Ausblick 2026: Nordamerikas Mega-WM
17. Dezember 2022Die WM 2022 ist fast vorbei und damit ziehen großer Veränderungen am Horizont des wichtigsten Fußball-Turniers der Welt auf. Nach der politisch aufgeladenen WM der kurzen Wege im Golf-Emirat Katar, bei der sich alles inklusive der acht Stadien in und rund um die Hauptstadt Doha drehte, richtet sich der Blick auf das Turnier im Jahr 2026, das ein in jeglicher Hinsicht größeres werden wird.
Im Gegensatz zu Katar erwartet die Teams 2026 ein Turnier der großen Distanzen. Die WM wird in den USA, Kanada und Mexiko und damit auf dem gesamten nordamerikanischen Teilkontinent ausgetragen und findet erstmalig in drei Gastgeberländern statt, nachdem sie 2002 in Japan und Südkorea zum ersten und bis heute einzigen Mal von zwei Nationen gemeinsam ausgerichtet worden war.
Ein nie gekannter WM-Gigantismus, der sich auch in der Anzahl der Teilnehmer widerspiegelt: Erstmalig wird 2026 eine WM-Endrunde mit 48, statt wie letztmalig in Katar mit 32 Mannschaften ausgetragen. Mehr Teilnehmer bedeuten mehr Spiele (je nach Modus 80 statt 64 oder sogar mehr), mehr Stadien (16 Stadien statt acht wie in Katar) und vor allem: mehr Geld!
Und auch mehr sportlich Unerwartetes wie der 2:1-Sieg Saudi-Arabiens über Argentinien im ersten Spiel der Gruppe C bei dieser WM? "Wir werden bei dem Turnier [2026, Anm. d Red.] mehr Überraschungen von Teams aus Afrika und Asien sehen", sagte Jürgen Klinsmann, Chefanalyst der technischen Studiengruppe der FIFA, zuletzt vor Reportern.
Zurück in den Juni und Juli
2026 wird die WM im Vergleich zu Katar, wo das Turnier aufgrund der Terminlage mitten in der Saison der meisten Top-Ligen in einem recht kurzen vier Wochen-Zeitraum gespielt wurde, wohl auch deutlich länger andauern. Außerdem wird die WM in ihren angestammten Zeitraum des Jahres im Juni und Juli zurückkehren. Die genaue Terminierung für das Turnier steht allerdings noch aus.
Festgelegt hat die FIFA hingegen bereits die 16 Spielorte in den drei Ländern. Laut aktueller Planung sollen in Mexiko mit den Spielorten Guadalajara, Monterrey und Mexiko-Stadt sowie in Kanada mit den Spielorten Vancouver und Toronto jeweils zehn WM-Spiele stattfinden.
Die restlichen Spiele, inklusive der kompletten K.o.-Phase, sollen im Haupt-Ausrichterland USA stattfinden. Hier sind New York, Boston, Atlanta, Miami, Philadelphia, Kansas City, Dallas, Houston Seattle, San Francisco als Spielorte vorgehen - und Los Angeles, vor dessen Toren im Rose Bowl Stadium von Pasadena mit dem Finale 1994 das bislang letzte WM-Spiel in den USA stattgefunden hat.
Revolution im Gruppenmodus?
Fraglich bleibt, in welchem Modus die 48 Teilnehmer die Gruppenphase ausspielen werden. Weil bei 48 Teilnehmern in Vierergruppen - würden wie gehabt die beiden Gruppenersten in die K.o.-Phase einziehen - 22 Teams weiterkämen, würde der Modus mit dann elf Mannschaften in der zweiten K.o.-Runde nicht mehr aufgehen. Diskutiert wurden daher verschiedene Varianten: Zwölf Vierergruppen, aus denen dann zusätzlich die acht besten Drittplatzierten und somit insgesamt 32 Mannschaften weiterkommen würden. Oder die Variante mit 16 Dreiergruppen, aus denen jeweils die ersten beiden und somit ebenfalls 32 Teams weiterkommen würden.
Die FIFA fürchtet bei der Dreiergruppen-Variante aber offenbar zu viele bereits entschiedene Konstellationen vor dem letzten Spieltag und damit bedeutungslose dritte Gruppenspiele. Außerdem bestünde die Gefahr von Absprachen, wenn zwei Teams, die am letzten Spieltag aufeinandertreffen, jeweils ein Unentschieden reichen würde, während der dritte Gruppengegner zuschaut.
"Nach dieser WM und dem Erfolg der Gruppen mit vier Mannschaften müssen wir das [den Modus der Gruppenphase, Anm. d. Red.] nochmal diskutieren. Man wusste bis zur letzten Minute der Spiele nicht, wer weiterkommt", sagte FIFA-Präsident Gianni Infantino auf seiner WM-Abschluss-Pressekonferenz am Freitag in Doha. Die Spannung in den Gruppen sei unglaublich gewesen, resümierte der mächtigste Mann im Weltfußball, der dies bis 2031 bleiben könnte.
Wie Infantino verkündete, gelten seine ersten Amtsjahre bis 2019 nach dem Rücktritt seines Vorgängers Sepp Blatter im Jahr 2015 und der Übernahme durch ihn 2016 nicht als eigenständige Amtszeit. Demnach habe seine erste reguläre Amtszeit erst mit der Wahl 2019 begonnen, die zweite würde dann mit seiner Wiederwahl beim FIFA-Kongress in Kigali, Ruanda im März 2023, bei der Infantino ohne Gegenkandidaten antritt, beginnen. Eine nach FIFA-Statuten mögliche dritte Amtszeit könnte Infantino bei erfolgreicher Wiederwahl noch einmal von 2027 bis 2031 an der Spitze des Weltverbands halten.
Chance für WM-Debütanten
Zu lesen war in der Vergangenheit auch von Überlegungen der FIFA, das Teilnehmerfeld in zwei 24er-Blöcke aufzuteilen, in denen nach einem Liga-Prinzip zwei Gewinner ausgespielt werden, die dann im WM-Finale aufeinanderträfen. Es bleiben viele Fragezeichen, doch so oder so wird es einen Bruch mit dem etablierten 32er-WM-System geben, das seit der WM 1994 in den USA gespielt wird. Der Grund dafür ist mal wieder das Geld, der FIFA winken durch die WM-Reform Einnahmenzuwächse in Milliardenhöhe. Eine Entscheidung über den Modus wird 2023 erwartet.
Eine Frage, über die bereits entschieden wurde, ist die Zuteilung der Qualifikationsplätze für die Kontinentalverbände. Zunächst erhalten alle erst einmal mehr WM-Startplätze: Europa (UEFA) 16 statt zuvor 13, Afrika (CAF) neun statt zuvor fünf, Asien (AFC) acht statt zuvor Playoff-abhängig vier bis fünf, Nord- und Mittelamerika (CONCACAF) sechs statt zuvor Playoff-abhängig drei bis fünf, Südamerika (CONMEBOL) sechs statt zuvor Playoff-abhängig vier bis fünf. Auch Ozeanien (OFC) erhält erstmalig einen fixen Startplatz, statt des vorigen Playoff-Platzes für den Sieger der Qualifikation. Eine WM-Teilnahme Neuseelands wird durch Australiens Teilnahme und die damit verbundene Aussicht auf die direkte Qualifikation in Asien und die mangelnde Konkurrenz um den dann fixen Qualifikationsplatz in Ozeanien sehr wahrscheinlich.
"Für uns Afrikaner ist das ein Geschenk des Himmels", sagt der der ehemalige nigerianische Nationalspieler Sunday Oliseh. "Wir sind ein Kontinent mit 54 Nationen und haben uns bei der WM schon unterrepräsentiert gesehen." Je öfter man Lotto spiele, desto höher sei die Chance zu gewinnen, sagt der ehemalige Profi, der in der Bundesliga unter anderem für Borussia Dortmund spielte. "ich glaube nicht, dass die Qualität darunter [der Aufstockung auf 48 Teilnehmer, Anm. d Red.] leiden wird, im Gegenteil."
Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.