Schwere Zeiten für zentralafrikanische Journalisten
15. Mai 2014Es sei schön, zu sehen, wie das Leben in Bangui langsam wieder zur Normalität zurückkehre. Das schreibt Camille Lepage am 18. April im sozialen Netzwerk Instagram aus der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik. Keine vier Wochen später ist die französische Fotojournalistin tot - ein Opfer des Bürgerkrieges, den sie dokumentieren wollte. Laut einer Pressemitteilung des französischen Präsidenten François Hollande vom Dienstag (13.05.2014) entdeckten französische Soldaten die Leiche der 26-Jährigen bei einer Fahrzeugkontrolle in der Nähe von Bouar, rund 450 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt.
Am Mittwoch eröffnete die französische Staatsanwaltschaft Untersuchungen, um die Todesumstände der Journalistin zu klären. Lepage hatte eine Gruppe christlicher Anti-Balaka-Rebellen in den stark umkämpften Nordwesten begleitet, wo diese offenbar in einen Hinterhalt gerieten. In der Zentralafrikanischen Republik herrscht Bürgerkrieg, seit Rebellen der vorwiegend muslimischen Allianz Séléka im März 2013 die Hauptstadt Bangui einnahmen und den Präsidenten François Bozizé stürzten. Mit ihrer Gewaltherrschaft provozierte die Séléka die Gründung der christlichen Anti-Balaka-Miliz. Seitdem bekämpfen sich beide Gruppen. Rund 2,2 Millionen Menschen sind von humanitärer Hilfe abhängig. Eine 2014 gegründete Übergangsregierung bleibt weitgehend machtlos.
Auch zentralafrikanische Journalisten bedroht
Unter der Situation leiden auch zentralafrikanische Journalisten. "Es reicht, ein bisschen Kritik zu äußern, und dein Leben ist in Gefahr", sagt ein Journalist, der anonym bleiben möchte. "Es gibt keinen funktionierenden Staat, der in der Lage wäre, Verbrecher vor Gericht zu bringen. Wir sind ganz unserem traurigen Schicksal überlassen." Bereits Ende April waren zwei Journalisten bei Überfällen in Bangui tödlich verletzt worden. Die Zentralafrikaner Désiré Sayenga und René Padou waren in ihren Häusern von Bewaffneten überfallen worden. Die französische Zeitschrift Jeune Afrique schreibt jedoch in Berufung auf eine Polizeiquelle, dass es sich hierbei nicht um gezielte Angriffe gehandelt habe. Vielmehr hätten muslimische Stadtbewohner Rache für den Lynchmord an einem Glaubensgenossen üben wollen.
Zentralafrikanischen Journalisten fehlt oft die nötige Ausrüstung, die sie zum Arbeiten brauchen. Ihre Redaktionsräume sind baufällig, die Schäden, die bei Plünderungen entstanden sind, sind bislang nicht repariert. "Als die Séléka hier ankamen, wurde der Sitz unserer Zeitung geplündert und verwüstet", erinnert sich Maturin Momet, Herausgeber der in Bangui erscheinenden Tageszeitung "Le Confident". "Wir haben versucht, die wichtigsten Teile unserer Ausstattung aus eigener Tasche zu finanzieren. Denn es war alles zerstört worden." Nun müsse das ganze Gebäude wiederaufgebaut und die ganze Redaktion neu ausgestattet werden. "In der aktuellen wirtschaftlichen Situation ist das natürlich schwierig", so Maturin Momet. "Aber wir tun, was wir können, mit den Mitteln, die wir haben."
Jede Unterstützung willkommen
Um umfassend berichten zu können, übernehmen zentralafrikanische Radiosender oder Zeitungen Beiträge aus ausländischen Medien. Denn ihre eigenen Redaktionen können nicht alle Themen und Termine abdecken - einerseits aus Kostengründen, andererseits wegen der Sicherheit. Denn oft ist es für die ausländischen Journalisten leichter, sich innerhalb des Landes zu bewegen. "Fast alle ausländischen Kollegen, die hier arbeiten, genießen guten Schutz", sagt Agoalo Lassy, Fotograf bei der zentralafrikanischen Agentur Agence Centrafrique Presse. "Sie haben die entsprechenden Mittel, können herumfahren und angemessen arbeiten." Der Fotograf ist überzeugt: "Hätte unsere Agentur dieselben Mittel, könnten wir auch dort arbeiten, wo die Dinge passieren, und hätten mehr Vertrauen in unsere eigene Arbeit."
Nur wenige Nichtregierungsorganisationen unterstützen die Medien in der Zentralafrikanischen Republik. Daher setzen die lokalen Radiosender zum Beispiel auf Hilfe aus der Bevölkerung. Dabei kommt es auch vor, dass sie sich von bewaffneten Milizen unterstützen lassen, wie Narcisse Jobert erläutert. Jobert arbeitet für Radio Baragbaké, einen Sender in der Stadt Bria, etwa 500 Kilometer nördöstlich von Bangui. Sein Sender sei auf das angewiesen, was die Bevölkerung zur Verfügung stelle: "Wir bekommen zum Beispiel Treibstoff von den Séléka und von der Bevölkerung. Nur so können wir senden." Die ehemaligen Kämpfer der Séléka in der Region würden außerdem für die Sicherheit des Radiosenders sorgen, so Jobert.
Medien als Friedensstifter?
Wer in größeren Medienunternehmen arbeite, dem steckten einflussreiche Persönlichkeiten auch schon mal etwas Geld in einem Umschlag zu, erzählt ein anderer Journalist, der anonym bleiben möchte. Maturin Momet, Herausgeber der Tageszeitung "Le Confident", betont: "Alle Machthaber wollen, dass wir ihnen Lobeshymnen singen." Das sei auch in der Vergangenheit so gewesen. "Sie unterstützen Zeitungen - aber auf eine ungerechte Art: Kleine Zeitungen, die die Machthaber unterstützen, werden gefördert. Zeitungen hingegen, die ihre Arbeit gut und objektiv machen, werden an den Rand gedrängt."
Narcisse Robert vom Lokalradio Baragbaké in Bria im Osten der Zentralafrikanischen Republik betont: "Wenn man in der Zentralafrikanischen Republik in einem Lokalradio über Politik spricht, bringt man sich in Gefahr." Sein Radiosender habe eine klare Linie: "Wir wollen die Bevölkerung sensibilisieren und Frieden und Versöhnung stiften. Das ist alles. Unsere Aufgabe ist, Fragen zu stellen und Ratschläge zu verteilen, damit wir wieder Frieden bekommen." Wie Radio Baragbaké möchten auch die anderen zentralafrikanischen Medien eine Rolle in der Befriedung und Vereinigung ihres gespaltenen Landes spielen. Doch die Arbeitsbedingungen vor Ort machen ihnen das nicht leicht.