Israelis protestieren wieder gegen Netanjahu
4. Oktober 2020100.000 Menschen haben in ganz Israel gegen den zweiten Lockdown und Premierminister Benjamin Netanjahu demonstriert - an zahlreichen Orten in kleinen Gruppen, wie die Bewegung "Schwarze Flaggen" berichtete. Durch das Viertel Florentin in Tel Aviv zogen überwiegend junge Israelis mit Trommeln und Fahnen. Sie sangen und skandierten: "Diktatur, gesponsert von Corona."
An anderen Plätzen gerieten Polizisten und Demonstranten aneinander. Die Sicherheitskräfte nahmen immer wieder Protestierende in Gewahrsam. Hunderte Menschen mussten laut Polizei wegen des Verstoßes gegen Corona-Vorschriften Geldstrafen zahlen, darunter auch eine Frau, die sich in Quarantäne hätte befinden müssen.
Wie jeden Samstag in den vergangenen Monaten versammelten sich Netanjahu-Gegner auch wieder vor der Residenz des Ministerpräsidenten in Jerusalem. Der Premier wird wegen seiner Corona-Politik scharf kritisiert. Vor allem die wirtschaftlichen Auswirkungen befeuern derzeit die Proteste gegen sein Krisenmanagement. Viele der Demonstranten sind junge Israelis, die ihren Job verloren haben.
Parlament und Regierung hatten in dieser Woche eine umstrittene Einschränkung für Demonstrationen beschlossen: Wer protestieren will, darf dies nur innerhalb eines Umkreises von 1000 Metern von seinem Zuhause aus gerechnet tun. Zulässig sind nur Gruppen von maximal 20 Menschen. Die befristete Maßnahme ist Teil der geltenden Lockdown-Vorschriften.
Die massiven Beschränkungen des öffentlichen Lebens sind von der Regierung wegen stark gestiegener Corona-Zahlen verhängt worden, sie sollen eine Überlastung des Gesundheitssystems verhindern. Kritiker bezeichnen die Maßnahmen als antidemokratisch.
Die Zahl der täglichen Neuinfektionen hatte am Mittwoch erstmals die Marke von 9000 Fällen überschritten. Zuletzt meldeten die Behörden mehr als 7000 neue Corona-Infektionen. Insgesamt hat Israel über 250.000 bestätigte Fälle bei neun Millionen Einwohnern.
se/fw (rtr, ap, dpa, afp)