"Zugespitzt": Das Haus der Geschichte zeigt historische Kanzler-Karikaturen
Die Birne als Symbolbild für Helmut Kohl ist historisch geworden. Im Bonner Haus der Geschichte ist der Blick der Karikaturisten auf die Regierungschefs zu sehen - von Adenauer bis Merkel.
"Hurra Deutschland"
Nicht nur Zeichnungen, auch TV-Satiren sind in der Ausstellung "Zugespitzt" zu sehen. Wenn Satire-Spezialisten Politiker ins Visier nehmen, ist ihre Darstellung oft gnadenlos entlarvend. Die legendäre Satire-Sendung "Hurra Deutschland" erlangte in den 1990er Jahren in Deutschland Kultstatus - mit frechen Dialogen und überzeichneten Persönlichkeitsmerkmalen. Hier Helmut Kohl als lebensgroße Puppe.
"Die Schwarze Witwe"
Die Grenzen des guten Geschmacks sind nicht der Maßstab, nach dem Karikaturisten ihre Motive auswählen. Kanzlerin Angela Merkel ist hier als mörderisch freundliche "Schwarze Witwe" dargestellt, die alle Koalitionspartner kaltblütig beseitigt hat. SPD-Chef Gabriel ist das nächste Opfer. Als Partei-Chefin und gelernte Physikerin hat Merkel das Grundgefüge ihres Machtapparates immer im Blick.
Konrad Adenauer (1949-1963)
Das klassische Genre der Karikaturisten ist die Zeichnung. Mit wenigen Strichen, die Gesichtszüge humorvoll skizzierend, nehmen Künstler die Mächtigen mit spitzem Stift aufs Korn. Das Motiv von Konrad Adenauer (CDU) als schlauem Fuchs in der Politik taucht häufig in der Kulturgeschichte auf. Zu seiner Amtszeit als erster deutscher Bundeskanzler waren Karikaturen noch respektvoll.
Ludwig Erhard (1963-1966)
Der Wirtschaftswunder-Kanzler war in der Ära Erhard ein beliebtes Motiv. Die dicke Zigarre blieb sein persönliches Signet, das die Karikaturisten gern aufgriffen. Mit populären Maßnahmen hatte Ludwig Erhard (CDU) für wirtschaftlichen Aufschwung in Westdeutschland gesorgt. Seine Verstrickungen mit dem Nazi-Regime waren damals weitgehend unbekannt. Karikaturen zeigten ihn gern als Staatsmann.
Kurt Georg Kiesinger (1966-1969)
Schon in der Kaiserzeit und Weimarer Republik waren die Mächtigen das Objekt bissiger Karikaturen. Nach der relativ zahmen Phase der Nachkriegszeit änderte sich im Zuge der 68er Studentenrevolte der Grundton, die politischen Zeichnungen wurden aggressiver. Bei Bundeskanzler Kiesinger, wegen seiner Nazivergangenheit ins Kreuzfeuer geraten, schossen die Karikaturisten deutlich schärfer.
Willy Brandt (1969-1974)
Am Ende einer Kanzlerschaft werden Karikaturen oft despektierlicher. Willy Brandt (SPD) hier als bröckelndes Denkmal: der deutsche Bundeskanzler abgehoben und weit von der Alltagspolitik entfernt. "Der Spiegel kritisierte damals die zu passive Haltung des Kanzlers Willy Brandts in innen- und außenpolitischen Fragen", erklärt Kurator Ulrich Op de Hipt. "Brandt hat sich damals furchtbar aufgeregt."
Helmut Schmidt (1974-1982)
Das Bild des "Lotsen", der sturmerprobt und sachkundig Kurs hält, war für die Karikaturisten in der Ära Schmidt ein gefundenes Fressen. Auch die legendäre norddeutsche Prinz-Heinrich-Mütze - eigentlich ein traditionelles Arbeitersymbol - war ein beliebtes Objekt der Künstler. Viele Zeichnungen im Haus der Geschichte zeigen Helmut Schmidt (SPD) als "Macher" und unerschütterlichen Meinungsführer.
Gerhard Schröder (1998-2005)
Mit Gerhard Schröder (SPD) wird erstmals das Amt des Bundeskanzlers über die Massenmedien wirksam in Szene gesetzt. Schröder geht als "Medienkanzler" in die Geschichte ein. Er scheute sich nicht, in volksnahen Fernsehshows, wie Gottschalks "Wetten dass…" (ZDF) als Talkgast aufzutreten. Über das Boulevardblatt "Bild" lancierte er per Exklusiv-Interview auch seine politischen Kursänderungen.
Angela Merkel (seit 2005)
Das Bild der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat im Laufe ihrer Amtszeit einen starken Wandel durchlaufen. Die "Merkel-Raute" ist das zentrale Symbol ihrer Kanzlerschaft. Auch die betonierte Frisur und die Blazer-Kombination ihrer Auftritte wurden satirisch aufgegriffen, hier von Klaus Stuttmann. Die Karikaturen-Ausstellung im Haus der Geschichte in Bonn läuft bis zum 10. Mai 2020.