Duterte soll Morde beauftragt haben
15. September 2016Ein früheres Mitglied der sogenannten Davao-Todesschwadronen (DDS) hat vor dem philippinischen Senat schwere Vorwürfe gegen Präsident Rodrigo Duterte erhoben. Der als Zeuge geladene Edgar Matobato sagte aus, dass Duterte (Artikelbild) in seiner Zeit als Bürgermeister von Davao persönlich einen Beamten der Nationalen Ermittlungsbehörde, einer Art Bundespolizei, erschossen habe. Zudem habe er ihn selbst und andere Mitglieder seines Tötungskommandos mit der Ermordung von Gegnern und Kriminellen beauftragt. Auf diese Weise seien rund 1000 Menschen getötet worden. Matobato erklärte, dass er persönlich gehört habe, wie Duterte einige dieser Taten beauftragt habe.
Vor der Präsidentenwahl war Duterte 20 Jahre lang Bürgermeister der Großstadt Davao auf Mindanao. Heute regiert dort seine Tochter Sara; ihr Bruder Paolo ist Vizebürgermeister. Sprecher des Präsidenten wiesen die Anschuldigungen zurück. Dutertes Sohn Paolo bezeichnete die Aussagen des 57-jährigen Matobato als Auftritt eines "Verrückten". Matobato hatte unter anderem auch Paolo Duterte beschuldigt, der DDS den Mord an einem Autofahrer befohlen zu haben, weil dieser ihn überholt habe.
Als Mitglied der "Zivilen Sicherheitseinheit", so der offizielle Name der DDS, sei er 25 Jahre lang ein "heimlicher Angestellter" der Stadtverwaltung gewesen, sagte Matobato dem Ausschuss. "Wir hatten den Auftrag, Kriminelle, Vergewaltiger, Drogenkonsumenten und Diebe zu töten." Für das Killerkommando seien frühere Polizeibeamte wie er selbst und ehemalige Kämpfer der kommunistischen Rebellen rekrutiert worden. Die DDS habe ihre Opfer erdrosselt, verbrannt, erschossen und gevierteilt.
Matobato, der sich seit einigen Jahren in einem Zeugenschutzprogramm befand, belastete sich in seiner Aussage auch selbst. Er selbst habe rund 50 Entführungen und Tötungen ausgeführt, sagte Matobato. 1993 habe er nach einem Bombenanschlag auf die katholische Bischofskirche von Davao auf Anordnung Dutertes eine Granate in eine Moschee geworfen und mutmaßliche muslimische Täter entführt, getötet und in einem Steinbruch vergraben. 2007 sei er daran beteiligt gewesen, einen mutmaßlichen Entführer einem Krokodil zum Fraß vorzuwerfen. Unter den ermordeten politischen Gegnern sei der Duterte-kritische Radio-Kommentator Jun Pala, der 2003 von einem Motorradfahrer erschossen worden war.
Er habe das Zeugenschutzprogramm inzwischen verlassen, weil er sich seit der Wahl Dutertes darin nicht mehr sicher gefühlt habe, sagte Matobato. Die Senatsanhörung wird von der Senatorin Leila de Lima geleitet, die eine scharfe Kritikerin von Dutertes Drogenkrieg ist.
Philippinische Medien berichteten via Twitter und im Fernsehen live aus der von der Ex-Justizministerin und heutigen Senatorin Leila de Lima geleiteten Untersuchungskommission. De Lima ist eine scharfe Kritikerin von Dutertes Drogenkrieg.
Im Kampf gegen Drogenkriminalität hat Duterte quasi einen Freibrief zur Tötung von Drogenhändlern und Konsumenten ausgestellt. Der umstrittene Feldzug gegen die Kriminalität auf den Philippinen kostet nach offiziellen Angaben mehr als 40 Menschen pro Tag das Leben. Seit dem Amtsantritt von Duterte Ende Juni wurden rund 3000 Menschen von Polizei und Bürgerwehren getötet. Nach jüngsten Polizeiangaben wurden 1466 Menschen bei Polizeieinsätzen getötet, die im Verdacht illegaler Drogenaktivitäten standen. Weitere 1490 seien von Bürgerwehren erschossen worden.
Der Präsidentensprecher Martin Andanar sagte, die Regierung sehe die Tötungen durch Bürgerwehren mit "Sorge"; man habe ein Untersuchungsverfahren eingeleitet. 16.000 mutmaßliche Drogenkriminelle wurden laut der Statistik verhaftet; 700.000 hätten sich freiwillig gestellt.
Duterte wertet die Polizeieinsätze im Kampf gegen Drogen als Erfolg. Seit seinem Amtsantritt sei der Drogennachschub um 90 Prozent zurückgegangen, berichten philippinische Medien unter Berufung auf Präsidentensprecher Andanar. Duterte versicherte angesichts wachsender internationaler Kritik, weitermachen zu wollen, bis der letzte Drogenhändler getötet sei. "Es wird haufenweise getötet werden, bis der letzte Fixer von der Straße ist", sagte Duterte unlängst. "Bis der letzte Drogenproduzent getötet ist, werden wir weitermachen."
Das Vorgehen Dutertes, der im Mai mit dem Versprechen gewählt worden war, einen gnadenlosen Feldzug gegen die Kriminalität zu führen, sorgt bei Menschenrechtlern und im Ausland für scharfe Kritik. Auch die politisch einflussreiche Kirche der Philippinen verurteilt den blutigen Drogenkrieg. Manilas Kardinal Luis Tagle sprach von einem "straffrei verübten Massaker". Duterte hatte die Kirche bereits zuvor als "scheinheiligste Institution des Landes" und kritische Bischöfe als "Hurensöhne" beschimpft.
stu/fab (afp, afp, dpa, epd)