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Wo bleiben "Mitgefühl und Barmherzigkeit"?

6. März 2020

Kirchenvertreter beschwören christliche Grundwerte und Menschenrechtler eine gesamteuropäische Lösung: Die Flüchtlingskrise fordert Politik und Moral heraus. Derweil wollen sieben deutsche Städte ein Zeichen setzen.

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Türkei Flüchtlinge verbringen die Nacht am Feuer am Fluss Tunca in Edirne
Bild: picture-alliance/PIXSELL/A. Durgut

"Wir dürfen weder die Menschen in Griechenland noch die griechische Regierung alleinlassen", stellt die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, klar. Die Türkei und alle EU-Mitgliedstaaten seien an geltende völkerrechtliche und menschenrechtliche Verpflichtungen gebunden. Doch "das Schicksal von Flüchtlingen und Migranten darf nicht für politische Zwecke missbraucht werden", sagte die Sozialdemokratin der "Neuen Osnabrücker Zeitung".  

Es müsse unverzüglich gehandelt werden, um die Lage an der EU-Außengrenze zu beruhigen und um die Einhaltung der Menschenrechte von Flüchtlingen und Migranten sicherzustellen. Dafür fordert Kofler unter anderem ein "neues Schutzprogramm für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge oder chronisch kranke Kinder". Das eigentliche Problem liege darin, "dass die EU-Staaten es bisher versäumt haben, ein funktionierendes gemeinsames europäisches Asylsystem zu entwickeln". Als Menschenrechtsbeauftragte finde sie das "beschämend".

Bärbel Kofler
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD)Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz warnte die EU-Staaten vor einer Aufnahme der Migranten an der griechisch-türkischen Grenze. Die Menschen dort würden vom türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan "instrumentalisiert" und "ausgenutzt", sagte Kurz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er argumentierte zudem, die an der Grenze gestrandeten Menschen hätten auch keinen Anspruch auf Asyl in Griechenland, da sie schon jahrelang in der Türkei lebten und dort nicht verfolgt würden.

"Wege zu einer solidarischen Flüchtlingspolitik"

Der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche für Deutschland und die EU, Martin Dutzmann, erneuert seinen Hilfsappell an die Verantwortlichen. Er sehe die christlichen Werte "Mitgefühl, Barmherzigkeit und Solidarität", derer sich die EU und die Bundesrepublik rühmt, in Gefahr, sagte er in der ARD-Tagesschau.

Bischof Georg Bätzing, der frisch gewählte Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, fordert die EU zu einer großzügigen Aufnahme von Flüchtlingen auf. Die EU-Mitgliedstaaten hätten die vergangenen Jahre nicht genutzt, um zu einer tiefgreifenden Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu gelangen. Nun seien sie mehr denn je gefordert, Wege zu einer solidarischen Flüchtlingspolitik zu finden. Vor allem dürften die Staaten an den EU-Außengrenzen nicht allein gelassen werden.

Migranten als "Druckmittel": Gespräch mit Thorsten Frei (CDU)

Derweil haben sieben deutsche Städte die Bundesregierung aufgefordert, die Aufnahme von Kindern aus den griechischen Flüchtlingslagern zu ermöglichen. Vor allem alleinstehenden Kindern müsse sofort geholfen werden, heißt es in einem Appell der Oberbürgermeister, der am Freitag bundesweit veröffentlicht werden soll. Unterzeichnet haben ihn die Oberbürgermeister von Köln, Düsseldorf, Potsdam, Hannover, Freiburg im Breisgau, Rottenburg am Neckar und Frankfurt (Oder). Bislang fehlen den Städten die rechtlichen Grundlagen, um Flüchtlinge freiwillig aufnehmen zu können.

rb/bru (afp, dpa, kna)