Zentrales Waffenregister für mehr Sicherheit
17. Dezember 2012Rund sechs Millionen Waffen sind nach Schätzungen des Bundesinnenministeriums in Deutschland ganz legal im Umlauf. Künftig werden die Sicherheitsbehörden weniger auf Vermutungen angewiesen sein: Am 1. Januar 2013 ist das Nationale Waffenregister (NWR) in Köln einsatzbereit. Ein Probelauf mit zehn Waffenbehörden war zuvor positiv verlaufen.
In dieser neuen Datenbank werden die Informationen aus den fast 600 Waffenerlaubnisämtern zusammengefasst. Damit erfüllt Deutschland vorzeitig eine Vorgabe der EU, nach der sich alle Mitgliedstaaten bis 2014 verpflichten, ein computergestütztes, stets aktuelles Register aufzubauen.
Reaktion auf Amokläufe in Deutschland
Beschlossen wurde das Register vom deutschen Bundestag am 26.April 2012: Ein symbolträchtiger Termin, denn auf den Tag genau vor zehn Jahren hatte es an einem Erfurter Gymnasium einen Amoklauf gegeben. Am Morgen des 26. April 2002 hatte ein 19-jähriger Schüler systematisch das Gutenberg-Gymnasium in Erfurt durchstreift. Zwei Stunden lang schoss er um sich und tötete zwölf Lehrer, eine Sekretärin, einen Polizisten und zwei Schüler und anschließend sich selbst. Deutschland stand nach diesem Amoklauf unter Schock und begann, ernsthaft über ein verschärftes Waffenrecht zu diskutieren. Doch erst nach einem weiteren Amoklauf im Jahr 2009, bei dem ein 17-jähriger Schüler in Winnenden 16 Menschen tötete, kam das Gesetzgebungsverfahren in Gang.
Bessere Gefahrenanalyse
Das Register soll den deutschen Behörden den Überblick über die Schusswaffen in privater Hand erleichtern. "Das Nationale Waffenregister ermöglicht die Zuordnung von Waffen sowie waffenrechtlichen Erlaubnissen, Ausnahmen, Anordnungen, Sicherstellungen oder Verboten zu Personen", heißt es im Gesetz. Die Waffen-Informationen werden vom Bundesverwaltungsamt geführt und sollen den Behörden im Einsatzfall schnell zur Verfügung stehen. In der Folge könnte unrechtmäßiger Waffenbesitz leichter festgestellt und im Ernstfall die Gefahrenanalyse erleichtert werden. "Das schafft eine neue Qualität", lobt Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) das neue Verfahren. Aber er schränkt ein, dass das Register "per se keine Amoktaten verhindern" werde. Das zeigt sich am Beispiel der beiden blutigen Amokläufe von 2002 und 2009. Der Täter von Erfurt war bewaffnet mit einer Pump Gun und einer Glock 17, das ist eine großkalibrige Pistole, die bevorzugt von Spezialeinsatzkommandos eingesetzt wird. Er hatte die Waffen mit gefälschten Papieren gekauft, war also nicht legal in deren Besitz gekommen. Auch im Fall von Winnenden hätten die Waffen nicht in die Hände des Schützen gelangen dürfen: Der Schüler hatte eine registrierte Sportwaffe seines Vaters benutzt.
Verschärftes Waffengesetz
Seit den tragischen Ereignissen von Erfurt und Winnenden sind die Bestimmungen für den Waffenbesitz in Deutschland mehrfach verändert worden. Sportschützen dürfen seither erst mit 21 statt mit 18 Jahren Waffen besitzen, bei Jägern wurde die Altersgrenze von 16 auf 18 Jahre erhöht. Angehende Schützen unter 25 müssen von einem Psychologen begutachtet werden. Auch die Vorschriften zur Verwahrung von Waffen wurden strenger. So dürfen die Behörden unangemeldet bei Waffenbesitzern anklopfen und fragen, ob sie nachsehen können, ob Gewehre und Pistolen richtig gelagert werden.
Generell rühren die Verschärfungen des Waffenrechts nicht daran, dass großkalibrige Waffen für den Sport- und Freizeitgebrauch verwendet werden. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, ist mit den Waffengesetzen in Deutschland jedoch zufrieden. Sie seien differenziert und genügten sehr strengen Maßstäben, sagte er. Ihm zufolge fehlt es jedoch an Personal, die unangemeldeten Überprüfungen durchzuführen. Die Vorsitzende des "Aktionsbündnisses Amoklauf Winnenden", Gisela Mayer, kritisierte die Gesetze als ungenügend. Die Einrichtung des Zentralregisters für Waffen nannte sie eine "Selbstverständlichkeit".