Zwei Kandidaten von der Leyens durchgefallen
30. September 2019Die Mitglieder des Ausschusses lehnten die Bewerbungen der rumänischen Sozialdemokratin Rovana Plumb und des früheren ungarischen Justizministers Laszlo Trocsanyi im Rechtsausschuss ab. Beide Kandidaten seien für einen Kommissionsposten ungeeignet. Der Ausschuss habe festgestellt, dass es den beiden Politikern nicht möglich sei, ihre Aufgaben in Übereinstimmung mit den EU-Verträgen und der Verhaltensregeln anzutreten. Plumb war als Verkehrskommissarin vorgesehen, Trocsanyi als Erweiterungskommissar.
Der Ausschuss hatte bereits am Donnerstag in einer ersten Sitzung gegen beide Kandidaten gestimmt. Parlamentspräsident David Sassoli fand den Beschluss aber nicht eindeutig und bat um Klarstellung. Mit der Entscheidung vom Montag bekräftigte der Ausschuss die Ablehnung.
Trocsanyi will gegen Entscheidung klagen
Der Ungar reagierte mit heftiger Kritik und kündigte rechtliche Schritte an. Der Rechtsausschuss sieht bei Trocsanyi einen Interessenskonflikt bei der Tätigkeit seiner Anwaltskanzlei während seiner Zeit als ungarischer Justizminister von 2014 bis 2019. Der heutige EU-Abgeordnete der nationalkonservativen Fidesz-Partei von Regierungschef Viktor Orban sieht kein Fehlverhalten und verweist darauf, dass seine Kanzlei während seiner Ministerzeit keine staatlichen Aufträge mehr angenommen habe.
Der rumänischen Anwärterin Plumb hielten die Abgeordneten zwei umstrittene Kredite von insgesamt fast einer Million Euro vor. Die Politikerin der postkommunistischen Partei PSDE steht wegen Ungereimtheiten bei einem Privatkredit zur Finanzierung ihres Privathauses und bei einem Kredit zur Finanzierung des Europawahlkampfs unter Korruptionsverdacht.
Plumb kritisierte in einer Erklärung, ihre Ablehnung sei entgegen "den Regeln des Europäischen Parlaments" erfolgt. Die Frage mit den Krediten sei aus ihrer Sicht erledigt gewesen, nachdem sie sich bereit erklärt habe, diese zurückzuzahlen.
Feuertaufe für von der Leyens Team
Für die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist der Streit über ihre Kandidaten ein Rückschlag. Ihr wird vorgehalten, die Vorschläge der EU-Staaten nicht gründlich genug geprüft zu haben. Je nachdem, ob und wie rasch Ersatzkandidaten benannt werden, könnte der Zeitplan für die Billigung durch das Parlament nun ins Rutschen geraten. Derzeit ist geplant, dass das Plenum am 23. Oktober über von der Leyens Personalpaket abstimmt und die Kommission am 1. November startet.
Vorher müssen sich alle 26 Kandidaten für die Kommission jeweils dreistündigen Anhörungen in den zuständigen Parlamentsausschüssen stellen. Die Befragungen vom heutigen Montag bis nächste Woche Dienstag sind eine rechtliche Vorbedingung dafür, dass die Behörde unter Leitung von der Leyens im November ihre Arbeit offiziell aufnehmen kann. Auch im Verlauf dieser Prüfung könnten noch Kandidaten durchfallen. Trocsanyi und Plumb sind zu den Fachanhörungen nicht mehr zugelassen.
Ein Sprecher von der Leyens sagte, die künftige Kommissionspräsidentin werde Ungarn und Rumänien rasch um Ersatzkandidaten bitten. Vorgespräche mit den Regierungen seien bereits geführt worden. Voraussetzung sei aber ein offizielles Schreiben von EU-Parlamentspräsident Sassoli zur Ablehnung der beiden Kandidaten.
Die Regierung in Budapest hat inzwischen den bisherigen ungarischen EU-Botschafter Oliver Varhelyi als EU-Kommissar vorgeschlagen. Einen Ersatzkandidaten für die Rumänin Plumb gab es zunächst nicht.
qu/gri (dpa, afp, rtr)