Wohin mit dem Atommüll?
11. November 2008Der erbitterte Widerstand gegen den Atommüll-Transport ins niedersächsische Zwischenlager Gorleben hat auch den Streit um ein künftiges Atom-Endlager wieder aufflammen lassen. Der neue bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) verlangte am Dienstag (11.11.2008), den Salzstock Gorleben sofort als Atommüll-Endlager freizugeben. Dagegen appellierte der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) an Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, "endlich konkrete Alternativen für den Standort Gorleben vorzulegen". Es reiche nicht, lediglich gebetsmühlenartig eine alternative Standortsuche zu fordern, ohne selbst einen Vorschlag zu machen, sagte Sander.
Die Debatte ist nicht neu: Seit Jahren schon suchen Politiker unterschiedlichster Regierungen nach einem Endlager für den atomaren Abfall, bislang ohne Erfolg. Es existieren lediglich Zwischenlager - jedenfalls was hochradioaktive Abfälle betrifft. Experten unterscheiden zwischen schwach- und mittelradioaktivem Abfall einerseits, und dem hochradioaktiven andererseits. Der hochradioaktive Müll macht zwar nur ein Prozent des in Deutschland anfallenden Mülls aus, er sorgt aber gleichzeitig für 99 Prozent der Strahlung. Auch wenn der Anteil des hochradioaktiven Mülls gering ist: Bis 2007 sind in Deutschland nach Angaben des Bundesministeriums für Strahlenschutz 12.500 Tonnen abgebrannte Brennelemente – und damit hochradioaktiver Abfall - angefallen.
Marode Lager
Für den schwach- und mittelradioaktiven Abfall gibt es zwei Endlager: Asse II bei Wolfsbüttel in Niedersachsen und Morsleben bei Magdeburg. Mittlerweile aber sind die Lager geschlossen, ab 2013 soll der weniger strahlende Abfall im Endlager Konrad in Niedersachsen untergebracht werden. Schwache Strahlung aber bedeutet nicht unbedingt, dass Lager einfach zu finden sind. Erst kürzlich geriet die Asse in die Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass Wasser in den Salzstock einläuft und die Stabilität der Deponie gefährdet. Das Lager, so fürchten Experten, könnte einstürzen. Schon jetzt tritt dort strahlende Lauge aus.
Ein Endlager für hochradioaktiven Müll aber gibt es derzeit weder in Deutschland, noch sonst irgendwo auf der Welt. Bisher lagert der Abfall aus Kernreaktoren, stark strahlende Brennelemente, an den Standorten der Atomkraftwerke oder in den Zwischenlagern Gorleben (Niedersachsen) oder Ahaus (Nordrhein-Westfalen).
Gorleben wird immer wahrscheinlicher
Der Salzstock in Gorleben ist schon seit Jahrzehnten auch als Endlager im Gespräch. Schon 1979 begannen die Energiekonzerne, in der schwach besiedelten Gegend ein unterirdisches Bergwerk zu buddeln. Nach dem Beschluss der rot-grünen Bundesregierung, aus der Atomkraft auszusteigen, wurde die Erkundung 2001 unterbrochen. Seitdem gibt es zwar die politische Ansage, auch andere Lager zu erkunden, Untersuchungen wurden bisher aber an keinem anderen Standort durchgeführt.
Salzstöcke wie der in Gorleben sind als mögliche Lagerstätten besonders beliebt. Trotzdem wehren sich die Anwohner gegen ein Endlager für den hochradioaktiven Abfall in ihrer Gegend – zu unsicher scheint das unterirdische Abladen des Mülls. Schließlich ist auch die in die Kritik geratene Asse ein Salzstock.
Nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften könnten auch die sogenannten Tonsteinformationen, wie sie in Bayern und Baden-Württemberg vorkommen, für die Lagerung des Abfalls geeignet sein. Bislang aber haben beide Bundesländer eine Erkundung strikt abgelehnt.
Und noch ein anderer Aspekt spricht für ein Endlager in Gorleben: Bundesregierung und Energieversorger haben schon mehrere Hundert Millionen Euro in Gorleben investiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich kürzlich für das Endlager aus: "Ich habe keine Lust, weitere Milliarden auszugeben".(ajk)