Ice Bucket Challenge
25. August 2014"Ich werde die Herausforderung annehmen", sagte Microsoft-Gründer Bill Gates. Er werde sich einen Eimer mit Eiswasser über den Kopf schütten. Er aber werde es besser machen als sein Herausforderer, Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Tatsächlich schweißte er sich ein Konstrukt zusammen, in dem über seinem Kopf ein Eimer Wasser installiert ist: Er zieht an einem Hebel, bekommt einen ordentlichen Schwall eiskaltes Wasser ab und fordert drei weitere Prominente heraus.
Ob Firmenbosse, Popstars, Schauspieler oder Fußballprofis – alle sorgen mit ihren Clips, in denen sie sich einen Eimer Wasser über den Kopf kippen, für Millionen Klicks – und für Millionen Dollar. Denn dieser Internetspaß dient einem guten Zweck: Hier werden Spenden gesammelt, für die Bekämpfung der unheilbaren Krankheit ALS.
Gefangen im gelähmten Körper
Der wohl berühmteste ALS-Kranke ist der Physiker Stephen Hawking. Er sitzt im hochtechnisierten Rollstuhl und kommuniziert über einen Sprachcomputer, den er mit seinen Augen steuert. Die Krankheit nennt sich Amyotrophe Lateralsklerose, sie zerstört Nervenzellen und führt zu Muskellähmungen. Nach Schätzungen leiden weltweit etwa 150.000 Menschen an der Krankheit. Das ist im Vergleich zu anderen Nervenkrankheiten wie Alzheimer oder MS zwar eher wenig. Allerdings ist die Krankheit noch nicht ausreichend erforscht.
Das soll die "Ice Bucket Challenge" nun anstoßen. Die Regeln sind einfach: Nachdem sich ein Kandidat mit Eiswasser übergossen hat, darf er drei weitere herausfordern. Das Ganze wird gefilmt, der Clip wird ins Netz gestellt und auf Facebook und Twitter weitergereicht.
Marco Reus nominiert Helene Fischer
Längst sind auch deutsche Promis dabei: Ganz vorne die Fußball-Bundesliga, deren Spieler sich fast im Minutentakt mit Wasser übergießen: Die Bayernspieler Götze und Boateng fordern ihre Nationalelf-Kollegen Podolski, Özil und Reus heraus, die wiederum wildern in anderen Bereichen und nominieren Popstars wie Helene Fischer oder auch Politiker. Bastian Schweinsteiger fordert neben seinem Mannschaftskollegen Thomas Müller gleich die ganze Fankurve aus dem Bayernstadion heraus. Der frühere Handballstar Stefan Kretzschmar hatte für die heißeste Nominierung in Deutschland gesorgt: Die Bundeskanzlerin höchstpersönlich sollte mitmachen. Andernfalls müsse sie 100 US-Dollar an die ALS Association spenden, die den Kampf gegen die Krankheit unterstützt.
Die Netzgemeinde wartete vergeblich auf einen entsprechenden Videoclip aus dem Garten des Kanzleramtes – stattdessen sprang Comedian Oliver Pocher für Merkel ein. Auch das Weiße Haus zierte sich: US-Präsident Barack Obama hat die Herausforderung von Ethel Kennedy, der Witwe des US-Senators Robert F. Kennedy, nicht angenommen. "Der Präsident fühlt sich zwar geehrt, dass Mrs. Kennedy bei der Challenge an ihn gedacht hat", ließ das Weiße Haus verlauten, "allerdings wird er sich lediglich mit einer Spende an der Aktion beteiligen." Ebenso hält es Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der mit 1.000 Euro dabei ist.
Unlustige Vorbilder
Verschiedenste Social Media-Kampagnen sind schon durchs Netz gegangen. Meist werden diese Mitmach-Meme eher aus Langeweile geboren. Vergleichsweise harmlos war die "Planking"-Challenge. Man legte sich, alleine oder in Gruppen, irgendwo flach wie ein Brett hin und stellte Bilder davon ins Netz. Nach kurzer Zeit entwickelte sich das Mem zur Mutprobe: Die Leute suchten sich gefährliche Orte aus. Ein Australier stürzte aus dem siebten Stock, als er sich auf seine Balkonbrüstung legte.
Ebenso unlustig wurde die "Social Beer Challenge" – hier musste der Nominierte einen halben Liter Bier auf Ex trinken, sonst schuldete er dem Herausforderer einen ganzen Kasten Bier. Das hat schnell eine folgenschwere Eigendynamik bekommen: Die "ganz Harten" tranken das Bier in Extremsituationen oder griffen direkt zur Schnapsflasche. Auch diese Kampagne hat Todesopfer gefordert.
Als mitunter tödlich erweist sich auch die Fire Challenge, die immer wieder im Netz buchstäblich aufflammt: Meist sind es Jugendliche, die sich selbst anzünden. Wer länger brennt, hat gewonnen. Auch hierbei sind schon Menschen gestorben.
Bittere Ironie
Auch bei der "Ice Bucket Challenge" geht nicht immer alles gut. Millionen Klicks haben Youtube-Clips, in denen die besten "Fails" zu sehen sind. Da rutscht einem Teenie schonmal ein Bikinioberteil weg. Anderen fällt direkt der ganze Eimer auf den Kopf. Die meisten dieser misslungen Aktionen jedoch sind glimpflich ausgegangen. Auch Wochen nach dem Start ist die virale Kampagne längst nicht vorbei. Nachdem in Deutschland erst die Prominenten dran waren, hat sich der Spaß auch unter Freunden, Nachbarn und Kollegen verbreitet. Mittlerweile kann jeder damit rechnen, nominiert zu werden.
Bei allem Spaß an der Sache wird in vielen Clips immer wieder darauf hingewisen, dass mit der Nominierung auch eine Spende verbunden ist - und dass der Hintergrund der Spaßkampagne ein sehr ernster ist. Die bitterste Nachricht aber ist, dass einer der Erfinder der Kampagne, Corey Griffin, am 16. August im Alter von 27 Jahren ums Leben gekommen ist. Ausgerechnet im Wasser – bei einem Tauchunfall.