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Hilfe für syrische Christen

Martin Koch13. November 2012

In Syrien wurden Christen als Minderheit lange vom Assad-Regime in Ruhe gelassen. Im Zuge der Revolution aber geraten sie zunehmend zwischen die Fronten. Deutschland will ihnen Zuflucht bieten - ein umstrittenes Angebot.

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Syrische Christen vor einem erleuchteten Kreuz (Foto: AP)
Bild: AP

Christen aus Syrien in Deutschland aufzunehmen - das sei ein Akt der Humanität. So hat es der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gesagt. Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) befürwortete in dem Blatt, syrischen Christen Zuflucht zu gewähren, weil bei ihnen "der Verfolgungsdruck am höchsten" sei.

Christen unter Druck

Auf dem Gebiet des heutigen Syrien leben Christen, seit ihre Religion vor rund zweitausend Jahren entstanden ist. Die syrisch-orthodoxe Kirche ist eine der ältesten Kirchen überhaupt. Viele ihrer Gläubigen sprechen noch Aramäisch, die Sprache Jesu. Auch in der jetzigen Arabischen Republik Syrien spielten Christen immer eine selbstverständliche Rolle. In den 1940er Jahren gab es mit Faris al-Churi zum Beispiel einen christlichen Ministerpräsidenten.

In Syrien sind acht bis zehn Prozent der Bevölkerung Christen. Etwa zwei Drittel von ihnen gehören zur syrisch-orthodoxen Kirche, andere größere Gruppen sind die römisch-katholischen und die assyrischen Christen. Unter Präsident Baschar al-Assad lebten sie relativ unbehelligt, im Vergleich zu anderen Ländern der arabischen Welt hatten die Christen in Syrien viele Freiheiten. Seit Beginn der Revolution versucht das Regime jedoch, den Widerstand als einen konfessionellen Aufstand darzustellen und die Christen auf seine Seite zu ziehen. Das macht sie in den Augen mancher Regimegegner verdächtig.

Ralph Ghadban, Politologe (Foto: keine Angabe)
"Christen nicht bevorzugt behandeln", fordert der Politologe Ralph GhadbanBild: DW

Für den Politikwissenschaftler Ralph Ghadban ist dieser Eindruck durchaus nachvollziehbar. Zu Beginn der Kämpfe in Syrien vor gut anderthalb Jahren hätten die meisten offiziellen Kirchenvertreter tatsächlich auf der Seite Assads gestanden. Allerdings, so der Nahost-Experte gegenüber der Deutschen Welle, habe sich seitdem die Haltung vieler Christen verändert: Beispielsweise habe der neugewählte Chef des oppositionellen Syrischen Nationalrates, der Christ George Sabra, dazu aufgerufen, die Aufständischen im Kampf gegen die Regierung zu unterstützen.

Syrien - Land der Minderheiten

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK), der Braunschweiger Landesbischof Friedrich Weber, unterstützt im Gespräch mit der Deutschen Welle den Vorschlag, syrische Christen aufzunehmen: "Deutschland ist ein vom Christentum geprägtes Land, das sind unsere Glaubensgeschwister, sie sind uns nah, deshalb haben wir eine besondere Verpflichtung, in deutlicher Weise die Dinge beim Namen zu nennen und nicht in vornehmer Zurückhaltung alles gleich sein zu lassen."

Friedrich Weber, Landesbischof der ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig (Foto: Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig)
"Deutschland muss Christen helfen", sagt der Braunschweiger Landesbischof Friedrich WeberBild: Ev.-luth. Landeskirche Braunschweig

Dieser Einstellung widerspricht Ralph Ghadban heftig: "Dass man eine Gruppe bevorzugt, kommt wirklich nur in Frage, wenn feststeht, dass sie verfolgt wird. Und es gibt keinen Hinweis dafür, weder von den Christen vor Ort, noch von Rom, dass so eine Verfolgung stattfindet." Der gebürtige Libanese, der seit 40 Jahren in Deutschland lebt und arbeitet, fordert, dass Christen nicht anders behandelt werden dürften als alle anderen Flüchtlinge. Er betont, dass Syrien schon immer ein Land der Minderheiten war: Kurden und Drusen, Christen, Alawiten, Jesiden und viele andere religiöse und ethnische Gruppen hätten in dem Land über Jahrhunderte weitgehend friedlich zusammengelebt.

Lager der Vereinten Nationen in Jordanien für syrische Flüchtlinge (Foto: picture-alliance/dpa)
Flüchtlinge sollten möglichst nahe ihrer Heimat versorgt werden, damit sie schneller zurückkehren könnenBild: picture-alliance/dpa

Unterstützung vor Ort

Dazu kommt: Die Lage in Syrien ist nicht leicht zu durchschauen: Es gibt Christen, die Assads Truppen unterstützen und andere, die sich den Rebellen anschließen. Beobachter sagen, die Regierung gehe gezielt gegen Christen vor, gleichzeitig seien sie in Flüchtlingslagern Repressalien durch Islamisten ausgesetzt.

Trotzdem sollte es die letzte Option bleiben, Christen in Deutschland und anderen europäischen Ländern aufzunehmen, sagt Ralph Ghadban. Während seines 17-jährigen Engagements in der Flüchtlingsarbeit habe er gelernt, dass es sinnvoller sei, Flüchtlinge nahe ihrer Heimat zu unterstützen, in diesem Fall zum Beispiel in Jordanien, in der Türkei oder im Libanon: "Das kostet erstens weniger, als wenn man sie hier in Deutschland finanziert, und zweitens ist es eine gute Investition, weil sie nachher, wenn der Krieg vorbei ist, nach Hause zurückkehren können. Das ist für Syrien besser, als wenn sie einfach weggehen."

Nach den Erfahrungen des evangelischen Landesbischofs Weber sehen viele syrische Christen das genauso: "Ja, das hören wir auch von denen. Deshalb bleiben auch viele in den Lagern, trotz Entführungen und Verfolgungen. Der erste Hilfeschub muss dorthin gehen." Außerdem seien gerade Christen oft besonders gut ausgebildet und deshalb für den Wiederaufbau eines Landes besonders wichtig, so der Theologe.