WM 2023: Deutschland kassiert Niederlage gegen Kolumbien
30. Juli 2023"Das ist ein Auswärtsspiel, definitiv", sagte Joti Chatzialexiou, der Leiter Nationalmannschaften beim DFB zur Halbzeit. Das Publikum im Stadion von Sydney hatte offenbar einen klaren Favoriten, und das waren nicht die Deutschen. Schon bei den Nationalhymnen vor dem Anpfiff bebte das mit über 40.000 Fans gefüllte Stadion, als das Lied Kolumbiens abgespielt wurde. Das Playback war eigentlich gar nicht nötig, so inbrünstig und laut sangen Fans und Spielerinnen in gelb und blau mit.
Diese Leidenschaft spiegelte sich auch auf dem Platz wider. Schon in der Anfangsphase gab´s die erste Großchance für die Südamerikanerinnen, als Mayra Ramirez nach einer Ecke ihren Kopfball links am Tor vorbeisetzte. Und auch sonst: Wo immer die DFB-Frauen hin passten in diesem zweiten Gruppenspiel der WM in Australien in Neuseeland, waren schon zwei Kolumbianerinnen.
Die befürchtete Härte bleibt aus
Was übrigens nicht an mangelnder Einstellung oder mangelndem Einsatz der Deutschen lag. Kolumbien war einfach wacher. Und auch die befürchtete Unfairness blieb aus. "Wir können das auch", hatte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg vor der Partie mit Blick auf die den Kolumbianerinnen nachgesagte übertriebene Härte angekündigte und dabei vor allem auf Lena Oberdorf verwiesen. Die machte auch ein starkes Spiel, hielt dagegen wo es nötig war und beteiligte sich am Aufbau.
Die ganz großen kreativen Momente aber blieben aus. Eine dicke Möglichkeit nach 42 Minuten, vergeben von Alexandra Popp - das war´s in der ersten Halbzeit. "Ich habe mit ein bisschen mehr gerechnet, was die Nicklichkeiten angeht", sagte Popp nach dem Spiel. Daran habe es nicht gelegen, wie auch nicht an der Atmosphäre.
Wunderkind mit Wundertor
"Es wirkte alles bisschen hektisch, bisschen unruhig", resümierte die Bundestrainerin nach dem Schlusspfiff im ZDF, das habe man in der Halbzeit auch angesprochen. Aber nach der Pause wurde der deutsche Auftritt nicht viel zwingender. Im Gegenteil - einen Schuss von der Strafraumgrenze konnte die DFB-Abwehr noch blocken, der Ball fiel Wunderkind Linda Caicedo in der 52. Minute halblinks vor die Füße.
Die 18-Jährigen von Real Madrid ließ mit zwei Körpertäuschungen zwei deutsche Abwehrspielerinnen aussteigen und schlenzte gefühlvoll aus zehn Metern in den rechten Torwinkel - ein Traumtor, mit dem Caicedo unterstrich, dass sie ein Weltstar werden könnte. Wenig später allerdings zog sie nicht richtig durch, sonst hätte die junge Kolumbianerin mit Sicherheit das 2:0 erzielt.
Tiefschlag in der Nachspielzeit
So fiel der Ausgleich fast schon aus heiterem Himmel. Lea Schüller legte mit der Hacke vor, Lena Oberdorf umspielte die kolumbianische Torhüterin, die sich nur noch mit einem Foul zu helfen wusste. Alexandra Popp verwandelte den fälligen Strafstoß in der 88. Minute sicher in die Mitte. Es war Popps dritter Turniertreffer, das Unentschieden schien sicher.
Aber dann, in der 7. Minute der Nachspielzeit, gab es nochmal Eckball für die Kolumbianerinnen. Megastar Caicedo war gerade ausgewechselt worden und zitterte mit ihren Kameradinnen auf dem Platz. Manuela Vanegas wurde perfekt freigeblockt und traf per Kopf vom Elfmeterpunkt aus unbedrängt zum 2:1-Endstand.
"Es ist einfach megabitter, das Spiel durch so einen Standard zu verlieren. Das ganze Spiel hat uns der letzte Druck Richtung Tor gefehlt. Das Spiel hatten wir eigentlich unter Kontrolle", klagte Popp nach der Partie. Den fehlenden Druck, den fehlenden Mut, versuchte Martina Voss-Tecklenburg anschließend damit zu erklären, dass mache "vielleicht einen Ticken zu viel" wollte. Und vielleicht hat die Stimmung im Stadion von Sydney ja doch eine Rollte gespielt.
Aktuell ist das deutsche Team in der Tabelle der Gruppe H nur noch Zweiter hinter Kolumbien. Verloren ist aber noch nichts. Ein Sieg letzten Gruppenspiel gegen Südkorea, und Deutschland wäre weiter.