und Diskriminierung gegen palästinensische Teams und Spieler zu und verhindere eine unabhängige Tätigkeit der PFA.
Des Weiteren wehrt sich die PFA dagegen, dass Klubs aus israelischen Siedlungen auf palästinensischem Gebiet im Ligabetrieb spielen. Auch das verstoße gegen FIFA-Statuten.
Was sagen die beiden Seiten?
Die FIFA könne es sich "nicht leisten, gegenüber diesen Verstößen oder dem anhaltenden Völkermord in den palästinensischen Gebieten gleichgültig zu bleiben", sagte PFA-Chef Jibril Rajoub, als er im Mai in Bangkok in seiner Rede vor dem FIFA-Kongress die Suspendierung des israelischen Verbandes forderte. "Herr Präsident, der Ball liegt bei Ihnen", sprach er damals FIFA-Präsident Gianni Infantino direkt an.
Die IFA ist sich dagegen sicher, dass der Antrag der PFA folgenlos bleiben wird. "Eine Suspendierung steht überhaupt nicht zur Debatte. Wir sind sicher, dass die Prüfung sachlich und fair sein wird und dass sie erneut alle unsere Argumente bestätigen wird", hieß es in einer Äußerung gegenüber der ARD-Sportschau. Israels Verbandschef Shino Moshe Zuares bezeichnete die Forderungen seines Kollegen als "zynischen Versuch, dem israelischen Fußball zu schaden".
Wer entscheidet über den Antrag?
Die Entscheidung, ob Israels Verband sanktioniert oder sogar suspendiert wird, sollte eigentlich am 3. Oktober im FIFA-Council fallen. Doch sie wurde erneut vertagt. FIFA-Chef Infantino sprach von einer "sehr sensiblen Angelegenheit". Die Disziplinarkommission des Weltverbands soll nun die Vorwürfe des palästinensischen Verbands prüfen.
Eigentlich hätte das Council bereits im Juli vor den Olympischen Spielen in Paris einen Beschluss fassen sollen, die Entscheidung wurde jedoch schon damals vertagt. Zur Beratung wurden unabhängige Experten hinzugezogen. Laut Informationen der Sportschau soll es sich dabei um eine Anwältin aus Rumänien und einen Juristen aus der Schweiz gehandelt haben.
Dem FIFA-Council gehören neben Infantino sieben Vizepräsidenten, eine Vizepräsidentin und 28 weitere Mitglieder an. Bernd Neuendorf, Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) ist eines von ihnen. Insgesamt besteht das Council also aus 37 Mitgliedern, sieben Frauen und 30 Männern. Weder die PFA noch die IFA stellen derzeit ein Mitglied im Council.
Wie positioniert sich der Deutsche Fußball-Bund?
Der DFB unterstützt den israelischen Verband. Es gilt nach wie vor das, was in einer Stellungnahme kurz nach dem Massaker der Hamas im Oktober 2023 stand: "In dieser schwierigen Situation steht der Fußball in Deutschland fest an der Seite unserer Freunde und Partner in Israel."
Gab es früher bereits Fälle von suspendierten Verbänden?
Dass die FIFA Mitgliedverbände suspendiert, kommt häufiger vor, als man vermuten würde. In der Regel sanktioniert der Weltverband dabei aber rechtliche oder politische Einflussnahme im jeweiligen Mitgliedsverband. So wurde 2022 beispielsweise der indische Verband AIFF suspendiert, weil Indiens oberstes Gericht ihn zuvor aufgelöst hatte und anstelle der bisherigen AIFF-Führung ein dreiköpfiges Komitee eingesetzt hatte. Im gleichen Jahr wurden auch die Verbände aus Kenia und Simbabwe vorübergehend suspendiert, weil die Regierungen zu großen Einfluss genommen hatten.
Ein anderer Fall sind die Suspendierungen von Russland und Belarus. Nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) seinen Mitgliedsverbänden - zu denen auch die FIFA gehört - empfohlen, Mannschaften und Sportler aus Russland und Belarus vom Wettkampfbetrieb auszuschließen. Damit sollte die "Integrität des Sports" gewahrt werden, so das IOC.
Die FIFA folgte dieser Empfehlung. Der russische Fußballverband klagte dagegen vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS. Die Klage wurde abgewiesen.
Der Artikel wurde nach der Sitzung des FIFA-Councils vom 3. Oktober aktualisiert.