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Zentralafrika: "Alles neu aufbauen"

Benjamin Baramoto (tw)11. Juli 2016

Mit einer Zeremonie begeht der Präsident der Zentralafrikanischen Republik seine ersten 100 Tage im Amt. Doch zu Feiern gibt es wenig. Im DW-Interview erklärt Faustin Archange Touadéra, wie er Frieden schaffen will.

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Afrika UN Kräfte in Bangui Wahlen (Foto: picture-alliance/AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Delay

DW: Herr Präsident, seit einem Putsch im März 2013 kommt Ihr Land nicht zur Ruhe. Die Gewalt zwischen muslimischen Séléka-Kämpfern und der christlichen Anti-Balaka-Miliz flammt immer wieder auf, erst kürzlich gab es wieder Tote und Verletzte bei Ausschreitungen. Sie sind seit Ende März im Amt, welche Ihrer Ziele haben Sie seitdem erreicht?

Faustin Archange Touadéra: Sie wissen, dass wir eine Amtszeit von fünf Jahren haben. Natürlich haben wir Prioritäten. Aber die lassen sich nicht innerhalb von 100 Tagen erreichen. Und wie Sie auch wissen, hat dieses Land sehr schwere Zeiten hinter sich. Alles hat Priorität, alles ist dringend, alles muss neu aufgebaut werden. Das ist völlig klar.

Aber einigen Dingen mussten wir Vorrang geben. Unsere Prioritäten haben wir in vier Kategorien aufgeteilt: Zunächst die Sicherheitsprobleme, dann die wirtschaftlichen Fragen, vor allem die Sanierung der öffentlichen Finanzen. Außerdem die Wiederherstellung der Staatsgewalt im gesamten Land und die Erfüllung der Grundbedürfnisse (der Bevölkerung, Anm. d. Red.).

Wir haben gleich nach meiner Amtseinführung angefangen. Ohne zu zögern, haben wir einen Premierminister ernannt und eine Regierung gebildet, die sich direkt an die Arbeit gemacht hat. Um Frieden zu erreichen, haben wir uns mit den Chefs der bewaffneten Gruppen getroffen, wir haben Gespräche geführt, um Ihnen unsere Vision zu zeigen. Und wir haben sie gebeten, ihren Beitrag zu diesem Prozess zu leisten.

Videostill Präsident Touadera im Interview (Foto: DW)
Präsident Touadéra im DW-InterviewBild: DW

Wie soll der Friedensprozess konkret aussehen?

Frieden heißt zunächst einmal: Entwaffnung verschiedener Gruppen. Wir brauchen aber auch eine Reform des Sicherheitssektors und müssen unsere Armee umstrukturieren. Aktuell haben wir eine Entsendungsarmee (die in der Hauptstadt Bangui angesiedelt ist und von dort aus Soldaten in verschiedene Regionen des Landes schickt, Anm. d. Red.). Sie soll eine Garnisons-Armee werden, so dass wir auf dem Staatsgebiet verteilt feste Einheiten zur Verfügung haben. Daran arbeiten wir jetzt, im Verteidigungsministerium und in dem Führungsstab, den wir gerade ernannt haben.

Trotzdem gab es doch gerade erst wieder neue Gewaltausbrüche in Teilen des Landes, sogar in der Hauptstadt - warum hat denn dann der Entwaffnungsprozess, den Sie immer wieder betonen, noch nicht begonnen?

Es sind ja nur zwei, nein drei Monate vergangen (seit meiner Vereidigung, Anm. d. Red.). Wie bereits erwähnt, habe ich schon mit den Anführern aller bewaffneten Gruppen gesprochen, um sie darüber zu informieren, wie wir vorgehen werden. Wir brauchen eine Struktur, die diesen Entwaffnungsprozess verwaltet - zusammen mit den Anführern dieser Gruppen und mit der internationalen Gemeinschaft. Das können wir nicht alleine bewältigen. Wir werden also mit den Anführern, mit der internationalen Gemeinschaft und der Regierung zusammenarbeiten. Und auch - warum nicht? - mit der Zivilgesellschaft. Vertreter der anerkannten Organisationen der Zivilgesellschaft werden an dieser Struktur beteiligt sein, die wir genau deshalb ins Leben rufen: damit der Entwaffnungsprozess beginnen kann.

Das Interview führte Benjamin Baramoto.

Faustin Archange Touadéra ist seit dem 30. März 2016 Präsident der Zentralafrikanischen Republik. Er übernahm die Macht von einer Übergangsregierung, die nach dem Ausbruch eines Bürgerkrieges 2013 geschaffen worden war. Der 59 Jahre alte Mathematiklehrer war bereits von 2008 bis 2013 Premierminister der Zentralafrikanischen Republik. Er gilt als Vertreter des Regimes von Ex-Präsident Bozizé, war aber als unabhängiger Präsidentschaftskandidat angetreten.