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Zentralafrika: "Wahlen waren schlecht vorbereitet"

Fréjus Quénum / lh26. Januar 2016

Das Verfassungsgericht in der Zentralafrikanischen Republik hat die Parlamentswahlen für ungültig erklärt. Eine richtige Entscheidung, sagen Vertreter der Zivilgesellschaft, wie der bekannte Sänger Gervais Lakosso.

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Afrika Wahlen in Zentralafrika
Bild: Getty Images/AFP/I. Sanogo

Deutsche Welle: Während sich die Zentralafrikanische Republik auf die nächste Runde der Präsidentschaftswahlen vorbereitet, hat das Verfassungsgericht die Parlamentswahlen für ungültig erklärt. Grund seien zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung vom 30. Dezember. Herr Lakosso, hat das Gericht richtig entschieden?

Gervais Lakosso: Ja, es war eine gute Entscheidung, denn es gab 414 Einwendungen, die Unregelmäßigkeiten angezeigt haben. Das ist einfach nicht zu übersehen. Die Parlamentswahlen waren sehr schlecht organisiert. Die Präsidentschaftswahlen übrigens auch.

Zeigt die Entscheidung des Verfassungsgerichts nicht nur, dass die Wahlen schlecht vorbereitet waren, sondern auch, dass das Land noch nicht bereit war?

Ja, aber die hohe Wahlbeteiligung hat auch gezeigt, dass die Bevölkerung die Wahlen wollte, dass sie sich Frieden wünscht und neue Politiker, die aus diesen Wahlen hervorgehen sollen. Doch die Übergangsregierung hat den Druck der internationalen Gemeinschaft gespürt und die Wahlen zu hastig vorbereitet. Das hat auch dazu geführt, dass zwei kompetente Mitglieder der Wahlkommission zurücktreten mussten.

Aber die Präsidentin der Übergangsregierung, Catherine Samba-Panza, hat den Termin für die Wahlen doch ganz unabhängig festgelegt.

Es wurde viel Druck auf sie ausgeübt. Deswegen hat sie die Wahlen schnell organisiert. Jedes Mal wenn sie eine Fristverlängerung angestrebt hat, wurde sie zurückgewiesen mit der Begründung, sie suche eine Ausrede, um länger an der Macht zu bleiben. Sogar der vorgeschlagene Zeitplan der Wahlkommission wurde abgelehnt. Der letztliche Wahlkalender wurde vom Ausland diktiert. Wenn die internationale Gemeinschaft alles vorschreibt, dann kann es einfach nicht funktionieren.

Wenn Sie von Druck sprechen, von welchem Land sprechen Sie?

In erster Linie von Frankreich und einigen Nachbarländern, wie zum Beispiel dem Tschad. Dort hat Präsident Hissène Habré zu einem internationalen Sender gesagt, es wäre besser, schlechte Wahlen zu haben als eine wacklige Übergangsregierung. Heute leiden wir unter dieser Einmischung, und durch die schlechte Organisation musste das Verfassungsgericht die Wahlen annulieren. Man hätte die Wahlen nacheinander durchführen müssen. Die Kosten wären ähnlich gewesen.

Lange Schlangen vor einem Wahllokal in Bangui, Foto: picture-alliance/Xinhua
Die Wahlbeteiligung war mit 79 Prozent höher ausgefallen als allgemein erwartetBild: picture-alliance/Xinhua

Wäre die Zentralafrikanische Republik heute da, wo sie ist, ohne die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft? Die Lage scheint sich zu beruhigen.

Vorsicht - wir leugnen nicht die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft. Aber die relative Ruhe im Land hat damit zu tun, dass die nationale Armee ihre Aufgaben wieder aufgenommen hat. Solange die Blauhelme alleine agiert haben, kam das Land nicht zur Ruhe. Erst als die Armee hinzu kam, hat das die Situation in der Hauptstadt Bangui und indirekt auch in anderen Städten beruhigt. Wir sind nicht undankbar gegenüber der internationalen Gemeinschaft, aber man muss die Dinge beim Namen nennen. Die Soldaten der UN und der französische Mission "Sangaris" sind nur im Panzerwagen durch die Hauptstraßen von Bangui gefahren. Es war die Armee, die gefährliche Viertel abgesichert hat. Und bis heute sind sie allein berechtigt, Ausweise und Papiere zu kontrollieren - das dürfen die internationalen Soldaten nicht.

Hat die Zentralafrikanische Republik die finanziellen Mittel für eine Neuwahl?

Ich denke, dass die Zentralafrikanische Republik die Mittel auftun wird. Aber das Parlament wird seine Arbeit nicht gleichzeitig mit dem neuen Präsident aufnehmen können. Die Arbeit des Parlaments wird hinausgezögert. Offiziell haben wir zwei Monate für die Organisation von Neuwahlen, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir so schnell die Mittel dafür sichern können, zumal wir in zwei Wochen ebenfalls die zweite Runde der Präsidentschaftswahl organisieren müssen. Das alles wird mehr kosten als geplant, und die Gelder müssten national und international bereit gestellt werden.

Wahlhelferin in Bangui zwischen zwei Wahlurnen, Foto: picture-alliance/AP Photo/H. Diaspora
Bis zu den Neuwahlen bleibt das Übergangsparlament im AmtBild: picture-alliance/AP Photo/H. Diaspora

Die Zentralafrikaner beklagen den internationalen Druck, besonders aus Frankreich. Dennoch nehmen sie das Geld von diesen Ländern gerne an, wenn es um Neuwahlen geht.

Die Zentralafrikanische Republik ist Teil der Welt, und wenn ein Land in Schwierigkeit gerät, ist es normal, dass ihm geholfen wird. Sogar Länder, die keine Schwierigkeiten haben, bekommen Gelder von der internationalen Gemeinschaft. Was aber stört, dass die Geberländer denken, sie dürften sich deshalb einmischen. Das verkompliziert die Lage zusätzlich. In der Vergangenheit hat die Zentralafrikanische Republik auch Nachbarländern geholfen. Das Land befand sich ja nicht immer in der Krise.

Gervais Lakosso ist einer der wichtigsten Aktivisten der zentralafrikanischen Zivilgesellschaft und Koordinator der bürgerlichen Vereinigung "Groupe de Travail de la Société Civile". Er ist bekannt aus seiner früheren Arbeit als Sänger, Geschichtenerzähler und Regisseur.

Das Gespräch führte Fréjus Quénum.