Zehn Bücher für das Frühjahr
25. März 2019Kenah Cusanit: Babel
Nominiert in der Sparte Belletristik für den Leipziger Buchpreis, ist das Romandebüt der Alt-Orientalistin Kenah Cusanit eines der erstaunlichsten Bücher in diesem Frühjahr. Zum einen, weil der Roman durch die gerade wieder heftig geführte Diskussion über Raubkunst von großer Aktualität ist. Zum anderen, weil es sich bei "Babel" um ein hochartifizielles Sprachkunstwerk handelt. Was nicht heißt, dass man den Roman nicht mit großen Vergnügen lesen kann. Nur verschlingen lässt er sich nicht, dafür steckt zu viel drin: Geschichte des Mittleren Ostens und deutsche Historie, persönliche Leidenschaften und jede Menge philosophische Gedanken der Protagonisten.
Zudem bietet das Buch ein dichtes Porträt einer historischen Gestalt: Robert Koldewey, der deutsche Archäologe, der in den ersten Jahren des vergangenen Jahrhunderts das antike Babylon ausgrub, steht im Mittelpunkt von Cusanits Roman. Die Autorin blendet zurück in die Jahre, in denen Koldewey und seine Helfer in Mesopotamien das ausgruben, was heute jeder kundige Museumsbesucher in der deutschen Hauptstadt kennt: das Ischtar-Tor, die Prozessionsstraße, die Reste von Nebukadnezars Thronsaal und die Bruchstücke des Turms von Babel. Das alles ließ Koldewey damals, sauber verpackt in über 500 Kisten, nach Berlin transportieren. Heute ist es ein Hauptschatz der Museumsinsel - aber eben auch "Raubgut". So kann man Kenah Cusanits Buch auf mehreren Ebenen lesen: als historischen Roman, als hochinteressanten Einblick in deutsche Geschichte über die Wende zum 20. Jahrhundert - und als Beitrag zu einer aktuellen Kultur-Debatte.
Kenah Cusanit: Babel, Hanser, 272 Seiten, ISBN 9783446261655
Daniela Krien: Die Liebe im Ernstfall
Ganz im Hier und Jetzt ist dagegen Daniela Kriens zweiter Roman "Die Liebe im Ernstfall" angesiedelt. Es sind fünf Frauen, die uns die Autorin vorstellt, Paula, Judith, Brida, Malika und Jorinde. Fünf Geschichten über Frauen, die im Leben stehen, Mütter und Kinderlose, Frauen in Beziehungen und solche, die auf der Suche nach einem Partner sind, Berufstätige und Suchende, Erfolgreiche und weniger Erfolgreiche. "Die Liebe im Ernstfall" kreist um die Frage, wie denn der "ideale" Lebenspartner aussehen könnte und ob es sie gibt, die "ideale Beziehung" und was sie in ihrem Wesenskern ausmacht.
Was sich möglicherweise anhört wie einer dieser populären Beziehungs- und Frauenromane in mittlerer Tonlage, die nur an der Oberfläche kratzen, das entpuppt sich als sensible Studie über Frauen im Deutschland von heute im Allgemeinen und in Leipzig im Speziellen. Denn dort ist "Die Liebe im Ernstfall" angesiedelt - was dem Roman eine weitere Ebene hinzufügt: Daniela Krien, seit zwanzig Jahren in der ostdeutschen Stadt ansässig, gibt ganz nebenbei interessante Einblicke in deutsche Befindlichkeiten viele Jahre nach dem Fall der Mauer. Was aber ganz besonders geglückt ist an diesem Buch, ist die Form: "Die Liebe im Ernstfall" ist Erzählungsband und Roman zugleich. Die Leben der fünf Protagonistinnen sind miteinander verwoben und ragen in die jeweils folgenden Geschichten hinein. Das verleiht dem Buch einen immer wieder überraschenden Zauber.
Daniela Krien: Die Liebe im Ernstfall, Diogenes, 288 Seiten, ISBN 9783257070538
Susan Hill: Stummes Echo
Nun wieder zurück in die Vergangenheit. Oder etwa doch nicht? Was ist das für eine Geschichte, die uns die britische Autorin Susan Hill hier erzählt in ihrem mit 166 Seiten doch recht schmalen Roman über eine Familie? Vier Geschwister, die Töchter May und Berenice und die Söhne Colin und Frank, wachsen auf einem Hof fern der großen Städte auf, irgendwo in der englischen Provinz bei ihren Eltern Bertha und John. Später zieht May als einzige auf den elterlichen Hof zurück. Als Bertha stirbt - ihr Mann ist schon vor längerer Zeit gestorben -, hat May die Aufgabe, die anderen zu benachrichtigen, sie einzuladen zum Begräbnis.
Frank lädt sie nicht ein. Frank hat ein Buch geschrieben, über seine Kindheit auf dem Hof der Eltern. Dieses Buch hat die drei anderen irritiert, sogar wahnsinnig wütend gemacht. Denn Frank hat seine Kindheit so ganz anders geschildert als sie May, Berenice und Colin in Erinnerung haben. Frank hat von Brutalität und Rohheit, von Übergriffen und Qualen geschrieben und sich dabei nicht gescheut, alle beim Namen zu nennen, die Eltern, die Geschwister. Wer hat nun Recht? Und vor allem: Wie kann es sein, dass Erinnerungen so unterschiedlich ausfallen? Die in ihrer Heimat sehr bekannte englische Schriftstellerin Susan Hill hat hier auf wenigen Seiten eine düstere Familiengeschichte vorgelegt, die um den Wert subjektiver Wahrnehmung kreist. Populär ist Susan Hill in England vor allem mit ihren Geistergeschichten. "Stummes Echo" bietet klassischen, psychologischen Romanstoff, von Geistern ist nicht die Rede. Aber vielleicht ist "Stummes Echo" ja doch auch ein Geisterroman.
Susan Hill: Stummes Echo, Gatsby/Kampa, 176 Seiten, ISBN 9783311210078
André de Richaud: Der Schmerz
Tief in die Provinz entführt auch der französische Autor André de Richaud mit seinem Roman "Der Schmerz", der bereits 1930 veröffentlicht wurde, erst jetzt aber in deutscher Sprache vorliegt. Eine erstaunliche literarische Entdeckung! "Der Schmerz" hätte eigentlich schon in den letzten Jahren gut ins literarische Angebot gepasst, als alle Welt an Ausbruch und Ende des Ersten Weltkriegs erinnerte: Thérèse Delombre ist Kriegswitwe, lebt mit ihrem heranwachsenden Sohn in der Provence. Ihr Mann fiel im Kampf mit den Deutschen und nun ist Therese auf sich allein gestellt.
Das Buch erzählt vom Schmerz dieser Frau, vor allem von ihren unerfüllten Sehnsüchten, von der Trauer der jungen Frau über ihre frühe Witwenschaft, von sexuellem Verlangen. Schon das war eine Unerhörtheit für die damalige Zeit. Doch de Richaud setzte ein paar Jahre nach Ende des großen Krieges noch eins drauf. Drei deutsche Kriegsgefangene sind in der provenzalischen Provinz einquartiert, mit einem dieser jungen Deutschen beginnt Thérèse ein leidenschaftliches Verhältnis. Der Autor verstieß damit gegen ein Tabu - eine deutsch-französische Liaison durfte in jener Zeit keinesfalls zu Papier gebracht werden. Zumal der Deutsche als durchaus sympathisch geschildert wird. Das Verhältnis der beiden zieht weitere Konsequenzen nach sich. Thérèses Sohn, der in den Bann der Kirche gerät, verdammt seine Mutter: Schmerz herrscht bei den Protagonisten auf allen Seiten.
André de Richaud: Der Schmerz, aus dem Französischen von Sophie I. Nieder, Dörlemann, 224 Seiten, ISBN 9783311210078
Longos: Daphnis und Chloe
Aus den 1930er Jahren nun noch ein paar Jahrhunderte zurück zu einer weiteren literarischen Wiederentdeckung. Wahrscheinlich in der Zeit der Wende vom zweiten zum dritten Jahrhundert nach Christus entstand der Roman "Daphnis und Chloe" des spätantiken griechischen Dichters Longos, der nun, neu übersetzt von Kurt Steinmann, im Deutschen vorliegt. Und wie in de Richauds Roman geht es auch hier im Kern um Liebe und Eros. "Daphnis und Chloe" gilt als einer der schönsten (und frühesten) Liebesromane der Literaturgeschichte.
Zwei Findelkinder, genährt von Ziegen und Schafen, erzogen von Hirtenfamilien auf der Ägäis-Insel Lesbos, finden erst nach vielen Hindernissen zueinander. Die beiden jungen Heranwachsenden sind von der Sehnsucht nach Liebe getrieben, wie sich diese definiert und ausleben lässt, wissen sie freilich nicht. Erst ganz am Ende, nach Entführungen und Piratenüberfällen, Eifersuchtsdramen und weiteren Kämpfen, kommen sie zur Erlösung. "Kaum je ist das Aufkeimen und Entflammen sinnlicher Liebe mit seinen seelischen Erschütterungen in einem Heranwachsenden hellsichtiger und feinfühlender beschrieben worden", schreibt Steinmann im Nachwort zu "Daphnis und Chloe". Das liest sich noch heute gut und zeigt, dass manche Themen auch nach Jahrhunderten nichts von ihrem Zauber eingebüßt haben.
Longos: Daphnis und Chloe, aus dem Altgriechischen von Kurt Steinmann, Manesse, 192 Seiten, ISBN 9783717524861
Anthony Burgess: Jetzt ein Tiger
Wenn der britische Polizeileutnant Nabby Adams abends ins Bett geht, kreisen seine Gedanken um das erste Bier am nächsten Morgen. Ohne mehrere "Tiger" übersteht der Alkoholiker den feuchtheißen Tag in Malaya nicht. "Time for a Tiger", der Werbeslogan der Biermarke, lieh Burgess' erstem Band seiner Malaya-Trilogie "The Long Day Wanes" den Titel.
Anthony Burgess nahm 1954, begleitet von seiner Frau, eine Stelle als Lehrer beim British Colonial Service in Malaya an. In der tropischen Mischkultur begann er zu schreiben und zu veröffentlichen. Burgess, berühmt durch seinen von Stanley Kubrick verfilmten Roman "Clockwork Orange", hat ein reiches Gesamtwerk von über 50 Werken hinterlassen. "Jetzt ein Tiger", sein Debütroman von 1956, liegt nun zum ersten Mal in deutscher Übersetzung vor.
Burgess' literarisches Alter Ego, der Engländer Victor Crabbe, ist Geschichtslehrer an einer Eliteschule im Sultanat Perak. Rebellion liegt in der Luft, mischt sich mit dem Hauch der spätkolonialen britischen Dekadenz. Während Crabbe versucht, seine Schüler in ihrem zaghaften Bestreben nach Freiheit zu beschützen, kreisen die ausschweifenden Gedankenströme des Fahrers Alladad Khan um dessen Frau Fenella. Ungeheuer komisch sind die Gespräche, die die beiden zentralen Figuren Victor Crabbe und Nabby Adams mit ihren Freunden und Kollegen führen. Wenn die Briten, Inder, Malayen und Menschen, deren Herkunft nie ganz geklärt wird, über Kommunismus, Rassismus oder Religion sprechen, dann ist ihre Rede durchsetzt von arabischen, indischen und pidgin-chinesischen Begriffen - und nicht von politischer Korrektheit getrübt.
Burgess' Romantrilogie, die die Konflikte zwischen den Bevölkerungsgruppen mit viel Wortwitz und reichlich literarischen Anspielungen sichtbar macht, durfte im muslimischen Malaysia lange Zeit nicht erscheinen und steht heute noch auf der schwarzen Liste. Jetzt Ludger Tolksdorfs deutsche Übersetzung des Meisterwerks lesen zu können, ist ein großes Vergnügen.
Anthony Burgess: Jetzt ein Tiger, aus dem Englischen von Ludger Tolksdorf, Elsinor, 230 Seiten, ISBN 9783942788434
Usama Al Shamani: In der Fremde sprechen die Bäume arabisch
"In der Fremde zu leben ist für mich ein Zustand, der mir wie eine Abwesenheit der Seele vorkommt. Nicht nur in meinem Alltag, sondern auch in meinem Kopf, in meinem eigenen Denken fühle ich mich manchmal fremd." Wegen eines regimekritischen Theaterstücks musste Usama Al Shamani 2002 Hals über Kopf aus dem Irak fliehen. Seine Flucht endete in der Schweiz. In einem Flüchtlingsheim findet sich der 1971 geborene Autor und Dozent für arabische Literatur wieder - ohne Sprache und ohne Bezüge, eine Erfahrung radikaler Fremde. Da erzählt ihm eine Schweizerin aus dem Irak, die ihr Land schon Jahrzehnte zuvor verlassen hat, begeistert vom Wandern.
Al Shamani probiert es aus, und seine Gänge in den Wald werden zur Zwiesprache - nicht mit der Natur, sondern zum Gespräch zwischen Kulturen. "Wir lieben Bäume, aber verabscheuen den Wald", erinnert er sich an die lyrisch verklärten Granatäpfelbäume und die Stechpalmen seiner Heimat. Er trägt seine Sorgen in den Wald, auch als sie unerträglich geworden sind und er sich mit Selbstvorwürfen quält. Denn sein jüngerer Bruder ist verschwunden, im von Terror und Kriminalität zerstörten Bagdad für immer verschollen.
Usama Al Shamani lebt inzwischen seit langem mit seiner Familie in Frauenfeld. Er hat eine in der Schweiz heimische Irakerin geheiratet, übersetzt ins Arabische Friedrich Schleiermacher, Thomas Hürlimann und Jürgen Habermas. Sprache ist Heimat für den Kulturvermittler. Sein Buch erzählt im nüchternen Zeitraffermodus und ist trotzdem ein hochpoetisches Klagelied: auf den Verlust einer Heimat, einer Kultur, eines geliebten Menschen. Noch mehr aber ist es eine Feier der von der Großmutter vererbten "absoluten Hoffnung".
Usama Al Shamani: In der Fremde sprechen die Bäume arabisch, Limmat Verlag, 189 Seiten, ISBN 9783857918599
Yukio Mishima: Bekenntnisse einer Maske
Wie viele erfolgreiche asiatische Werke (zum Beispiel auch einige der bekanntesten Werke von Haruki Murakami) wurde die erste deutsche Fassung von Yukio Mishimas autobiografischem Sensationsbuch nicht aus dem Original, sondern aus dem Englischen übersetzt. Diesen Missstand behebt der vorliegende Band endlich.
Masken gehören zum japanischen No-Theater, zu religiösen und kultischen Ritualen. Sie sind der gefestigte Ausdruck eines wandelbaren Wesens. Yukio Mishima, 1925 in Tokio geboren, gehört zu den bekanntesten japanischen Autoren. Sein zweiter Roman erschien 1949 und machte ihn schlagartig weltbekannt. Der Ich-Erzähler erzählt vom Erwachen seines homoerotischen Triebs, von seiner "ungewollten Maskerade" unter dem Zwang der starren japanischen Gesellschaft, der Suche nach dem "wahren Selbst" - und dem Wunsch, eben diese gefundene, neue Identität zu verbergen. "Mein unbewusst schlechtes Gewissen, ich würde meine wahre Natur vertuschen, stachelte mich zu einer ständigen Inszenierung meiner Selbst an." Das sexuelle Begehren junger männlicher Körper, die Faszination für Gewalt und Tod - Kochan, das Erzähler-Ich, analysiert sich selbst unablässig. Das macht das Werk zu einer stilistisch glänzenden, Thomas Manns Tonio Kröger wesensverwandten psychologischen Studie.
Yukio Mishima: Bekenntnisse einer Maske (Kamen no Kokuhaku), aus dem Japanischen von Nora Bierich, Kein & Aber, 224 Seiten, ISBN 9783036957845
Marko Martin: Das Haus in Habana. Ein Rapport
Der 1970 in der DDR geborene Autor und Publizist Marko Martin lebt in Berlin - sofern er nicht in der Welt unterwegs ist. Denn er ist ein Reisender, der immer wieder Wochen und Monate in Israel, Südafrika oder Lateinamerika verbringt. Seine Bücher sind die Früchte dieser Erfahrungen. "Das Haus in Habana" erschien Anfang 2019 zum 60. Jahrestag der kubanischen Revolution. Der "Rapport" ist unter den Sachbüchern für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Man registriert es mit Erstaunen, denn der in der zweiten Person Singular verfasste vorgebliche Bericht liest sich wie ein Roman.
Auch Martins literarisches Tagebuch handelt von Homoerotik, von Schwulensex in der tropischen Hitze Havannas, Trinidads und Santiago de Cubas. Er spart nicht an Details der physischen Lust, doch das "Lecken Küssen Wippen Schwitzen" verbindet sich im Erinnerungsfilm seines Berichts immer mit der Frage, wie vertrauenswürdig seine Begegnungen in der letzten Diktatur in der Karibik sind. Was verbirgt sich hinter den Absichten seiner wechselnden Partner, wo endet tropische Lebensfreude und beginnt politische Existenzangst? Wie total ist die Kontrolle?
Marko Martin kennt die Region seit langem. Er zählt kubanische Exil-Schriftsteller zu seinen Freunden, die ihn auf seine kritische Auseinandersetzung mit der Insel-Realität vorbereitet hatten. Immer wieder nimmt er Bezug auf Guillermo Cabrera Infantes berühmten Roman "Drei traurige Tiger", der bis heute auf Kuba verboten ist. Auch auf der Insel trifft er Autoren - und ist von ihrer Angst vor der Zensur und ihrer sich verbiegenden Mutlosigkeit enttäuscht. "Du dachtest: vermaledeite Ambivalenz, Resultat jahrzehntelanger Lügenherrschaft."
Martins sinnliches Journal ist alles andere als ein gewöhnlicher Reisebericht. Es ist ein Buch über die Liebe unter Männern und eine sehr subjektive Reflexion einer intensiven, authentischen Erfahrung.
Marko Martin: Das Haus in Habana. Ein Rapport, M. Wehrhahn Verlag, 256 Seiten, ISBN 9783865256409
Alexander Pechmann: Die Nebelkrähe
Der 1968 in Wien geborene Alexander Pechmann ist von Haus aus Literaturwissenschaftler und Übersetzer englischsprachiger Literatur, und als solcher kennt er sich mit Jack London, Herman Melville und Mark Twain bestens aus. Oder eben auch mit Oscar Wilde, der in seinem zweiten Roman eine mysteriöse Existenz gewinnt.
"Lily", raunt die Stimme, die Peter Vane um den Schlaf bringt, immer wieder "Lily". Doch der junge Veteran des Ersten Weltkriegs kennt keine Lily. Nur das Foto eines kleinen Mädchens, das ihm sein sterbender Kriegskamerad noch im Schützengraben zugesteckt hat, scheint irgendetwas mit diesem geflüsterten Namen zu tun zu haben. Peter ist Mathematiker und allen Mystizismen abgeneigt. Trotzdem lässt er sich in der Hoffnung auf eine Spur zu Lily zu einer Séance verführen. Je weiter er in das Geheimnis eindringt, umso mehr führen alle Hinweise zu dem bereits seit 23 Jahren toten Oscar Wilde - und in seine eigene Vergangenheit.
Pechmanns Hauptfigur Peter Vane ist fiktiv, doch fast das gesamte Personal seines Romans ist historisch belegt. Der Autor webt aus geistes-, literatur- und theatergeschichtlichen Fakten und Bezügen eine faszinierende Detektivgeschichte. Unterhaltsamer kann man eine Epoche kaum in Szene setzen.
Alexander Pechmann: Die Nebelkrähe, Steidl, 176 Seiten, ISBN 9783958295834