Zentralasien: Gewaltige Aufgaben im Kampf gegen Drogenhandel
12. April 2006Die Grenztruppen Tadschikistans und die der anderen Nachbarländer Afghanistans werden auch in Zukunft praktisch nur einseitig ihre Grenze vor Drogen- und Waffenschmuggel schützen müssen. Die fast 6.000 Kilometer lange Grenze zu Afghanistan kontrollieren nur 7.900 Grenzsoldaten. Auf afghanischer Seite wird der Schutz der Grenze nur schleppend verstärkt. Zu diesem Ergebnis kamen die Teilnehmer eines Treffens von Geberländern und Experten, die beim Schutz der Grenze zwischen Afghanistan und seinen Nachbarländern zusammenarbeiten. Das Treffen wurde vom UN-Büro für Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung organisiert.
Informationsaustausch gefordert
Dem Leiter des UN-Büros für Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung in Wien, Bernhard Frahi, zufolge wird für die Umstellung der afghanischen Mohnfelder auf den Anbau anderer Pflanzen noch sehr viel Zeit benötigt. Derzeit müsse man parallel zu den Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung in Afghanistan die Zusammenarbeit der afghanischen Rechtschutzorgane mit denen der Nachbarländer bei der Bekämpfung des Drogenhandels verstärken. Frahi sagte der Deutschen Welle: "Wir wissen, dass auch weiterhin Drogenhandel getrieben wird, aber ich denke, dass durch die Zusammenarbeit der tadschikischen und afghanischen Rechtschutzorgane der Handel eingeschränkt werden könnte. Um den Drogenschmuggel erfolgreich zu bekämpfen, braucht man Informationsaustausch."
Tadschikisch-afghanische Erfolge
Tadschikistan ist das einzige Nachbarland Afghanistans, dessen Geheimdienst mit seinen afghanischen Kollegen kooperiert. Usbekistan und Turkmenistan haben mit Afghanistan keine entsprechenden Vereinbarungen unterzeichnet. Die Ergebnisse der tadschikisch-afghanischen Zusammenarbeit sind bereits zu erkennen. Im vergangenen Jahr ist es dank dem Informationsaustausch auf beiden Seiten der Grenze gelungen, etwa 50 große Drogenhändlerringe zu beobachten oder zu zerschlagen. Ausgehoben wurden ferner mehrere Heroinlabore.
In diesem Zusammenhang betonte der stellvertretende Leiter der Abteilung für Aufklärung beim Staatlichen Komitee zum Schutz der Staatsgrenze Tadschikistans, Faschiddin Batyrschin: "Die Ernte von den Mohnfeldern wird in 37 Heroinlabors in den Provinzen Kunduz, Takhar und Badakshan verarbeitet. Die Informationen über die Drogenlabore, die das Staatliche Komitee dem Kommando der Koalitionskräfte in Afghanistan zu Verfügung gestellt hatten, trugen dazu bei, dass die Luftstreitkräfte der Koalition Schläge gegen Labore und Drogenlager in den nördlichen Provinzen Afghanistan durchführen konnten."
Die Macht der Feldkommandeure
Die Vernichtung von Mohnplantagen, darunter auch im Norden Afghanistans, wird von den Feldkommandeuren vor Ort verhindert, die nicht unter der Kontrolle der Regierung stehen. Said Kamol Sadat, der bei der afghanischen Polizei für die Drogenbekämpfung zuständig ist, sagte bei dem Treffen in Duschanbe, jene Feldkommandeure würden Mohnplantagen und Drogenlabore kontrollieren. Ihm zufolge setzen gewisse Vertreter der Staatsmacht, die in das Drogengeschäft verwickelt sind, die Rechtschutzorgane unter Druck.
Sadat nannte ein Beispiel: "Wir haben ein Fahrzeug sichergestellt, in dem sich mehr als 900 Kilogramm Drogen befanden. Aber schon nach 20 Tagen wurde es mit Hilfe eines Beamten wieder freigegeben. Danach haben wir es ein zweites Mal sichergestellt. Leider wurden bis heute gegen jenen Beamten keine Maßnahmen ergriffen. Das zeigt, dass die Bekämpfung des Drogenhandels so schwierig ist, weil gewisse Staatsvertreter sich an ihm beteiligen."
Grenzüberschreitende Mafia-Strukturen
Sadat meint, dass die afghanische Drogenmafia auch über Verbindungen in die Staatsstrukturen der Nachbarländer verfügt: "Da der Drogenhandel über unsere Nachbarländer verläuft, unter anderem über Tadschikistan, agiert die Drogenmafia auf beiden Seiten der Grenze. Man muss davon ausgehen, dass gewisse Personen in der tadschikischen Polizei oder bei den Grenztruppen Tadschikistans in den Drogenhandel verwickelt sind." Der Vertreter der afghanischen Polizei vermutet, dass eine verstärkte Bekämpfung der Drogenmafia in Afghanistan den Drogenhandel in den Nachbarländern verstärken wird.
Nigora Buchari-sade, Duschanbe
DW-RADIO/Russisch, 10.4.2006, Fokus Ost-Südost