Zwölf Tage Führerbunker
17. September 2004Berlin, April 1945: Die russische Rote Armee rückt in das Zentrum der Stadt vor, in den Straßen tobt der Häuserkampf, Halbwüchsige und alte Männer sterben in absurden letzten Gefechten. Und Adolf Hitler versucht im Schutze seines Führerbunkers, Truppen zu kommandieren, die es längst nicht mehr gibt. Bruno Ganz spielt diesen Adolf Hitler, ist Hitler in Mimik, Gestik und Habitus. Ein unberechenbarer Charakter, der bieder und charmant sein kann, sogar treuherzig dumm, und dann urplötzlich der brüllende Führer ist.
"So eine Figur glaubwürdig darzustellen"
Ein Mensch irgendwie, und dennoch rätselhaft und unbegreiflich: Regisseur Oliver Hirschbiegel sagt: "Einer der wesentlichen Gründe, warum ich schließlich gesagt habe, ich mache das, war, dass ich die Notwendigkeit gesehen habe, diese historische Figur endlich aus dieser Diabolisierung herauszunehmen. Die ja immer eine Vereinfachung ist. Ein Wahnsinniger, ein Psychopath ist eine Ausnahmeerscheinung. Wir haben es hier aber mit einem Menschen zu tun, mit einem, der Charisma hatte, der Emotionen zeigen konnte, der in der Lage war, ein Kulturvolk fast geschlossen in eine Katastrophe zu reißen. Und das war für mich der Hauptbeweggrund, auch als persönliche Aufgabe, so eine Figur glaubwürdig darzustellen."
Hitlers ungebrochene Autorität und seine geradezu magische Anziehungskraft erklärt dieser Film freilich nicht, sie bleibt insbesondere den Nachgeborenen ein Rätsel. Aber das, sagt Produzent und Drehbuchautor Bernd Eichinger, sei auch nicht das Anliegen dieser 13-Millionen-Euro-Produktion gewesen: "Der gesamte Ansatz, diesen Film zu machen, kann man auf einen Nenner bringen - die Geschichte zu erzählen. Und nicht die Geschichte zu kommentieren."
Unausweichliches Ende
"Der Untergang" stützt sich in weiten Passagen auf Joachim Fests gleichnamigen Roman sowie auf die Erinnerungen von Hitlers letzter Sekretärin Traudl Junge. Er illustriert in zweieinhalb Stunden die letzten Tage im Führerbunker, die Eichinger als Endzustand im Zeitraffer bezeichnet. Während sich draußen die Wucht des verlorenen Krieges mit aller Gewalt entlädt, harren Hitler und der Kreis seiner engsten Getreuen unter der Erde aus. Der Führer ist nicht dazu zu bewegen, die Stadt zu verlassen. Manchmal singen Joseph Goebbels' Kinder Liedchen, es wird gut Deutsch gespeist, aber Eva Brauns überdrehte Vergnügungssucht, der zunehmende Alkohol- und Zigarettenkonsum deuten an, dass alle wissen, was sie nicht wahrhaben wollen: Das Ende ist unausweichlich.
Heinrich Himmler flieht aus Berlin und Hermann Göring bricht in Tränen aus, weil er Hitlers Befehl, die Stadt zu verlassen, nicht befolgen kann. Und dann kommt statt des Endsiegs das Ende, auch das gut vorbereitet: Stunden vor dem gemeinsamen Selbstmord heiratet Hitler Eva Braun, Magda Goebbels tötet ihre sechs Kinder und begeht dann mit ihrem Mann gemeinsam Selbstmord. Hirschbiegel: "Der Tod der Kinder ist für uns die absolute Manifestation des Irrsinns gewesen. Deshalb war es nötig, das auch so schmerzhaft und lang zu zeigen."
Wichtigste Frage
Bis in jede Nebenrolle ist dieser Film hervorragend besetzt und hält vom selbstlosen SS-Arzt über den ehrbaren General, der sich tapfer zur angeordneten Hinrichtung meldet, bis hin zu Hitlers rehäugiger naiver Sekretärin auch eine Reihe von Figuren parat, die durchaus zur Identifizierung taugen. Zumindest von ihnen hätte man gerne gehört, was der Film sich weigert zu sagen: warum?