Zigarettenschmuggel in Europa: Unterstützung von ganz oben
21. Februar 2008Es ist das Paradies des Zigarettenschmuggels: Der Westbalkan und die ehemalige UdSSR. Ausgehend von den wichtigsten geopolitischen Ereignissen der letzten Jahre, könnte man sich mühelos in folgendes Szenario hineindenken: Wenige Kilometer jenseits der Ostgrenze der EU entsteht ein neues kleines Afghanistan. Nur dass diesmal nicht die „Taliban” harte Drogen anbauen, sondern die heimischen Bauern eine weichere Droge, nämlich Tabak. Und den bearbeiten sie dann selbst in mehr oder weniger legalen Werkstätten.
Unter dem Schutz der Staatsspitze
Die Behörden der ehemaligen sowjetischen Republiken sowie der westbalkanischen Staaten drücken häufig beide Augen zu, wenn sie nicht sogar helfend die Koordination des Ganzen übernehmen. Der langjährige Präsident und Premier und designierte Regierungschef von Montenegro, Milo Djukanovic, kam ins Gerede, als die italienische Staatsanwaltschaft viele Jahre wegen Zigarettenschmuggels gegen ihn ermittelte. Kürzlich erst schloss der Staatsanwalt von Bari die Ermittlungen ab, ohne Anklage erheben zu können.
Die wahren Dimensionen dieses Phänomens können kaum erahnt werden. Deswegen wandte sich der rumänische Verband der Enthüllungsjournalisten an Kollegen in der gesamten Region. Die Behörden dagegen verweigerten die Kooperation. Kein Wunder, erkannte zum Beispiel Korrespondent Vitalie Calugareanu in Chisinau: In seinem Land werde die gesamte Tabakindustrie vom Sohn des Staatspräsidenten kontrolliert, von Vladimir Voronin.
Behörden eng verstrickt
Auch ausländische Journalisten recherchieren zu den Aktivitäten des organisierten Verbrechens im Südosten Europas, so etwa der amerikanische Publizist Drew Sullivan. Er stellt fest: „Der Schmuggel kann sich auf dem Balkan ungehindert entfalten. Unmengen von Zigaretten durchqueren täglich Rumänien, die Ukraine, Montenegro oder Bosnien auf ihrem Weg in den Westen – ein Weg, der hauptsächlich große deutsche Städte zum Ziel hat.“ Die Ware stamme entweder aus China oder sie werde vor Ort hergestellt. Sullivan deckt auch auf, dass der Schmuggel und die Behörden oft aufs Engste miteinander verbunden seien und dies oft auf höchster Ebene. „In Rumänien und Bulgarien beispielsweise sind Regierungsbeamte auf allen Ebenen in den Schmuggel verwickelt, durch ihre Teilhaberschaft an den Duty-Free Geschäften, wo die Schmuggelware abgesetzt wird”, so Sullivan.
Schwieriger Kampf gegen Schmuggler
Der mazedonische Journalist Mubarek Asani erklärt, warum es so schwer ist, gegen solche Schmuggel-Strukturen anzugehen: „Wenn man sich einmal am organisierten Verbrechen beteiligt, kommt man nie wieder heraus. Hinzu kommt die Abwesenheit eines funktionierenden Rechtssystems – zumindest in den Balkanstaaten. Wenn man eine hohe Position innehat, hat man genug Untergebene, die verhindern können, dass das System einen erwischen kann. So wird man selbst zum System.”
Cristian Stefanescu, DW-Rumänisch